LAOLA1: Am Donnerstag bricht das Team nach Epinal auf, wo ein Vier-Nationen-Turnier mit Gastgeber Frankreich, Norwegen und Dänemark stattfindet. Welche Ziele verfolgen Sie?
Roger Bader: Wir haben eigentlich immer die gleichen Ziele bei solchen Turnieren. Wir wollen zum einen das österreichische Eishockey durch unseren Auftritt sehr gut verkaufen. Wir wollen kämpferisch überzeugen und unsere Spielweise durchsetzen. Unsere Spielweise ist sicher nicht Eishockey von der Stange, sondern wir wollen gegen jeden Gegner druckvolles Eishockey spielen. Das ist ein Ausführungs-Ziel. Für die Spieler geht es schlussendlich auch darum, aufzuzeigen, ob sie Kandidaten für die Weltmeisterschaft sind. Rund die Hälfte der Mannschaft sind stets Spieler, die schon eine oder mehrere Weltmeisterschaften gespielt haben. Und wir haben an jedem Turnier Herausforderer dabei, die es noch nicht haben, aber wirklich reelle Kandidaten sind. Sie sollen mit solchen Turnieren aufzeigen: Hallo Coach, ich bin nicht nur in der Liga gut, sondern ich kann auch im Nationalteam gut spielen. Wir beobachten die Spieler, wollen sie sehen, geben ihnen deshalb auch Eiszeit. Es wird kein Spieler nur fünf Minuten spielen. So bekommt jeder die Gelegenheit, wirklich zu zeigen, ob er ein Kandidat ist. Zudem setzen wir uns bei jedem Turnier mannschaftsintern ein Resultats-Ziel. Wir wollen in jedem Fall das Frankreich-Spiel gewinnen. Und wenn wir dann ins zweite Spiel gehen, werden wir versuchen, auch dieses zu gewinnen.
LAOLA1: Beim Blick auf den Kader fällt Thomas Höneckl auf. Der Torhüter der Black Wings Linz ist zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder für das Nationalteam nominiert. Warum haben Sie sich entschieden, ihn einzuberufen?
Bader: Weil er sich diese Chance durch die Leistungen in Linz einfach verdient hat. Warum soll nicht ein 34-jähriger Torhüter auf den WM-Zug aufspringen, wenn er gut ist? Er hat nicht so viele Spiele (zehn, Anm.) gehabt, aber die meisten von diesen Spielen - nicht alle, aber die meisten - waren gut. Das führt dazu, dass wir ihn jetzt einmal sehen wollen. Er wird sicher ein Spiel bekommen und wir werden sehen, wie er performt.
LAOLA1: Der Kader ist eine Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern, darunter mit Thomas Raffl und Manuel Ganahl zwei der drei Kapitäne der letzten Weltmeisterschaft (Dominique Heinrich war zum Zeitpunkt des Interviews nominiert, musste aber verletzungsbedingt absagen, Anm.). Wie wichtig ist es Ihnen, vor allem die Ü30-Spieler bei zumindest einem Teamcamp dabei zu haben?
Bader: Es ist schon wichtig - und sie wollen auch dabei sein. Thomas Raffl sagt: Wenn ich gesund bin, komme ich immer. Manuel Ganahl und Dominique Heinrich ebenfalls. In der Regel lade ich Spieler über 30 Jahre wegen der Grundbelastung nur einmal ein. Da kommt es auch darauf an: Spielt dieser Spieler in der ersten Saisonhälfte noch Champions League? Oder wie sieht überhaupt seine Saison aus, war er verletzt? Tut es ihm vielleicht gut, wenn er Spielpraxis hat? Clemens Unterweger war beim ersten Turnier dabei, Peter Schneider, der momentan verletzt ist, im Dezember. Jetzt kommen Ganahl und Raffl dazu. Das ist so eine Makroplanung über die ganze Saison. Aber diese wird natürlich durch das tägliche Business beeinflusst. Es gibt dann Spieler, die man vorgesehen hätte, aber ausfallen, weil sie krank werden oder sich verletzen. Die drei (Ganahl, Heinrich, Raffl, Anm.) sind für mich junggebliebene Spieler. Sie fühlen sich jung und sind Leader.
LAOLA1: In der Schweiz machen mit David Reinbacher und Vinzenz Rohrer zwei weitere große Talente aus Österreich auf sich aufmerksam.
Bader: Wir haben mehrere Spieler in der Schweiz, die am Schluss im WM-Team sein werden. Neben den zwei Angesprochenen ist das Benjamin Baumgartner, der eine sehr gute Saison hat. Er hat viel Eiszeit, bekommt viel Verantwortung vom neuen Coach in Bern und rechtfertigt diese auch. Er hat außerdem viele Punkte gemacht, auch im November und Dezember beim Nationalteam sehr gut gespielt. Da können wir uns auf einen sehr starken Benny Baumgartner freuen. Dann ist natürlich Dominic Zwerger ein Thema, auch Bernd Wolf, der begonnen hat, Tore zu schießen und sich im Nationalteam zu einem Leistungsträger entwickelt hat. Aber Reinbacher und Rohrer sind zwei Spieler, mit denen wir in Österreich eine große Freude haben können. Das sind beide NHL-Drafts, beide von der gleichen Organisation (Montreal Canadiens, Anm.). David Reinbacher hat letztes Jahr bei der WM schon gezeigt, was er kann. Und Vinzenz Rohrer ist sicher eine heiße Aktie für die WM. Er hat bis jetzt noch keine WM gespielt, hat beim Deutschland-Cup aber sicher eine gewisse Visitenkarte hingelegt. Jetzt schauen wir, wie er diese Woche performt.
LAOLA1: Bei Vinzenz Rohrer hört man aus Zürich, dass er speziell im physischen Bereich große Fortschritte gemacht hat. Der Schritt zurück nach Europa dürfte goldrichtig gewesen sein.
Bader: Primär einmal der Schritt vom Junioren- ins Erwachsenen-Eishockey. Er hat erfolgreich Junioren-Eishockey gespielt und hat sich bei den Erwachsenen etabliert. Er spielt bei der stärksten Mannschaft in der Schweiz, spielt in den Top-3-Linien, im zweiten Powerplay-Block – und das als 19-jähriger Österreicher. Er spielt mit guten Leuten zusammen; Grant ist eine ehemalige NHL-Größe plus Andrighetto, ein gestandener und sehr guter Schweizer Nationalspieler. Darum ist er ein Kandidat geworden. Wir haben diese Woche Spieler dabei, die schon eine oder mehrere Weltmeisterschaften gespielt haben. Es kommen Leute dazu, wie Senna Peeters oder Vinzenz Rohrer, die noch keine Weltmeisterschaft gespielt haben, aber zeigen wollen: Hey Teamchef, mich kannst du genauso gut oder vielleicht sogar noch eher zur WM mitnehmen. Das ist ja immer das Schöne. Und ich glaube, was neben der guten Stimmung meine Amtszeit ebenfalls definiert, ist, dass ich mich traue, junge Spieler ins kalte Wasser zu werfen. Das habe ich schon immer gemacht.
LAOLA1: Bei David Reinbacher läuft es nach schwierigem Saisonbeginn in Kloten in den letzten Wochen ebenfalls stetig besser. Für diesen Lehrgang musste er allerdings kurzfristig absagen.
Bader: Er wäre ja auch für den Deutschland-Cup ein Thema gewesen, wenn er nicht verletzt gewesen wäre. Dann hätten wir ihn dort schon genommen. Ich verfolge seine Saison natürlich genau. Er war verletzt, darf man nicht vergessen. Er hatte zwei Verletzungen (Knie und Handgelenk, Anm.), und das zur gleichen Zeit. Dann kamen natürlich die Erwartungen. Nicht vergessen, er ist ein 19-Jähriger, auf ihn ist sehr viel Hype eingebrochen und plötzlich erwartet die ganze Welt, dass er Spiele alleine entscheidet – und so ist es dann doch nicht. Das Tief hat er definitiv überwunden und spielt wieder nahezu dort, wo er letztes Jahr war.
LAOLA1: Österreich war in den letzten Jahren mit einigen, hohen NHL-Draft-Picks gesegnet. Wie steht es um die nächste Generation? Ist dort jemand dabei, der Ihnen persönlich aufgefallen ist?
Bader: Man muss einmal erwähnen, bevor 2020 im selben Draft Marco Rossi, Benjamin Baumgartner und Thimo Nickl gewählt wurden, hatten wir 14 Jahre lang keinen gedrafteten Spieler. Das muss man sich einmal vor Augen halten. Das bedeutet, dass im Nachwuchs sehr viel schiefgelaufen ist, weil NHL-Draft-Picks, und wenn es in der siebten Runde ist, doch ein Gütesiegel für guten Nachwuchs sind. In 14 Jahren hatte Österreich keinen. 2020 hatten wir eben gleich drei Spieler, später kamen noch weitere Spieler wie Vinzenz Rohrer, Marco Kasper und David Reinbacher dazu. Das zeigt doch, dass sich da junge Spieler entwickeln, wobei alle angesprochenen Spieler den Weg übers Ausland gegangen sind. Ich werde keine Namen nennen, aber man entdeckt immer wieder Spieler, auch jetzt bei der U16 zum Beispiel, sogar im U15-Alter haben wir zurzeit einen relativ guten Jahrgang mit vier, fünf Spielern. Aber jetzt sagen, dass einer von denen später ein NHL-Draft wird - und wenn ich noch einen Namen nennen würde - wäre das komplett falsch, weil sobald das jemand im Kopf hat und ein bisschen überheblich wird, ist es vorbei. Darum schauen wir mal, wie die Entwicklung über die Pubertät hinweg weitergeht. Aber ich glaube, so einzelne Kandidaten haben wir immer.
LAOLA1: Ist nicht die Krux der ganzen Sache, dass die ICE Hockey League und Alps Hockey League zwei multinationale Profi-Ligen sind, in denen es sich für österreichische Klubs schwer sagen lässt, vorwiegend auf einheimische Spieler zu setzen? Der Erfolg steht verständlicherweise immer noch an erster Stelle. Wie ließe sich das mit Bozen, Fehervar etc. regulieren?
Bader: In dem man sie nicht mitmachen lässt.
LAOLA1: Aber das ist nicht im Interesse der Liga.
Bader: Es ist ja nicht so, dass von uns Vorschläge kommen, wie von zehn Ausländern auf vier runterzugehen. Von einem Jahr auf das andere sechs ausländische Spieler zu streichen, so viele Österreicher sind noch nicht auf dem Markt, dass wir das kompensieren können. Aber man sieht jetzt schon, dass die meisten Klubs mit sechs, sieben oder acht Ausländern spielen. Eine Reduzierung auf acht ausländische Spieler wäre wahrscheinlich schon machbar. Wir werden nicht aufhören, immer wieder solche Vorschläge zu machen, weil es für uns als Verband schlichtweg die Aufgabe ist, die Bedingungen für die Österreicher zu verbessern. Wir werden nicht müde, das zu tun. Wie viele ausländische Mannschaften wirklich sinnvoll in einer Liga sind, dazu will ich jetzt keine Äußerung machen. Dort ist es aber genau dasselbe. Auch die Italiener haben ein Nationalteam, Ungarn hat ein Nationalteam, auch Slowenien hat eines. Ich weiß, dass ihre Sportdirektoren ähnlich wie ich für ihre Nationalmannschaft denken. Sie haben die gleichen Anliegen und die gleichen Ziele.
LAOLA1: In der ICE Hockey League müssen aktuell zwölf einheimische Spieler am Spielbericht stehen, zwei davon unter 24 Jahre. Diese Regelung wurde mit der Saison 2022/23 eingeführt. Damals wurde gesagt, dass nach zwei Jahren eine Evaluierung stattfindet.
Bader: Man hat damals abgemacht, dass man nach zwei Jahren wieder zusammensitzt und das Ganze neu beredet. Ich kann noch keinen Termin nennen, aber das wird in den nächsten Wochen passieren.
LAOLA1: Und der Verband wird eine weitere Ausländer-Reduktion erzielen wollen.
Bader: Von unserer Seite ist es keine Überraschung, wenn wir sagen, das ist unser Ziel. Wir sind schon länger der Ansicht, dass es möglich ist, mit weniger Ausländern zu spielen. Diese Haltung werden wir immer vertreten.
LAOLA1: Was wäre Ihr konkreter Wunsch?
Bader: Ich bin der klaren Meinung, dass wir in einem ersten Schritt auf acht Ausländer runter sollten und mittelfristig auf sechs. Ich denke auch, dass man sich bei sechs Ausländern einpendeln wird. Dann kann man sich auch überlegen, ob man irgendwelche Regeln für Torhüter findet. Ein weiterer Punkt, der für mich wichtig ist, ist eine Obergrenze an Lizenzen. In Deutschland und der Schweiz gibt es diese, in Österreich nicht. In Deutschland kann man neun Ausländer einsetzen, aber nur elf lizenzieren. In der Schweiz sind es sechs und neun. Das heißt ja nichts anderes, als wenn sich im November ein Ausländer verletzt, in der Regel ein einheimischer Spieler den Platz bekommt, weil die Klubs ihre zusätzlichen Lizenzen nicht aufgeben wollen. Sollten sie zum Beispiel vor den Playoffs drei Verletzte haben, könnten sie dann nicht mehr nachrüsten. In Österreich ist das anders. Hier ist es so, dass es diese Obergrenze nicht gibt. Und wenn dasselbe Szenario passiert, kannst du einfach für einen Monat einen Ausländer holen, der auf dem Markt ist. Das wäre bei einer Obergrenze nicht der Fall und würde auch den einheimischen Spielern helfen. Ich würde mir wünschen, dass wir dieses Kommen und Gehen, wie es in einigen Teams der Fall ist, einschränken.
LAOLA1: Beispiele dafür gäbe es einige, wie der KAC im November mit der temporären Verpflichtung von Christian Engstrand zeigte. Dadurch musste Florian Vorauer wieder zurück auf die Ersatzbank.
Bader: Der Fehler war ja nicht beim KAC - sie haben das gemacht, was das Reglement zulässt. Und das Reglement hat zugelassen, dass man das kann. Engstrand hat ja sehr gut gespielt. Wenn ich jetzt allein für den Coach oder den Sportdirektor denke, der Erfolg haben will, kann ich die Entscheidung zu 100 Prozent verstehen. Der Fehler liegt also nicht beim KAC, dass sie das gemacht haben, sondern dass man es überhaupt machen konnte.
 
     
                 
                 
 
 
 
 
 
