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Ein "kleiner Tropfen" für die Eishockey-WM

Der Test gegen Kanada bringt ÖEHV-Selbstvertrauen, aber keinen Überschwang.

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Eines sollte stimmen, wenn Österreichs Eishockey-Nationalmannschaft am Samstag gegen Lettland in die Weltmeisterschaft in Bratislava (ab 16:15 Uhr im LIVE-Ticker) geht: Das Selbstvertrauen.

Mit dem 5:7 gegen Kanada steht zwar eine erwartete Niederlage in der Bilanz, unerwartet waren aber der Spielverlauf und die Knappheit des Ergebnisses. Das ÖEHV-Team hielt über lange Strecken gut mit dem Rekordweltmeister mit und verbuchte zahlreiche Etappensiege auf der Suche nach dem WM-Gesicht.

Zumindest offensiv überzeugte die Vorstellung: Im 37. Duell mit Kanada schenkte Österreich den "Ahornblättern" erstmals mehr als drei Tore ein. Viermal ging man in Führung, bis kurz vor Ende des zweiten Drittels war auch ein anderer Spielausgang gegen die NHL-gespickte Truppe in Reichweite.

So lässt sich unter dem Strich - neben einem Spektakel für die Fans - ein gutes Resümee ziehen, selbst wenn eine Niederlage bei Profi-Sportlern selten für Begeisterungsstürme sorgt.

Geradliniges Hockey ärgert auch Große

Das Spiel gegen Kanada markierte das Ende einer langen Vorbereitung mit vielen Testspielen gegen A-Nationen, und Teamchef Roger Bader freute sich vor allem aus einem Grund über das Dargebotene: "Wir haben Prinzipien, die wir seit Wochen umzusetzen versuchen, heute zu Tode geführt. Nicht über 60 Minuten, aber immer wieder."

Das Spiel habe gezeigt, dass mit den richtigen Tugenden jeder noch so große Gegner geärgert werden kann: "Man hat gesehen, dass eine Mannschaft, die sehr stark besetzt ist, durchaus in Verlegenheit gebracht wird, wenn man schnelle Transition spielt. Das geradlinige, vertikale Eishockey, das wir spielen wollen - es hat zu Toren geführt."

Die Spieler könnten mit einem guten Gefühl ins Hotel zurückkehren, auch wenn Zufriedenheit nach einer Niederlage selten richtig am Platz ist. "Aber es wäre normal gewesen, wenn wir 1:8 verloren hätten. Dass es anders gekommen ist, ist vielleicht ein kleiner Tropfen für die Weltmeisterschaft", so Bader.

Raffl äußerst selbstkritisch

Bei den Spielern herrschten gemischte Gefühle vor. Insbesondere bei Michael Raffl, der mit seiner eigenen Leistung keineswegs zufrieden sein wollte.

"Ich nehme mir mehr vor, als ich heute gezeigt habe. Das war phasenweise frustrierend für mich", so der NHL-Legionär gegenüber LAOLA1. Er blieb ohne Scorerpunkt.

Wenn wir jedes Mal sechs oder mehr Tore schießen müssen, um zu gewinnen, wird es schwer. Bei einer WM muss reichen, drei zu erzielen und dann defensiv so sicher zu stehen, damit das reicht

Michael Raffl

"Es sind viele Kleinigkeiten, etwa das Timing, aber auch körperlich hatte ich Probleme. Ich bin nach meiner Woche bei der Vorbereitung schon müde, so habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. Da habe ich noch Arbeit vor mir."

Aus Sicht der Mannschaft war die offensive Leistung aber sehr gelungen: "Das gibt schon Selbstvertrauen. Das war phasenweise sehr schön heute, einige Spieler sind über sich hinausgewachsen."

Voll des Lobes war Raffl vor allem für einen seiner Mitspieler in der ersten Linie: Youngster Benjamin Baumgartner. "Er ist ein riesiges Talent und wird den Fans noch viel Freude bereiten."

Zu viele Gegentore machen mehr Sorgen

Der Flügelstürmer machte sich eher Sorgen um den defensiven Bereich: "Wenn wir jedes Mal sechs oder mehr Tore schießen müssen, um zu gewinnen, wird es schwer. Bei einer WM muss reichen, drei zu erzielen und dann defensiv so sicher zu stehen, damit das reicht."

Tatsächlich schalteten die Kanadier gegen Ende des zweiten Drittels einen Gang höher und kamen leichter zu Toren, als das vorher der Fall war.

Auch Verteidiger Markus Schlacher blieb daher realistisch: "Es war keine schlechte, aber auch keine Top-Leistung von uns." Und Martin Schumnig pflichtete bei: "Die haben nicht wirklich volles Eishockey spielen müssen, hätten zwei bis drei Gänge raufschalten können."

Gesehen, was wartet

Manuel Ganahl, der im Schlussdrittel noch einmal verkürzen konnte, wollte das Spiel auch "nicht überbewerten": "Das war ein Test und bei Kanada noch viel Luft nach oben."

Wichtig sei aus österreichischer Sicht gewesen, das eigene Spiel gut durchzuziehen, offensiv wie defensiv. Besonders offensiv sei das Team gut aufgestellt: "Wir haben vier starke Linien, die vor allem eisläuferisch gut aufgestellt sind, da können wir lange Zeit hohes Tempo gehen. Das wird bei der WM wichtig sein."

Gegen Kanada sei Österreich gezwungen gewesen, die Scheibe schnell laufen zu lassen, denn "die Kanadier sind so schnell, dass du gar keinen Puck mehr bekommst, wenn du das nicht machst."

So sei der Test auch wichtig gewesen, um auf Betriebstemperatur zu kommen: "Wir haben jetzt alle gesehen, was uns erwarten wird."

Das größte Fragezeichen im Team

Hoffentlich eine Spur weniger Arbeit wird in Bratislava David Kickert bekommen, der die ersten beiden Drittel im Tor absolvierte und sechsmal hinter sich greifen musste.

"Ich bin ohne Erwartungen ins Spiel gegangen. Ich habe mich auf die gehaltenen Schüsse, nicht auf die Gegentore konzentriert. Es war bei jedem Schuss, den ich gehalten habe, ein geiles Gefühl", freute sich der "Einser" der kommenden EBEL-Saison bei den Black Wings Linz.

Er, Bernhard Starkbaum und Lukas Herzog lassen vor WM-Start vielleicht das größte Fragezeichen übrig. Nicht wegen mangelnder Leistung, sondern aufgrund des Luxusproblems, gleichwertige Torhüter zur Verfügung zu haben.

Wie diese Frage für ihn ausgeht, weiß auch Kickert noch nicht: "Roger hat gesagt, dass alle drei spielen, zwei oder auch nur einer - ich nehme es von Spiel zu Spiel."

Bis zum WM-Auftakt gegen Lettland wird Bader eine erste Entscheidung treffen müssen. Mit der Performance gegen Kanada sind die Sorgen des Teamchefs aber nicht größer geworden.

 

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