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Roger Bader: Volles Vertrauen in die Jungen

Schweizer Eishockey-Teamchef denkt auf dem Weg zum Erfolg langfristig:

Roger Bader: Volles Vertrauen in die Jungen Foto: © GEPA

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Während sich die EBEL in der spannendsten Playoff-Phase befindet und auch international allerorts Meisterschafts-Entscheidungen anstehen, gibt es im österreichischen Nationalteam aktuell "so etwas wie eine zweite Saison-Vorbereitung" (O-Ton Daniel Woger).

Teamchef Roger Bader hat zum intensiven Trainingslager geladen, bis zum Start der A-WM in Dänemark (5. bis 20. Mai) sollen noch neun Test-Spiele bestritten werden.

Das erste steht heute Mittwoch (18:30 Uhr) in Ungarn auf dem Programm. In Abwesenheit vieler Stamm-Cracks setzt Bader auf die jungen Wilden und verspricht: "In Ungarn wird mit Garantie die mit Abstand jüngste österreichische Mannschaft aller Zeiten spielen. Elf Spieler bestreiten ihr erstes Länderspiel, alle sind zwischen 20 und 22 Jahre alt – das finde ich super."

"Vielleicht verlieren wir 0:10"

Bader hat zwar volles Vertrauen an seine jungen Spieler, scherzt gegenüber Pressevertreten aber dennoch: "Vielleicht verlieren wir 0:10, bitte zerreißt uns dann nicht", nur um sofort wieder ernst zu werden: "Wir müssen langfristig denken. Olympia 2022 ist ein großes Thema."

Weitsichtigkeit ist für den Schweizer angesagt. Umso ärgerlicher ist es für den 2016 bestellten Head Coach, dass viele seiner Schützlinge in der EBEL kaum zum Zug kommen.

"Es ist offensichtlich so, dass ich die Qualität dieser Spieler höher einstufe, als vielleicht manche andere", kann sich Bader den Seitenhieb auf die heimischen Vereine nicht verkneifen und untermauert: "Ich glaube, sie könnten alle EBEL spielen."

Dennoch betont der 53-Jährige: "Ich werde keine Vereine kritisieren. Jeder Klub hat eigene Sorgen."

Zur Feuertaufe in Ungarn

Gehörige Sorgen könnte Bader heute auch der östliche Nachbar bereiten. "Ungarn ist in der Vorbereitung viel weiter, sie spielen in zwei Wochen die B-WM", analysiert der Winterthurer den Gegner, lässt aber keine Zweifel an seinem Credo aufkommen: "Dennoch werde ich viele junge Spieler reinwerfen. Einige werden untergehen, einige werden schwimmen."

Schwimmübungen werden die Routiniers, die die Jungen bereits im Training kräftig unterstützen, geben. "Ich werde gegen Ungarn die Linien mischen, immer zwei Erfahrene und ein Junger. Diese jungen Spieler immer nur in der vierten Linie aufzubieten und nur wenige Minuten auf dem Eis zu lassen, ist nicht zielführend", führt Bader seinen Matchplan aus.

WM-Zug auch für die Jungen noch erreichbar

Kurzfristiger Fokus sind also die Ungarn, langfristig ist Olympia im Blickfeld, und mittelfristig? Da gibt es ja noch die A-WM.

"Ich kann auch nicht ausschließen, dass mich einer der Jungen so sehr überzeugt, dass er zur WM fährt. Viele Spieler haben mich positiv überrascht – obwohl ich sie kenne", spornt Bader seine Jüngsten nochmal zusätzlich an.

Bei der WM in Dänemark heißt es für Österreich: "Wir müssen uns in allen Bereichen verbessern, um den Divisions-Erhalt zu schaffen."

"Sind noch lange keine A-Nation"

Aber auch wenn der Klassen-Verbleib gelingt, steht für Bader fest: "Ich habe sofort nach dem Aufstieg gesagt, dass wir noch lange keine A-Nation sind. Dazu müssen wir einmal längerfristig oben bleiben und uns auch in anderen Dingen verbessern."

Pläne hätte der gelernte Maschineningenieur, der zudem noch als Sportdirektor des ÖEHV tätig ist, diesbezüglich genug: "Ich habe da viele Dinge in der Schublade, die kann ich jederzeit herausziehen - nur das Geld fehlt."

Überhaupt sei die Arbeit im Nationalteam nur langfristig ausgelegt sinnvoll: "Die Arbeit in der Nationalmannschaft ist eine langfristige mit kurzzeitigen Spitzen."

Zur Veranschaulichung ist sich Bader dabei auch für einen Quervergleich mit dem Fußball nicht zu schade: "Beste Beispiele sind Jogi Löw, der eine enttäuschende EM mit Deutschland spielte, oder mit Abstrichen Marcel Koller."

"Kann auch mit Roger Federer Tennis spielen, aber..."

Um kurzfristig bei der WM zumindest nicht komplett unterzugehen, wird auch das Bader vorhandene Spielermaterial ausschlaggebend sein.

"Bei der A-WM gilt es, mit hoher Intensität und schnell zu spielen und den Puck nicht lange zu halten. Das adaptiert man besser, je öfter man gegen stärkere Gegner spielt. Wenn einer in Schweden, in der Schweiz oder in der KHL spielt, ist es natürlich was anderes. Ein Lukas Haudum kommt her und hat ein ganz anderes Niveau", weist Bader auf Niveau-Unterschiede zwischen den Ligen hin und zieht den nächsten sportübergreifenden Vergleich: "Ich kann beispielsweise mit Roger Federer Tennis spielen, aber nicht gegen ihn."

"NHL-Spieler immer ein Thema"

Das Best-Case-Szenario, die Verfügbarkeit eines NHL-Legionärs, ist aber kaum realistisch. Sowohl Michael Raffl (mit den Philadelphia Flyers), als auch Thomas Vanek (mit den Columbus Blue Jackets) und Michael Grabner (mit den New Jersey Devils) habe gute Chancen, die NHL-Playoffs zu erreichen, sie würden also frühestens kurz vor WM-Start anreisen können.

Dennoch hofft Bader: "Die NHL-Spieler sind immer ein Thema. Ich habe Thomas Vanek zu seinem Triplepack (gegen die Edmonton Oilers, Anm.) gratuliert, zwei Minuten später hat er mir geantwortet. Wir stehen also in Kontakt."

Hürden gäbe es aber genug, so realistisch ist auch der Schweizer: "Bei Vanek ist zum Beispiel die Familie ein Problem. Er hat seine Frau seit Monaten nicht mehr gesehen, da kann er ihr schwer erklären, dass er im Mai nach Dänemark fliegt."

Das Ringen um die Flugtickets nach Dänemark ist also komplett offen, gut möglich, dass es auch die eine oder andere Überraschung im ÖEHV-WM-Kader gibt.


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