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Bernd Freimüller checkt Österreichs U20-WM-Gegner

LAOLA1-Scout Freimüller nimmt Österreichs stärkste Gruppengegner unter die Lupe:

Bernd Freimüller checkt Österreichs U20-WM-Gegner

Weihnachten ist vorbei, Zeit für die Junioren-WM. Zum zweiten Mal in Folge ist Österreich im Konzert der besten zehn Teams dabei.

Finnland (27. 12., 20 Uhr österreichischer Zeit), Kanada (29. 12., 1 Uhr), Tschechische Republik (30. 12., 22.30) und Deutschland (31. 12., 20 Uhr) heißen die Gegner des ÖEHV-Teams. In anderen Worten: Nach drei übermächtigen Nationen bleibt eine leise Hoffnung, gegen Deutschland den letzten Gruppenplatz und damit die Relegationsspiele zu vermeiden. Ob das realistisch ist, wird sich wohl aufgrund der Leistungen der beiden Teams zu Turnierbeginn abzeichnen.

Wer auf eine Sensation gegen die drei großen Teams hofft, sei an die letzte WM erinnert: Gegen Russland, Schweden, die USA und Tschechien standen (natürlich) null Punkte und 1:29 Tore in der Bilanz – das Schussverhältnis pro Spiel betrug etwa 12:62. Schon ein knappes Drittelergebnis oder eine Phase, in der das Team von Marco Pewal nicht im eigenen Drittel festgeschnürt ist, wird als Erfolg zu verbuchen sein. Das 0:7 im einzigen Testspiel gegen Schweden kann als Vorgeschmack auf diese drei Spiele dienen.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen genauen Blick auf drei der ÖEHV-Gruppengegner:

Finnland

Finnland

Wie fast jedes Jahr kommen die Finnen etwas unter dem Radar daher. Vor drei Jahren noch Champions, letztes Jahr noch Bronze-Gewinner – egal mit welcher Besetzung, die Suomi gehören aber immer zum engeren Favoritenkreis, die ihr Potential im Gegensatz zu Russland oder Schweden fast immer ausnutzen. Die Offensive scheint aber heuer auf dem Papier nicht gerade überragend zu sein.

Im 25-Mann-Aufgebot von Headcoach Antti Pennanen (hat im Gegensatz zu seinen Assistenten wie Mikko Koivu oder Antti Miettinen keine großartige Spielerkarriere aufzuweisen) stehen 14 gedraftete Spieler: In der Defensive wird sich Maple-Leafs-Pick Topi Niemelä offensiv groß einbringen, er führt gerade die Defender-Wertung der Liiga an. Detroit-Pick Eemil Viro sollte ebenfalls eine solide Rolle spielen, die Defensive wird sich aber bis auf Niemelä eher über solide Arbeit denn große Puckfertigkeiten dominieren.

Von den gedrafteten Forwards sollten Kasper Simontaival (LA Kings) und Kapitän Roni Hirvonen (Toronto) die interessantesten sein. Roby Järventie, der als einzige Spieler in der AHL aufläuft (Ottawas Farmteam Belleville), hat nach einer sehr schwachen letzten WM einiges gutzumachen.  

Für die Scouts am interessantesten: Brad Lambert (ein später 03-er und finnisch/kanadischer Doppelstaatsbürger) und Joakim Kemell (2004). Beides Stürmer, allerdings mit komplett verschiedenen Entwicklungen: Lambert galt bis vor zwei Jahren noch als Anwärter für einen der Top-Draft-Spots, seit damals ging sein Spiel allerdings sukzessive nach unten. Die WM wäre für ihn eine Möglichkeit, den Abwärtstrend umzukehren, ansonsten droht ihm ein Schicksal wie seinem Landsmann Aatu Räty im letzten Jahr, der schließlich nur in der zweiten Runde gezogen wurde. Räty fehlt heuer wegen Corona, seine Leistungen trendeten zuletzt nach einem Liiga-internen Wechsel zu Jukurit wieder nach oben. Kemell dagegen spielt heuer traumhaft, sowohl beim Hlinka-Gretzky-Cup als auch in der Liiga, wo er als 17-jähriger bis zu einer Schulterverletzung sogar die Scorerwertung anführte. Neben einem Bombenschuss zeichnet ihn auch ungeheures Körperspiel aus.

Kanada

Kanada

Ein Spiel gegen die Ahornblätter und das im Mutterland des Eishockeys – was kann es Schöneres für die österreichischen Cracks geben? Während des Spiels bleibt allerdings nur zu hoffen, dass Kanada nach einer klaren Führung den Fuß etwas vom Gaspedal nehmen wird.

Im Team des Ex-Vienna-Capitals-Coaches Dave Cameron stehen (natürlich) fast nur gedraftete Spieler, darunter einige potentielle NHL-Stars. Defender Owen Power (Buffalo) etwa dominiert bereits die NCAA als offensiver Rover, Kapitän Kaiden Guhle soll bald die Canadiens-Defensive ordnen.

Unter den Forwards bekamen Mason McTavish (Anaheim) und Jake Neighbours (St. Louis) heuer schon ihren NHL-Trial-Run mit neun Spielen, der schussstarke Cole Perfetti war in Winnipeg zu Saisonbeginn zweimal mit dabei. Die Scouts der NHL-Teams, die bereits jetzt auf die letzten Plätze zusteuern, werden sich vor allem auf Center Shane Wright konzentrieren. Dieser müsste sich allerdings wirklich sehr schlecht präsentieren, um seinen Start-Ziel-Erfolg beim anstehenden Draft zu gefährden. Dass mit Connor Bedard ein 16-jähriger im Aufgebot steht, ist für Kanada eher ungewöhnlich – allerdings gilt er bereits als Nachfolger von Wright im Draft 2023.

Wie jeder U20-Coach der Kanadier steht auch Cameron bei seinem bereits zweiten Rodeo (nach 2009 – 2011) unter Druck – alles andere als Gold zählt als Misserfolg.

Tschechische Republik

Tschechische Republik

Eine wesentliche Änderung bereits vor Turnierbeginn: Statt als "Czech Republic" tritt man jetzt weniger sperrig als "Czechia" an, was im Deutschen wohl "Tschechien" entspricht.

Neuer Name, neues Glück? Das darf bezweifelt werden. Das letzte Mal gewann ein tschechisches Team 2005 (!) eine Medaille bei einer U20-WM. Das übliche Ergebnis: Eine Niederlage im Viertelfinale (sieben Mal innerhalb der letzten acht Jahre).

Auch heuer wäre alles andere als ein dritter Gruppenplatz eine Überraschung, Deutschland und Österreich sollte die Truppe von Headcoach Karel Mlejnek aber allemal in die Knie zwingen können. Stars im Team gibt es so gut wie keine, immerhin wurden zehn der Cracks in den letzten beiden Jahren gedraftet. Dazu gehören die beiden Goalies Jan Bednar (Detroit) und Jakub Malek (New Jersey), die die Absage von Nick Malik (zog Spiele in der Liiga vor) verschmerzen lassen.

In der Abwehr flog Michael Krutil direkt vom Chicago-Farmteam Rockford ein. Ebenfalls über dem Durchschnitt sollte Stanislav Svozil (Blue Jackets) liegen, der vor allem im Powerplay Akzente setzen kann.

Auch im Angriff sind mehr Arbeiter denn potentielle Highscorer am Werk, Kapitän Jan Mysak (Montreal), Jakub Brabenec (Vegas) und Pavel Novak (Minnesota) spielen alle schon in Übersee und bringen überdurchschnittliches Offensivpotential mit.

Für die Scouts am interessantesten: David Jiricek und Jiri Kulich. Ich habe beide bei ihren Extraliga-Teams in Plzen bzw. Karlovy Vary heuer öfters gesehen, beide enttäuschten mich nicht. Jiricek ist ein großgewachsener Defender mit gutem Körperspiel, beweglichen Beinen und einem Bombenschuss, Kulich ein Center mit guten Händen um das Tor herum. Jiricek hat Chancen auf einen Top-10-Platz im Draft, während sich Kulich immer mehr nach oben spielt, für mich derzeit in der zweiten Hälfe der ersten Draftrunde einen Platz finden sollte.

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