In Sachen Eishockey ist Wien derzeit ganz und gar nicht Hauptstadt.
Die letzten beiden Saisonen der Vienna Capitals verliefen enttäuschend, die win2day ICE Hockey League 2025/26 wird mi einer stark veränderten Mannschaft in Angriff genommen.
Welche dieser Änderungen können fruchten? Oder sind die Aussichten wieder so schwarz wie die neuen Trikots? LAOLA1-Scout Bernd Freimüller mit seiner Saisonvorschau über die Caps:
Sommeraktivitäten
Auch wenn sowohl Lokalmedien als auch die Fans alles völlig unkritisch begleiteten: Die letzten beiden Saisonen verliefen sowohl vom Auftreten als auch von den Ergebnissen her desaströs und eines Hauptstadtklubs unwürdig. Im Gegensatz zur vorletzten Saison schummelten sich die Caps noch irgendwie in die Pre-Playoffs, wo gegen Fehervar aber Schluss war.
Das Trainerduo um Gerry Flemming und Fabian Scholz wurde schon früh bestätigt, aber sonst ging Sportmanager Christian Dolezal nicht mit dem Skalpell, sondern der Axt über den letztjährigen Kader: Routiniers wie Dominique Heinrich, Niki Hartl und Marco Fischer gingen entweder von selbst oder wurden in die Pension geschickt.
Eigengewächse wie Lukas Piff, Bernhard Posch, Patrick Antal und Mathias Böhm, für deren Einbau man sich jahrelang selbst auf die Schultern klopfte – keiner mehr da. Dazu bis auf Jeremy Gregoire und Zane Franklin auch alle Legionäre wieder weg - Tabula rasa vom Feinsten.
Im heurigen Kader stehen acht neue Legionäre und fünf innerhalb der Liga geholte Österreicher – die Caps zeigen sich heuer also völlig runderneut. Coach Gerry Flemming wird mit dem ersten Faceoff der Saison am Freitag fast 40 Spieler seit Sommer 2024 gecoacht haben – die können nicht alle Flops sein.
Ausrufezeichen des Kaders

Für Linden Vey – auch gleich der Kapitän im runderneuerten Kader – lehnten sich die Caps finanziell weit aus dem Fenster. Der 34-Jährige bewies sich über sechs Jahre als Playmaker in der KHL, zeigte seine Hände und Faceoff-Qualitäten auch schon in Wien. Eine große Torausbeute seinerseits würde überraschen, aber wenn er nicht seine Nebenleute managen kann, wer dann?
Evan Cowley, der aufgrund der finanziellen Probleme in Asiago bald Reißaus nahm, und Sebastian Wraneschitz, der letzte Saison wenigstens größtenteils fit blieb – an den Goalies scheiterten die Wiener im Vorjahr sicher nicht und das sollte heuer mit diesen beiden auch gelten, auch wenn kein Spitzenduo wie etwa in Salzburg zu erwarten ist.
Zane Franklin (17) und Jeremy Gregoire (16) waren die besten Torschützen in der letzten Saison – wenn das heuer wieder der Fall ist, wird die Saison abermals zum Ärgernis. Das ist keineswegs als Kritik an den beiden gemeint – Franklins Schuss ist eine Waffe und er spielt ebenso mit Energie (manchmal etwas zu emotional) wie Gregoire, der im Slot eine Macht ist. Können die beiden ihre Produktion erhalten, aber scorermäßig ins zweite Glied zurücktreten, klettern die Caps in der Tabelle sicher nach oben.
Fragezeichen des Kaders
Raphael Wolf, Lorenz Lindner, Sam Antonitsch, Benjamin Lanzinger, Senna Peeters, Marco Richter und eigentlich auch Erik Kirchschläger und Maximilian Theirich, die im Laufe der letzten Saison kamen – zeigen sie nach ihrem Umzug nach Wien, dass sie (Wolf ausgenommen) an ihren letzten Stationen zu wenig geschätzt wurden oder ist von ihnen im Paket nicht mehr als Liga-Durchschnitt zu erwarten? Von diesem hätten die Caps schon genug im Kader, der vor allem im Angriff schon bei zwei Verletzten (Armin Preiser und Felix Koschek) wie jetzt ausfranst.
Simon Bourque und Cole Hults boten in Bozen solide Leistungen, waren dort auch im PP gesetzt. Überraschend, dass mit Randy Gazzola als letztem Neuzugang noch ein Mann für die Überzahl dazu kam. Gut, Qualität kann man nie zu viel haben, aber Gazzola – ein schwacher Eisläufer – war in Asiago der Anführer einer Defensive, die in drei ICE-Saisonen fast 550(!) Gegentreffer zuließ. Und kann Nelson Nogier als vierter Legionärsdefender das Team größer machen, als es im Vorjahr agierte?
Toreschießen bei den Caps, das bedeute insgesamt nur 230 Treffer in den letzten beiden Spielzeiten. Wer soll heuer treffen? Im Gegensatz zu Bruder Cole ging bei Mitch Hults die Formkurve zuletzt nach unten, er war in seiner besten Zeit aber ein Playmaker mit Abschlussqualitäten. Carter Souch - ein Fliegengewicht - überzeugte letzte Saison in Södertälje zunächst als leichtfüßiger Winger mit guten Händen, ehe ihn eine Verletzung aus der Bahn warf. Aber die fünf Legionäre im Angriff müssen treffen oder die neuen Österreicher – vor allem Lanzinger und Peeters – Abschlussqualitäten beweisen.
Hier könnte nachgerüstet werden
Nach den Rochaden im Sommer sollten baldige Änderungen eigentlich ausgeschlossen sein, alle Legionärsplätze wurden ausgeschöpft.
Ausblick
Es kann eigentlich nicht mehr schlimmer kommen, aber das habe ich vor der letzten Saison auch gedacht. Die großen Zeiten in Wien sind vorläufig vorbei, aber mit Teams wie Linz, VSV oder Pustertal sollte man sich doch einigermaßen matchen können. Flemming sollte sein Team von Beginn an in oder zumindest an die Top-6 führen, die Vorbereitung taugte allerdings nicht als Mutmacher...