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Schon früh gilt in der ICE: Siegen um jeden Preis

In Wien und Graz sollte der erste Saison-Sieg für ein wenig Ruhe sorgen.

Schon früh gilt in der ICE: Siegen um jeden Preis Foto: © GEPA

Das zweite Wochenende in der bet-at-home ICE Hockey League ist Geschichte, auch diesmal war LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wieder bei drei Spielen zugegen.

Neben den Vienna Capitals, denen Freimüller beim Heim-Doppel gegen Fehervar und Innsbruck auf die Beine schaute, ging es für den Scout auch zu den Graz99ers. Die Eindrücke der gesehenen Mannschaften gibt er im Rückblick wieder:

Vienna Capitals gegen Fehervar (3:4) und Innsbruck (3:0)

Die Capitals hatten in ihren ersten beiden Heimspielen zwei höchst unterschiedliche Gegner zu bekämpfen. Fehervar bestätigte den von mir vermuteten Status als ICE-Spitzenteam, Innsbruck hingegen sieht - wieder einmal - einer problematischen Saison entgegen.

Fehervar spielte die Caps in Wien von Beginn weg an die Wand, der 0:2-Rückstand spiegelte das Geschehen überhaupt nicht wider. Die Ungarn stellen ein körperlich immens starkes Team mit drei Scorerlinien, in der vierten agiert Andrew Sarauer mittlerweile wie der Altbauer: Nicht mehr ganz bei Kräften, aber immer da, wenn man ihn braucht..

In der Abwehr stehen auch ohne den verletzten Bence Stipsicz gleich mehrere gute Puckmover, Josh Atkinson machte im Powerplay eine sehr gute Figur, ihn werde ich im nächsten Spiel noch genauer unter die Lupe nehmen.

Im Angriff beeindruckte mich vor allem der von MAC Budapest gekommene Istvan Terbocs, der sich mehrere Male mächtig durch die Wiener Abwehr fräste, dazu noch einen sehr guten Schuss mitbringt. Die beiden PP-Formationen – von Janos Hari bzw. Istvan Bartalis dirigiert – drehten das Spiel im letzten Drittel. Goalie Rasmus Tirronen machte mir einen etwas unbeweglichen Eindruck, aber schon brauchbare Leistungen – im Wechsel mit Daniel Kornakker – könnten den Ungarn zumindest im Grunddurchgang genügen.

Innsbruck am nächsten Tag war dann eine ganz andere Preisklasse. Was für die Haie zu befürchten ist: Im Gegensatz zu den letzten Jahren scheinen sie stark an Offensive verloren zu haben, ohne zu einem Defensiv-Bollwerk mutiert zu sein. Nachfolger für das Duo Christoffer/Ciampini (Letzterer in Kladno verletzt und länger out) hätte ich in diesem Spiel keine ausgemacht.

Michael Huntebrinker fiel mir von den neuen Angreifern mit seiner Beweglichkeit noch am meisten auf. Tim McGauley bemühte sich, sein Nebenmann Daniel Leavens traf bei mehreren guten Chancen nicht einmal aufs Tor, geschweige denn hinein. Alex Dostie sollte am nächsten Wochenende zurückkommen, was dem Vernehmen nach eine gewisse Energiespritze bedeuten sollte. Von den österreichischen Angreifern ist außer von Nico Feldner (sollte weiter in einer Scorerlinie gesetzt sein) ohnehin kaum Torgefahr zu erwarten.

Unter den Defendern hinterließ für mich Simon Bourque noch den besten Eindruck mit der Scheibe, Ben Betker muss noch lernen, dass der Einsatz von Größe in der ICE oft in Strafen endet.

Zwei verletzte "Haie" sorgen in Innsbruck schon für angespannte Lage

Zwei Verletzungen (Dostie, Ludin) bedeuten schon wie erwartet eine angespannte Kaderlage und Einsätze von Cracks, die körperlich und/oder spielerisch einfach überfordert sind. Es könnte eine lange Saison für die Haie werden und damit ist nicht die Dauer gemeint.

Zu den Caps: Der erste Sieg im vierten Spiel sorgte für eine gewisse Erleichterung, aber selbst das Spiel gegen die limitierten Innsbrucker (Bild) stand 50 Minuten auf der Kippe. Wie am Vortag (Bernhard Starkbaum) hielt der Goalie (Debütant Stefan Steen) sehr gut, Rückstände können sich die Caps aufgrund ihrer limitierten Offensive eher nicht leisten. Dabei waren das die ersten Spiele, wo der komplette Kader zur Verfügung stand.

Der Däne Nicolai Meyer ist eine Publikumsattraktion

Foto: © GEPA

Ohne alle Personalvorgänge des Sommers wieder aufrollen zu wollen, reicht es drei Wochen zurückzuschauen: Da standen die Caps noch mit Jaron Caron, Cliff Pu und Shawn Lalonde da, suchten noch einen Top-Center. Der ist bis heute nicht vorhanden, Caron wurde mit Nicolai Meyer, Pu mit Lucas Moncada und Lalonde mit Anton Karlsson ersetzt. Meyer für Caron war ein Glücksgriff, der Däne hat bzw. nimmt sich alle Freiheiten mit der Scheibe, ist auch torgefährlich und eine Publikumsattraktion.

Ob er seinen Spielstil die ganze Saison durchbringen kann, muss man abwarten. Moncada dürfte ein großgewachsener Arbeiter sein, die 30 Tore, die Coach Dave Barr Pu vorhersagte, wird er wohl eher nicht erzielen. Karlsson und Lalonde können eigentlich nicht im gleichen Satz erwähnt werden, unterschiedlichere Defender-Typen wird man kaum finden.

Das Überangebot an Defensiv-Defendern (Lukas Piff ist nach Alex Wall eigentlich schon der beste Puckträger, musste trotzdem für ein Spiel ins Farmteam) löste Barr gegen Innsbruck so, dass er für den verletzten (auch das noch!) Corey Tropp Charlie Dodero in die Toplinie mit Meyer und Brody Sutter stellte.

Sollte Steen auch nach der Rückkehr von David Kickert im Kader bleiben, haben die Caps nicht nur eine dreiköpfige Goalie-Hydra, sondern auch nur mehr einen "echten" Legionärsplatz zur Verfügung. Ein Offensivcenter und ein PP-Defender wie Lalonde gingen sich dann nur mehr aus, wenn einer davon ein U22-Legionär wäre. Und solche Spieler wird man benötigen, die Offensivsuppe ist quantitativ und qualitativ äußerst dünn. Erwarte weitere Legionärs-Zuzüge bzw. -Täusche.

Ein Gewinner der bisherigen Caps-Saison: Energie-Flügel Armin Preiser, der sowohl im Powerplay als auch im Penaltykilling zum Einsatz kam und den Speed für die Liga mitbringt.

Graz99ers gegen HC Pustertal (5:2)

Die Grazer nach drei Niederlagen schon unter Zugzwang, der frühe Führungstreffer durch Lukas Kainz im PK half natürlich. Die Gäste schon ziemlich ersatzgeschwächt, Ivan Althuber, Dante Hannoun und Matthias Mantinger fehlten.

Coach Luciano Basile wollte den neuen Legionär Brad Morrison langsam ins Team integrieren, bot ihn zunächst zwischen Tommaso Traversa und Stephan Deluca auf. Als Simon Berger aber im ersten Drittel eine Scheibe nach der anderen verschenkte, hatte Basile offenbar genug gesehen und ersetzt ihn mit Morrison an der Seite seiner beiden schnittigsten Offensivwaffen, Johan Harju und Anthony Bardaro.

Jakob Stukel bewies mit einem schönen Tor, dass seine Sololäufe auch von Erfolg gekrönt werden können.

Der Liga-Neuling aus Bruneck präsentiert sich konkurrenzfähig

Bei weiteren Verletzungen bzw. Ermüdung von Goalie Tomas Sholl (überspielt ab und zu Situationen wie beim Boivin-Tor, agiert aber sonst reflexstark) werden die Brunecker Probleme bekommen, aber sie präsentierten sich in ihren vier Auswärtsspielen mindestens konkurrenzfähig und gehen mit sechs Punkten in ihre neue Arena.

Wie in Wien sollte auch in Graz der erste Sieg zumindest bis zum Freitag etwas Ruhe einkehren lassen, aber Coach Jens Gustafson war lineup-aktiv. Nicht nur, dass er Simon Hjalmarsson und Andrew Gordon schon trennte, rückte Hjalmarsson vom Center auf den Flügel. Auf seine vierte Linie verzichtete er ab dem zweiten Drittel – dass Philipp Maurer im ersten Abschnitt einen Abschlussversuch auf das eigene Tor unternahm, half da natürlich auch nicht.

Das Siegen um jeden Preis gilt also schon früh in der Saison, auch Innsbruck-Coach Mitch O'Keefe verwendete in Wien nur fünf Defender.

"Plus ça change, plus c'est la même chose", würden die Franzosen dazu sagen. Auf gut Deutsch: Alles wie immer…


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