Zwischenzeitlich erfuhr das Tiroler Eishockey wieder Aufwind, damit war in der Vorsaison der win2day ICE Hockey League aber Schluss: Der HC Innsbruck landete im Grunddurchgang abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Dennoch wurde dem Trainer das Vertrauen ausgesprochen, der sich nach getaner Arbeit aber von selbst zu einem Abgang entschloss. Nun muss ein anderer herausfinden, wie viel der veränderte Kader taugt.
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller berichtet von seinen Eindrücken des HC Innsbruck vor dem Saisonstart:
Sommeraktivitäten
In der letzten Saison kam es, wie es kommen musste: Ein Team, das von vorne bis hinten kaum ligatauglich war, beendete die Saison als abgeschlagener Letzter, sogar noch weit hinter Asiago auf deren Abschiedstournee. Lediglich sieben Siege nach 60 Minuten sagten alles über den Leistungsstand aus.
In der Verschuldensfrage waren Coach Jordon Smotherman und Sportmanager Maximilian Steinacher verschiedener Meinung, auch in der frappierenden Verlängerung des Trainervertrags.
Steinacher musste dann gehen, Smotherman durfte den neuen Kader selbst zusammenstellen, was er auch in großen Teilen tat, bevor er verkündete, doch lieber in Übersee zu bleiben. Eine kuriose Volte!
Mit Ryan Kinasewich kam ein weiterer ECHL-Coach als sein Nachfolger, er sollte das Eishockey hier wenigstens aus seiner Zeit in Zagreb kennen.
Kinasewich muss jetzt mit einem ohne seinem Input zusammengestellten Kader arbeiten, was aber für nordamerikanische Coaches nicht völlig ungewohnt ist. Der letzte und zugleich Königstransfer kam schon unter ihm, Steve Owre – vor zwei Jahren noch Liga-MVP – soll die Offensive auf ein neues Niveau heben. Um ihn herum stehen neun neue Legionäre im Kader, nur Jan Lattner wurde bestätigt.
Ausrufezeichen des Kaders

Owre unterschrieb gleich einen Zwei-Jahres-Vertrag, er wollte nie so recht aus der ICE fort und löste seinen Kontrakt in der SL auch wieder auf. Scorertechnisch überzeugte er dort ebenso wie bei seinen letzten Stationen. Der 29-Jährige kann sowohl vorbereiten als auch selbst abschließen, wird natürlich die Toplinie centern.
Im Gegensatz zur Vorsaison, als einige Legionäre (McFadden, Walsh, Valentini oder der nachverpflichtete Jeremy Bracco) schon im Vorhinein bezüglich ihrer Schwächen abschätzbar waren, holten Smotherman und der involvierte Co-Trainer Flo Pedevilla heuer Leute frisch aus Übersee bzw. aus niedrigeren europäischen Ligen. Die beiden neuen Defender Patrick Kudla und Cole Moberg kamen direkt aus der ECHL, Benjamin Corbeil und Emmett Sproule als Pärchen vom im kanadischen Uni-Hockey dominierenden New Brunswick, Darien Craighead und Troy Lajeunesse schrieben scorertechnisch in der EIHL und Dänemark stark an.
Alles natürlich den finanziellen Grenzen geschuldet, aber die Pioneers etwa fuhren mit dieser Art von Verpflichtungen gar nicht so schlecht. Der eine oder andere Legionär wird positiv überraschen, allerdings vielleicht auch nur in der Offensive (Lajeunesse etwa könnte wie in der Vorsaison Ryan Valentini nur eine Richtung bespielen).
Marcel Witting war der österreichische Königstransfer des Sommers, was wohl auch für sich spricht. Der gebürtige Tiroler kehrte nach 15(!) Jahren in seine Heimat zurück, etablierte sich in Klagenfurt und Linz als kampfstarker Defensivspieler mit PK-Fähigkeiten. Mit ihm und Thomas Mader wäre der Viertlinien-Center-Platz gleich doppelt besetzt.
Mit Jakob Brandner statt Markus Gratzer stehen die Haie wenigstens auf der Backup-Position besser da als zu Beginn der Vorsaison. Kann Matt Vernon (ebenfalls aus der ECHL gekommen) aber eine stabile Nr. 1 abgeben? Die wenigen Punkte in der Vorsaison verdankte der HCI fast ausschließlich Evan Buitenhuis...
Fragezeichen des Kaders
Wie gesagt – die meisten Legionäre basieren auf dem Prinzip Hoffnung bzw. Jugend, satte Altstars stehen nicht im Kader. Ein Beispiel dafür, dass das in beide Richtungen gehen kann, ist Patrick Kudla, wohl als Nr.-1-Defender gesetzt. In vier Jahren in der Slowakei bzw. Tschechien war er eher ein Mann für die hinteren Pärchen, setzte kaum Akzente. In der ECHL danach etablierte er sich aber als absolute PP-Waffe, trotz steter Verfügbarkeit bissen keine besseren europäischen Teams an. Über einen Mangel an Eiszeit wird er sich nicht beklagen dürfen, aber welche Version seiner selbst bekommen die Haie?
Ein altes Lied in Innsbruck: Der Mangel an Qualitäts-Einheimischen. Heuer hängte Defender Daniel Jakubitzka seine Schuhe an den Nagel, von den Stammkräften sind auch Zintis Zusevics, Sascha Bauer und Kele Steffler nicht mehr dabei. Statt ihnen: Eben Witting, der in Linz kaum zum Zug gekommene Kilian Rappold und Heimkehrer Mario Ebner.
Ist das mehr als nur ein Nullsummenspiel? Wohl eher nicht. Bleibt nur zu hoffen, dass Devin Steffler, Stefan Klassek und Jonas Dobnig einen Leistungssprung hinlegen. Der Kader weist maximal zwölf liga-erfahrene Stürmer aus.
Die Defensive ist wohl der größte Grund zur Besorgnis. Kudla und Moberg müssen als Legionäre halten, Jan Lattner darf heuer wieder hinten ran, seine besten Tage liegen aber schon weit hinter ihm. Danach kommen Steffler, Ebner, Noah Kerber (übertreibt seine Aggressivität mitunter), Winston Frimmel und Elias Stöffler. Die Plätze vier bis sieben sind daher offen, aber niemand dieser Österreicher würde solche Rollen bei anderen Teams einnehmen.
Hier könnte nachgerüstet werden
Das Haie-Management musste schon vor der Saison tätig werden. Der einzige routinierte Legionär Matt Wilkins (von der deutschen Oberliga angefangen in fünf europäischen Ligen tätig) fällt für Wochen aus, mit Sebastian Benker kam ein schlaksiger schwedischer Forward mit Puckträger-Qualitäten. Er hoffte in den letzten Wochen vergeblich auf ein Comeback in Västeras, wo seine Freundin im Floorball aktiv ist...
Ausblick
Mit Ferencvaros und den Pioneers sollten zwei Gegner in Reichweite sein, ein Top-10-Platz wäre allerdings ein Coup. Die beiden Gegner könnten defensiv besser aufgestellt sein, die Haie auf mehr offensive Power hoffen...