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Corona bremst die ICE: Der Status quo

Bernd Freimüller erklärt die aktuelle Lage und wo im Hintergrund nachverhandelt wird:

Corona bremst die ICE: Der Status quo Foto: © GEPA

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Das letzte Eishockey-Wochenende – keines der ursprünglich angesetzten Spiele konnte stattfinden – war der erste Lackmustest für die ICE Hockey League und ihre Regularien. Was gilt derzeit und welche Regeln sind bereits außer Kraft gesetzt?

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller mit einem Überblick:

Das letzte Wochenende

Nur Salzburg, Linz und die Bratislava Capitals waren spielfähig, was zu einem kleinen "Dreier-Turnier" dieser Teams führte. Doch so schnell kann's gehen: Am Samstag hofften die Capitals noch auf ein mögliches Spiel dieser Woche gegen den VSV, am nächsten Morgen lagen schon bei ihnen weitere drei Cracks flach. Einzig Linz und Salzburg kamen unbeschadet aus dem Wochenende.

Die "10&1"-Regel

Vor Saisonbeginn hieß es noch, dass ein Team mit elf fitten Spielern (zehn Skater und ein Goalie) antreten müsse. Problematisch in einer Liga, die diese Regel (schon immer im Gamebook verhaftet) selbst in Prä-Corona-Zeiten schon einmal zugunsten von Bozen außer Kraft gesetzt und damit einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen hatte.

Auch diesmal hatte diese Regel keine lange – bzw. gar keine – Haltedauer. Parallel zum Oster-Erlass der Regierung kam sie schon zum Auftaktwochenende nicht aus den Startlöchern. Wohl auch gut so: Die Teams, die eine Strafverifizierung des Auftaktspiels in Bratislava (Gegner Bozen drehte nach Bekanntwerden von positiven Tests auf halber Strecke um) gefordert hatten, machten danach Bekanntschaft mit dem Virus und waren dann dementsprechend kleinlaut. Immerhin: Bozen, Fehervar und zu einem geringeren Teil Dornbirn traten mit Schrumpf-Kadern an, ehe sie (wieder) w.o. geben mussten. Dass Teams mit Jugendspielern und Kriegsversehrten antreten mussten, kam aber nicht vor.

Was diese Regel auch von Beginn an in Frage stellte, sind die Strukturen der Liga. Organisationen mit Farmteams (Fehervar, KAC, Salzburg, Linz) oder mit theoretischem U20-Nachschub (Innsbruck, VSV) bzw. etwas größeren Kadern (Vienna Capitals) stehen reine Netto-Versionen (Bratislava Capitals, Bozen) gegenüber.

Welche Regeln gelten jetzt?

Eigentlich keine. Zwar kann eine Corona-Kommission (abstimmend: Karl Safron, Lyle Seitz und die Rechtskommission als dritte Stimme) über Absagen entscheiden, aber grundsätzlich wird den Angaben der Teams Glauben geschenkt. "15&1" wurde zuletzt öfters zitiert (Drei Blöcke und ein Goalie), mehr als ein (logischer) Richtwert ist das aber nicht. Weiters diskutiert: Drei oder weniger Corona-Ausfälle dürfen keine Rolle spielen. Da die Teams glaubhaft spielen wollen, wird ihnen Vertrauen entgegengebracht, Strafverifizierungen werden wohl keine stattfinden.

Testen, testen, testen…

Grundsätzlich sind für jedes Team einmal pro Woche teamweite Tests vorgesehen, bei Spielern, die sich unwohl fühlen, natürlich umgehend. Da liegt aber der Hase im Pfeffer begraben: Logischerweise sollen die Tests eher knapp an den Spielen liegen (also Mittwoch oder spätestens Donnerstag). Das soll das Antreten von erkrankten Spielern ersparen, führt dann aber zu kurzfristigen Absagen. So testete Bozen beim geplanten Nachtrag in Bratislava einige Spieler mit Krankheitssymptomen noch Stunden vor dem Spiel in einem Hotel in Bratislava, was dann zur abermaligen Absage führte.

Grundsätzlich hat die Liga für alle ihre Teams Antigen-Tests bestellt. Bei einem (gleich vorliegenden) positiven Ergebnis folgt ein PCR-Test. Mehr als die Hälfte der positiv getesteten Spieler wiesen keine Symptome auf.

Noch sucht die ICE nach einem Gleichgewicht zwischen "Antreten um jeden Preis" und "Vorsicht ist die erste Bürgerpflicht" – eine ausbalancierte Situation wie am Wochenende beim Fußball-Bundesligisten SV Ried, die nach und nach erkrankte Spieler isolierte und trotzdem antrat, wurde noch nicht gefunden.

Das kommende Wochenende

Bei der heutigen Telekonferenz wird die allgemeine Gesundheitslage weiter erörtert. Eine kleine Hoffnung besteht noch bei den Bratislava Capitals, ansonsten kann zur Stunde und bis auf Widerruf nur mit Linz oder Salzburg gerechnet werden. Teams, die gerade erst aus der – behördlich angeordneten – Quarantäne von zehn Tagen kommen, müssen natürlich auch noch Trainings ermöglicht werden. (Update 14:45 Uhr: Alle angesetzten Spiele des Wochenendes sind abgesagt, am Sonntag könnte noch eine einzige Neuansetzung erfolgen, die Entscheidung fällt bis Freitag - HIER nachlesen>>>).

Alle Teams, die gesund sind, sollen weiterhin spielen, Spiele dementsprechend vorverlegt werden. Das könnte zur kuriosen Situation führen, dass Linz und Salzburg am Wochenende bereits ihre vier Spiele gegeneinander absolviert haben, andere Serien dagegen noch gar nicht begonnen haben.

Die Vorverlegung der Spiele ist keineswegs eine ICE-Eigenheit, fand und findet auch in Ligen wie Tschechien (bis zur Unterbrechung) und der Slowakei statt. Grundsätzlich gilt: Ein Team, das ein Heimspiel angesetzt hat, soll auch ein solches bekommen, lediglich der Gegner kann sich ändern. Natürlich soll auch das TV am Freitag und Sonntag mit zwei Spielen befriedigt werden, aber auch das hat seine Grenzen: Eher nicht wahrscheinlich, dass Sky bzw. Puls24 an Spielen zwischen Fehervar und den Bratislava Capitals Interesse hätte.

Die weitere Zukunft

Bei Teams, bei denen sich bereits der Großteil des Kaders infiziert hat (z.B. Bozen oder Graz), kann gehofft werden, das in Zukunft nur mehr einzelne Spieler ausfallen. Allerdings: Auch zwei Quarantänepausen können für ein Team nicht ausgeschlossen werden, schließlich entscheiden die lokalen Gesundheitsbehörden und auch hier gibt es schon Präzedenzfälle aus dem Ausland (Ceske Budejovice).

Derzeit konnten 35 von 50 Spielen plangemäß durchgeführt werden, der Prozentsatz von 70 Prozent wird aber am nächsten Wochenende weiter absinken. Zwei Spiele wurden bis jetzt vorverlegt, von den 15 abgesagten Spielen konnte noch keines nachgeholt werden.

Die kommende Woche – ohne der geplanten Länderspielpause – soll für Nachholtermine genutzt werden. Anfang bis Mitte Dezember muss ein Fazit gezogen werden, ob die Zwischenrunde angestrebt werden kann. Denn von Weihnachten bis zum Dreikönigstag steht das gewohnt dichte Programm an, da besteht für Nachholtermine kein Puffer.

Ebenfalls noch ungeklärt: Wie sieht es mit der Kantinen- bzw. VIP-Klubsituation für die mittlerweile 1.000 zugelassenen Fans in Österreich aus? Beim Fußball herrschten Sonntag bzw. Montag noch völlig divergente Zustände. In der Slowakei und Italien sind derzeit keine Fans zugelassen, in Ungarn 50 Prozent des üblichen Fassungsvermögens.

Kommunikation

Wer ist infiziert? Wie viele Cracks fallen aus? Die Liga gibt diese Infos von sich aus nicht preis, überlässt dies den Teams, wo sich wie so oft der Bogen zwischen offener Kommunikation und Secret Service spannt.

Allerdings: Wenn wie am Wochenende bei einem kurzfristig abgesagten Spiel wie Salzburg gegen Bratislava Capitals nicht einmal angegeben wird, welches Team Probleme hat, wird das Ganze lächerlich. Sollen bei eine Freitagsabsage eines Spiels die Fans beider Teams im Unklaren gelassen werden, ob für den Sonntag die Hoffnung auf ein Spiel besteht oder man schon umplanen kann?

Mit anderen Worten: Wir wissen, dass Cristiano Ronaldo erkrankt ist, der Datenschutz verhindert aber angeblich die Verlautbarung, dass einige Spieler der Bratislava Capitals erkrankt sind? Auch das sollte überdacht werden...

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