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Cole Bardreau: Pustertals heimlicher Erfolgsgarant

Hinter den großen Namen der "Wölfe" geht der US-Amerikaner zunächst etwas unter. Wer Bardreau ist und warum er aktuell allerdings der Erfolgsmotor der Pustertaler ist, analysiert LAOLA1-Scout Bernd Freimüller.

Cole Bardreau: Pustertals heimlicher Erfolgsgarant Foto: © GEPA

Trotz des 1:9-Debakels beim Prestigeduell in Bozen liefert der HC Pustertal bis jetzt eine ausgezeichnete Saison ab und geht als Tabellenführer in die Länderspielpause.

Interessant dabei: Die großen Namen wie Jonathan Blum und vor allem JC Lipon ragen keineswegs heraus, dafür sind Spieler, die mit weniger Pomp empfangen würden, die Leistungsträger.

Ein genauerer Blick auf Center Cole Bardreau, der die Paradelinie mit Henry Bowlby und Nick Saracino anführt.

Seine Karriere

Bardreau ging aus dem US-Nachwuchsprogramm hervor, absolvierte zwischen 2009 und 2011 zwei Spielzeiten in der U17- und U18 am damaligen Stützpunkt in Ann Arbor. Ab 2011 war er dann am College in Cornell aktiv.

Es reichte nie zu einem NHL-Draft, die Philadelphia Flyers nahmen ihn aber nach seinem letzten College-Spiel unter Vertrag, schickten ihn umgehend zum Farmteam der Lehigh Valley Phantoms. Das blieb auch seine Adresse für die nächsten vier Saisonen, ohne dass er je für die Flyers gespielt hätte.

2019/20 dann ein neues NHL-Team mit den New York Islanders. Er sollte in seiner ersten Saison auch zehn Mal für die Islanders zum Einsatz kommen, danach folgte nur noch ein NHL-Spiel 22/23.

Davor und danach war Bardreau ein Fixpunkt im Islanders-Farmteam in Bridgeport – bis 2023 mit NHL-Verträgen, die letzten zwei Saisonen dann mit reinen AHL-Deals. Ein Spieler also, dem

man keine große Verwendbarkeit in der NHL mehr zutraute, ihn allerdings aufgrund seines Charakters als Mentor für junge Prospects durchaus schätzte.

Fast querschnittsgelähmt

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Der heute 32-jährige hatte vor allem zu Beginn seiner Karriere immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, zuletzt zeigte er sich allerdings resistenter, kam auf jeweils 65 bis 70 AHL-Spiele in den letzten drei Saisonen.

Da lag die gruseligste Verletzung allerdings schon weit zurück: Im Jänner 2013 fiel er mit dem Kopf voran in die Bande – genau zwei Tage, nachdem er mit der Goldmedaille von der U20-WM mit den USA zurückkehrte. Er spielte das Spiel zu Ende, als leichte Schmerzen aber auch Tage später nicht zurückgingen, suchte er den Teamdoktor auf, der ihn umgehend ins Spital einliefern ließ.

Die erschreckende Diagnose: Bruch eines Halswirbels. Die sofortige Operation und drei Monate in einem Halskorsett folgten, nach Aussage der Ärzte entging er einer Querschnittlähmung nur mit viel Glück.

Nach einer langen Aufbauphase kehrte Bardreau 2013-14 ins Cornell-Lineup zurück, blieb danach von Spätfolgen verschont.

Seine Karriere in Übersee und sein Wechsel nach Europa

Vier College-Jahre, danach zehn volle Saisonen in der AHL (ohne ECHL-Einsätze) und elf NHL-Spiele. Das ist eigentlich das Profil eines Spielers, der danach vor allem in der DEL gefragt ist, noch dazu, wo er mit 32 Jahren noch einige Saisonen vor sich hat.

Natürlich war und ist Bardreau auch bei DEL-Sportmanagern bekannt, die im Gegensatz zu ihren ICE-Kollegen auch live in der AHL scouten, daher auch jederzeit mit Reports aufwarten können: “Harter Arbeiter mit viel Mut und Grit. Spielt Center und Flügel, vor allem im PK mit viel Eiszeit. Kann im Lineup rauf und runter spielen, zuletzt aber in der vierten Linie eingesetzt.

Wie so viele Spieler, die dann relativ spät nach Europa wechseln: Die letzte Saison war scorertechnisch mit vier Toren und 14 Assists in 65 Spielen die schwächste. Wobei Bardreau nie ein absoluter AHL-Highscorer war - 31 Punkte (bei 15 Toren) 22/23 waren sein Höchstwert, auch im College fielen seine Scorerwerte immer überschaubar aus.

Bardreau war in Übersee also als Arbeiter durchaus geschätzt, doch weitere NHL- oder AHL-Angebote waren keine in Sicht und in Europa konnte er auch keine Spitzenverträge erwarten. Seine Vertragsunterschrift in Bruneck wurde mit Mitte Juli auch erst spät bekanntgegeben, die Free Agency in Übersee war da schon zwei Wochen im Gange.

Seine Rolle beim HC Pustertal

Schon bald nach Saisonbeginn stellte sich heraus, dass die Reihe mit Bowlby, Bardreau und Saracino mehr als nur eine Arbeiter- und Skaterlinie werden sollte. Saracino war aus Asiago und Bozen bereits als körperlich starker Spieler um das Tor herum bekannt. Bowlby, der eigentlich schon fast in Linz gelandet war, kam mit der Reputation eines starken Skaters aus der SHL, hob an der Seite von Bardreau seine Scorerwerte aber auf unerwartete Höhen und bildet mit ihm ein eisläuferisch starkes Duo, das die Eisfläche in kürzester Zeit in Richtung des gegnerischen Tores neigen kann.

Bardreaus Stärken? Er kann dem Gegner stark unter die Haut gehen, beim Auswärtsspiel in Wien etwa eckte er mit fast allen Caps an und ließ auch nicht nach, als er sich eine blutige Nase geholt hatte. In Zweikämpfen hat er meist Abrieb, sprich ist immer nahe beim Gegner und kann mit seinen Beinen und dem Stock Pucks aus dem Verkehr erobern.

Seine Beinarbeit mag an NHL-Maßstäben kombiniert mit seiner durchschnittlichen Größe (1, 81 m/83 kg) nicht reichen, ist aber für hierzulande allemal stark, wenn auch nicht mit Bowlby zu vergleichen. Seine Schrittlänge ist eher kurz, er ist auch ein bisschen ein “Upright Skater”. Wenn er aber zum High Speed ansetzt, macht er freie Flächen am Eis schnell zu.

Überdurchschnittliches Defensivverhalten

Seine größte Stärke: Er versteht es, die Scheibe mit dem Körper abzuschirmen, zeigt dem Gegner in Zweikämpfen oft seine Rückennummer. Insgesamt zog er schon sieben kleine Strafen (bei nur drei eigenen), zuletzt etwa zwei beim Auswärtssieg in Graz.

Dort zeigte er auch, dass er die Scheibe in der Offensivzone lange halten kann, sie aber auch bei Bedarf sofort und schnell weiterspielt. Er ist kein Playmaker per se, hält aber Spielzüge so immer auf Laufen und sieht, wie sich Aktionen entwickeln.

Sein Defensivverhalten ist durch seine Rolle in der AHL überdurchschnittlich: Natürlich wechselt er zwischen F1 (als höchster Forechecker) und F3, aber im Zweifelsfall deckt er die Mitte des Eises zwischen seinen Verteidigern gut ab, verhindert somit Stretchpässe und schnelle Breaks durch die Mitte. Natürlich kommt er im PK zum Einsatz, kann gemeinsam mit Bowlby auch in Unterzahl für höchst gefährliche Gegenangriffe sorgen.

Bei Faceoffs gehört Bardreau zu den besseren Cracks der Liga, die Statistik weist ihn mit 54 % aus. Er nimmt dabei gerne Kontakt mit dem Gegner auf, behindert diesen dabei an der weiteren Spielteilnahme. Bemerkenswert und heute eine Seltenheit: Er führt an allen Anspielpunkten die Faceoffs durch, Bowlby als weiterer Rechter wäre hier aber auch keine Alternative.

Starke Scoringbilanz

Im PP – wo er die Scheibe auch oft ins Angriffsdrittel trägt – gibt der US-Amerikaner den Bumper, bewegt seine Beine sehr gut, wodurch er stets eine Anspielstation ist. Als Rechtsschütze ist er eher von Anspielen von rechts abhängig, wo zuletzt Purdeller Saracino ablöste.

Egal ob im PP oder 5-5: Bardreau kann mit einem schnellen und genauen Schuss scoren, braucht dabei keine lange Vorbereitungszeit auf seinen Schuss. Die meisten Treffer kommen aber aus dem Verkehr aus der Nahdistanz, wo er freien Pucks nachstochert.

PP, PK und als Teil der Paradelinie (insgesamt schon 26 Tore) – natürlich ergibt das viel Eiszeit, er und Bowlby kommen auf mehr als 18 Minuten pro Spiel. Zehn Tore und 13 Assists in 15 Spielen stellen den Teamhöchstwert dar, zumindest wenn man den offiziellen Zahlen folgen will (nicht alle Assists müssen hier stimmen).

Selbst ohne die unerwartet hohen Scorerwerte hätte Bardreau als kampfstarker und defensiv solider Center seinen Wert für den HC Pustertal gehabt, so wurde er aber zum Volltreffer für die "Wölfe". Er, aber auch Travis Barron bei den Black Wings beweisen, dass man mit etwas Geduld nach Beginn der nordamerikanischen Free Agency noch verdammt gute Routiniers abstauben kann...

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