Spitzbübisch lächelt ein junger Mann in die TV-Kamera. Er wirkt etwas nervös, bei seinen Antworten aber abgeklärt - ganz im Stile eines Routiniers.
Und bodenständig präsentiert er sich auch noch. Das ist angesichts des Hypes, der gerade um ihn herrscht, gar nicht einfach.
Von wem hier die Rede ist? Paul Sintschnig.
Jüngster Torschütze und Doppelpacker der ICE-Geschichte
Im Alter von 16 Jahren, 6 Monaten und 16 Tagen hat der gebürtige Klagenfurter am vergangenen Freitag beim 8:3-Sieg des VSV in Linz seine ersten beiden Tore in der win2day ICE Hockey League erzielt. Damit ist der blutjunge Angreifer nicht nur der jüngste Torschütze, sondern auch der jüngste Doppelpacker der Liga-Geschichte.

Am Sonntag legte der Sohn des ehemaligen KAC-Spielers Christian Sintschnig einen weiteren, sehenswerten Treffer in Graz nach und bereitete zudem ein Tor vor. Die blau-weißen Anhänger bedachten ihn dafür mit Sprechchören.
Es ist der vorläufige Höhepunkt in der ganz frischen Profi-Karriere des großen Talents, das nicht nur den Eishockey-Fans in Villach, sondern in ganz Österreich den Kopf verdreht.
Der Plan war ein anderer
Dabei wollten ihn die Villacher in dieser Spielzeit behutsam aufbauen. "Er wird seine Einsätze bekommen, weil er ein guter Spieler ist", kündigte Head Coach Tray Tuomie bereits vor Liga-Start an, gab jedoch zu verstehen, dass man den Youngster keineswegs "verbrennen" wolle. "Er ist noch jung", so das Argument.
Sintschnig, bis zum elften Lebensjahr noch im Nachwuchs des KAC, hat den "Adlern" aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. In der Vorbereitung erspielte er sich mit starken Leistungen und drei Treffern seinen Stammplatz und ließ Tuomie gar keine andere Wahl, als auf ihn zu setzen. Sein hohes Potenzial blitzte bei jedem Einsatz hervor.
"Ich würde lügen, wenn ich nicht selber erkannt hätte, dass ich ein besonderes Talent habe."
So gab der Kärntner beim Saisonauftakt in Budapest sein Profi-Debüt. "Man muss immer dankbar sein für seine Chancen", sieht Sintschnig es nicht als selbstverständlich an, das Vertrauen zu erhalten. Beim Sieg in Graz stand der 16-Jährige in der Schlussphase sogar in Unterzahl auf der Platte und sollte die Führung erfolgreich verteidigen.
Seiner Fähigkeiten bewusst
Er ist sich seiner Fähigkeiten selbst bewusst. "Ich würde lügen, wenn ich nicht selber erkannt hätte, dass ich ein besonderes Talent habe", meint der VSV-Crack in der "Kleinen Zeitung".
Das helfe ihm jedoch nur bedingt. "Ich muss meinen Job für das Team machen und wenn gewisse Dinge dazu beitragen, dass wir gewinnen, habe ich ihn gut erledigt." Das ist ihm zuletzt tadellos gelungen, auch dank seiner neuen Linienkollegen Maximilian Rebernig und Alexander Rauchenwald.
Der Kapitän ist einer seiner größten Mentoren im Team. "Er redet sehr viel mit mir, gibt mir Tipps - wir verstehen uns auch privat gut", sagt der Winger gegenüber der "Krone". Generell versuche er, von jedem Mitspieler zu lernen und wie ein Schwamm alles aufzusaugen.
Ausland? Kein Grund, Villach zu verlassen
Die Lobeshymnen lassen ihn kalt. "Oft bin ich gar nicht zufrieden mit manchen Spielen, obwohl andere sagen, es war gut. Ich bereite mich lange auf Spiele vor, analysiere auch sehr genau", will Sintschnig stets das Beste aus sich herausholen.
Er sieht noch reichlich Verbesserungspotenziale. "Ich muss vor allem an meiner Konstanz arbeiten, über die gesamte Spielzeit auf einem Level spielen. Das fehlt mir noch ein bisschen", erklärt der Linksschütze, der im Sommer im USHL Futures Draft von den Sioux City Musketeers in der vierten Runde gewählt wurde.
"Solange ich mich beim VSV weiterentwickeln kann und Eiszeit erhalte, gibt es für mich auch keinen Grund ins Ausland zu wechseln."
Das ehrte ihn zwar, bewegte ihn jedoch - wie auch zahlreiche andere Angebote aus dem Ausland - nicht dazu, Villach vorzeitig zu verlassen. "Es war für mich nicht vorstellbar, wegzugehen", betont er. "Außerdem: Solange ich mich beim VSV weiterentwickeln kann und Eiszeit erhalte, gibt es für mich auch keinen Grund ins Ausland zu wechseln."
Die Krux mit den sozialen Medien
Sein Name ist längst über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Bei der letzten U20-Weltmeisterschaft der Division IA in Slowenien war Sintschnig als damals 15-Jähriger mit an Bord und avancierte mit einem Treffer gegen Frankreich zum jüngsten Torschützen überhaupt.
Dieses Stück Eishockey-Geschichte verbreitete sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer und machte auch vor dem Jungstar nicht Halt. U20-Teamchef Philipp Pinter, der ihn bereits aus seiner Zeit als Villacher Nachwuchschef kennt, holte ihn tags darauf nach dem 3:1-Sieg gegen Norwegen für ein kurzes Gespräch zur Seite.
Er merkte, dass die Reaktionen Spuren hinterlassen hatten. Pinter erinnert sich gegenüber LAOLA1: "Ich habe ihn gefragt: Wie fühlst du dich? Er war sehr ehrlich und sagte: 'Ich war heute nicht so gut. Ich habe etwas zu viel im Internet gelesen, eigentlich wollte ich es von mir fernhalten, aber das hat mich nervös gemacht. Es tut mir leid.'"
Diese Selbstreflexion beeindruckt den Teamchef. "Ich habe zu ihm gesagt, dass alles gut ist, er einen super Job gemacht hat und wir die Punkte mitgenommen haben. Er war so ehrlich und ist einfach ein lieber Bua."
Wie ein arrivierter Profi am Eis - und daneben
Trotz seiner erst 16 Jahre präsentiert sich der Flügelstürmer auf und abseits der Eisfläche wesentlich älter.
Pinter betont: "Er ist so ein ehrlicher, harter Arbiter, der massive Sprünge macht. Ich bin jedes Mal aufs Neue verwundert, wie gut er sich entwickelt und vor allem, wie reif er mental schon ist. Er denkt das Spiel sehr reif und ist klug genug, dass er sich nicht in gefährliche Situationen bringt."
"Es hat ein halbes Training gedauert, dann war er im zweiten Powerplay und der zweiten Angriffslinie gesetzt. Er war aus der erfolgreichen U18-Mannschaft nicht mehr wegzudenken."
Der ehemalige ÖEHV-Teamspieler führt aus: "Er spielt kein Kinderhockey, sondern wie ein arrivierter Profi und ist körperlich ein sehr guter Athlet. Dazu ist er läuferisch sehr gut und hat einen hohen Hockey-IQ."
Kein Weg an ihm vorbei
Deshalb wurde Sintschnig im April 2024 nur einen Monat nach seinem 15. Geburtstag für die U18-B-WM nominiert. "Es hat ein halbes Training gedauert, dann war er im zweiten Powerplay und der zweiten Angriffslinie gesetzt. Er war aus der erfolgreichen U18-Mannschaft nicht mehr wegzudenken", staunt Pinter, dazumal auch U18-Teamchef.
Im folgenden August hatte der nunmehrige 99ers-Sportdirektor den Klagenfurter für das U20-Nationalteam am Zettel. "Wir wollten ihn da schon testen und waren im engen Austausch mit seiner Familie." Diese äußerte jedoch Zweifel, ob dieser Schritt nicht noch zu groß wäre.
"Ich habe dies sehr ehrlich gefunden und respektiert. Er kommt aus einem guten Elternhaus", sagt Pinter. Im November folgte der nächste Anlauf, diesmal willigte die Familie ein und gab Grünes Licht für die Teilnahme des 15-Jährigen am Vier-Nationen-Turnier gegen die späteren WM-Gegner Norwegen, Dänemark und Lettland.
Das Ergebnis: Sintschnig überzeugte auch hier gegen Spieler, die bereits auf Profi-Einsätze u.a. in der schwedischen Top-Liga SHL verweisen konnten. "Das hat mir imponiert. Er hat im Powerplay sofort eine wichtige Rolle eingenommen, wir haben ihn in Unterzahl getestet, bei 5 gegen 5 - unterm Strich war er in diesem Turnier unser bester Stürmer."
Nicht nur als Mitläufer zur U20-WM
Dies brachte ihm die Nominierung für die U20-WM der Division IA.
"Er hat sich dermaßen aufgedrängt, dass wir ihm die Chance geben mussten - nicht nur als Mitläufer, sondern als Spieler, der den Unterschied ausmachen kann", sagt Pinter und verweist darauf, dass die vor Ort anwesenden NHL-Scouts eigentlich für die späten 2006er- bzw. 2007er-Jahrgänge nach Bled gereist sind.
Stattdessen beobachteten unzählige Augenpaare die Leistungen des Klagenfurters, der als doppelter Underager (Jahrgang 2009) je ein Tor und Assist anschreiben konnte. Phasenweise war es ihm anzumerken, "dass er noch jung und nervös ist", so der U20-Teamchef. "Er hat mitbekommen, dass die halbe NHL da war."
Heiße NHL-Aktie

Aber: "Er ist ein toller Bursche – bodenständig, zielstrebig, freundlich und denkt immer zuerst an das Team. Es gibt für ihn nur den Erfolg der Mannschaft. Wenn er so weiter arbeitet und gesund bleibt, dann hat er eine tolle Zukunft vor sich."
Es könnte bis in die NHL gehen. "Natürlich gehört auch Glück dazu", weiß Pinter, "aber das Feedback von NHL-Experten ist, dass seine Reise ganz nach oben gehen könnte." Für den Draft 2027 gilt Sintschnig bereits als heiße Aktie.
Doch daran verschwendet der 16-Jährige noch keinen Gedanken, er genießt die Momentaufnahme: "Es gehen gerade Kindheitsträume in Erfüllung. Ich will jeden Tag besser werden und schauen, was rauskommt."