news

Michael Raffl: Ist mehr als ein Jahr in Salzburg möglich?

Der ehemalige NHL-Spieler ist nach 14 Jahren zurück in Österreich. Er hofft, das Karriereende noch lange hinausschieben zu können. Interview:

Michael Raffl: Ist mehr als ein Jahr in Salzburg möglich? Foto: © EC Red Bull Salzburg/Gintare Karpaviciute

"Ich hätte für jeden Preis in Salzburg unterschrieben", lächelt Michael Raffl.

Der langjährige NHL-Legionär hat am Donnerstag im Hangar-7 in Salzburg seinen ersten offiziellen Medienauftritt nach seinem Wechsel zu den Red Bulls absolviert.

Die ersten Eindrücke in der Mozartstadt ließen ihn ins Schwärmen geraten. "Die gesamte Organisation, Red Bull, die Betreuer und die Trainingsmöglichkeiten – das ist weltweit allererste Sahne."

Auf den Mann mit 629 NHL-Spielen in seinen Knochen wartet ein besonderes Erlebnis. Zum ersten Mal seit 16 Jahren werden der 36-jährige Villacher und sein drei Jahre älterer Bruder Thomas Raffl für denselben Klub auflaufen.

Beide machen keinen Hehl aus ihrer Vorfreude, seit Michael Raffl Ende Juni in die Mozartstadt übersiedelt ist, verbringen sie praktisch keine Sekunde ohne einander.

Nach der offiziellen Pressekonferenz hat sich der jüngere Sohn von VSV-Legende Peter Raffl ausführlich Zeit genommen und mit LAOLA1 über die ersten Wochen in Salzburg, sein leidgeplagtes Knie und seine eigene Persönlichkeit gesprochen.

LAOLA1: Wie hast du dich in Salzburg bislang eingelebt?

Michael Raffl: Meine Kinder sind im Volksschul- und Kindergartenalter, in der Schweiz waren sie schulpflichtig. Deshalb waren wir bis Ende Juni in der Schweiz, dann sind mein Vater und mein Bruder Thomas nach Lausanne gekommen, haben die Sachen von meiner Wohnung eingepackt und direkt nach Salzburg gebracht. Seitdem verbringe ich Montag bis Donnerstag immer in Salzburg, übers Wochenende fahre ich nach Villach, wo sich meine Familie aktuell aufhält. Sie kommen aber auch ein paar Tage nach Salzburg, schauen sich alles an. Das gibt mir viel Zeit zu trainieren und die Stadt zu erkunden.

LAOLA1: Kommt die Familie für die Saison dann ebenfalls nach Salzburg?

Raffl: Meine Kinder gehen hier in die Schule bzw. in den Kindergarten, die Plätze haben wir gleich nach der Übersiedlung gesucht. Wir haben eine wunderschöne Schule gefunden, einen sympathischen Kindergarten.

LAOLA1: Du wirst erstmals seit 2011 wieder in Österreich spielen. Wie ist das Engagement in Salzburg zustande gekommen?

Raffl: Ich habe mit Salzburg bereits vor der letzten Saison kurz gesprochen, da war es aber mein Ziel, in Lausanne zu bleiben. Das hat geklappt. Manche Sachen ergeben sich einfach, die plant man als Sportler nicht. Eines hat zum Anderen geführt, es war keine schwierige Entscheidung und auch kein langes Verhandeln.

"Ich fühle mich super! Wenn ich die Chance nicht gesehen hätte, noch ein Jahr zu spielen, hätte ich auch nicht unterschrieben."

Michael Raffl

LAOLA1: Du warst Feuer und Flamme für die Aufgabe und die Gelegenheit, mit deinem Bruder Thomas wieder zusammenzuspielen.

Raffl: Ja, das war mein Plan A.

LAOLA1: Und Plan B - wie hätte dieser theoretisch aussehen können?

Raffl: In eine andere Stadt hätte ich meine Familie nicht mehr umgesiedelt. Wir wären wahrscheinlich nach Villach gegangen, ich hätte vielleicht etwas anderes gemacht oder noch ein Jahr Eishockey in Villach gespielt. Doch das ist Hättiwari.

LAOLA1: Du warst seit deiner Rückkehr vor drei Jahren nach Europa von Verletzungen geplagt, musstest zwei Knie-Operationen über dich ergehen lassen. Wie geht es dem Knie?

Raffl: Ich fühle mich super! Wenn ich die Chance nicht gesehen hätte, noch ein Jahr zu spielen, hätte ich auch nicht unterschrieben. Ich wünsche es niemandem, dass er verletzt ist oder so etwas durchmachen muss. Das macht weder Spaß noch Laune, das ist beinharte Arbeit. Das habe ich jetzt hinter mir. Ein riesengroßer Punkt, dass ich in Salzburg gelandet bin, war, dass sie mich für zwei Tage eingeflogen und meinen gesamten Körper durchgecheckt haben. Jetzt wo ich in Salzburg bin, kann ich sagen, dass die Organisation wirklich top ist. Es ist ein Wahnsinn, was hier auf die Beine gestellt wurde. Man hat immer Zugang zu Physiotherapeuten, das sind gleichzeitig auch unglaubliche Menschen und Meister ihres Fachs. Man hat Ärzte, ständige Trainingsmöglichkeiten - man hat alles, was man sich als Spitzensportler wünscht. Sie haben mir das Okay gegeben, dass sie das für ein Jahr machen wollen, somit war ich "ready to go".

LAOLA1: Du hast in einem Interview gesagt, dass du "nie mehr schmerzfrei spielen" kannst.

Raffl: Das war auch in einer Phase, in der ich von einer Verletzung zurückgekommen bin und manche Leute mir gesagt haben, welche Erfahrungen sie mit Verletzungen hatten. Natürlich musst du anders trainieren und andere Schwerpunkte im Training setzen, aber da komme ich wieder auf die Off-Ice-Trainer und Physiotherapeuten hier zurück, die immer ein Auge auf mich haben, denen ich jederzeit Fragen stellen kann, wenn etwas zwickt oder etwas generell nicht funktioniert. So baut man das Ganze für eine neue Saison auf.

LAOLA1: Wie sieht es mit der Belastung im Training bzw. im Spielbetrieb aus?

Raffl: Mit 180 Kilogramm mache ich sicher keine Kniebeugen mehr! Diese Zeiten sind vorbei. Ich freue mich riesig auf die Saison und hoffe, dass ich fit bleibe.

"So wie ich jetzt hier sitze, würde ich gerne so lange Eishockey spielen, bis ich nicht mehr kann."

LAOLA1: Wie knapp standest du zwischenzeitlich vor dem Karriereende?

Raffl: Die letzten zwei Jahre waren schon tricky mit zwei Knie-Operationen. Sechs Wochen auf Krücken herumspazieren, das Ganze wieder aufbauen, damit du die letzten 20 Spiele bestreiten kannst - das macht etwas mit einem Menschen und löst etwas aus. Natürlich ist man am Anfang nicht zufrieden, aber ich finde immer irgendetwas tief in mir drinnen. Ich habe diesen Drang, immer besser werden zu wollen, mich im Fitnessstudio quälen zu können oder die Sachen richtigzumachen, damit ich noch weiterspielen kann, nie verloren. Ich denke, ich spiele so lange Eishockey, bis sie mich wirklich fragen, dass ich bitte aufhöre.

LAOLA1: Das bedeutet, es muss in Salzburg nicht zwingend bei diesem einem Jahr bleiben?

Raffl: So wie ich jetzt hier sitze, würde ich gerne so lange Eishockey spielen, bis ich nicht mehr kann.

LAOLA1: Wie hast du diese Zeit auch mental überwunden?

Raffl: Das belastet eine ganze Familie, wenn du daheim sitzt. Meine Frau, meine Kinder - sie wollten immer, dass ich weitermache. Ich wollte auch weitermachen und es ist nicht selbstverständlich, dass meine Frau mit den Kindern nach Salzburg zieht. Es kann sein, dass es nur ein Jahr so ist. Ich bin froh, solch eine Familie zu haben, die mir den Rücken stärkt und die Entscheidungen mit lebt.

LAOLA1: Nach deinem Abschied aus Österreich hast du freilich viel erlebt, warst in Schweden, der NHL und der Schweiz. Wie hat sich der Mensch Michael Raffl in dieser Zeit verändert?

Raffl: Ich bin eigentlich als Kind weggegangen, natürlich verändert man sich - aber Veränderung ist auch gut und notwendig. Das Schönste an diesem Sport ist, dass du mit so vielen coolen Leuten, tollen Profis und guten Menschen zusammenkommst, von denen du dir immer etwas abschauen und selbst aneignen kannst. Du nimmst die besten Sachen raus und versuchst gleichzeitig, du selbst zu bleiben. So entwickelt man sich weiter, das hört im gesamten Leben nie auf. Man muss sich immer weiterentwickeln.

LAOLA1: Gab es in der NHL eine Person, zu der du aufgeblickt hast und in deinen jungen Jahren eine Art Mentor/Vorbild für dich war?

Raffl: Es hat viele gute Eishockeyspieler und Menschen abseits des Eises gegeben. Am beeindruckendsten war, dass fast immer die besten Eishockeyspieler auch die besten Menschen waren. Das hat mir imponiert. Speziell jemanden hervorheben kann ich nicht, dann wären jetzt viele beleidigt (lacht).

LAOLA1: Wenn man sich zuletzt in Lausanne umgehört hat, war immer von einem extrem guten Menschen, der auch eine Kabine zusammenschweißen kann, die Rede. Doch auch deine Führungsqualitäten wurden hervorgehoben. Sind das Attribute, die man entwickelt? Oder werden die einem in die Wiege gelegt?

Raffl: Das kann ich nicht sagen, aber die Erfahrung und die Entwicklung spielen sicher eine Rolle. Ich war selbst jemand, der neu in eine Kabine gekommen ist und ich habe genau gespürt, wer auf dich zukommt und wie es sich anfühlt, wenn man wenig redet oder jemanden einlädt. Ich weiß, was mir getaugt hat und genau so will ich die anderen auch behandeln.

"Die Jungs hassen es zu verlieren und lieben es zu gewinnen. Das ist ein tödlicher Mix."

LAOLA1: Mit welchen Erwartungen gehst du in dein Jahr in Salzburg?

Raffl: Ich habe die Liga in den letzten Jahren in den Playoffs besonders genau verfolgt. Mir hat imponiert, wie Salzburg spielt. Da merkt man, dass das nicht von einem Trainer oder irgendjemanden von außen kommt, sondern vom Kern der Mannschaft - das ist ansteckend. Die Jungs hassen es zu verlieren und lieben es zu gewinnen. Das ist ein tödlicher Mix.

LAOLA1: Du hast schon einmal erwähnt, dass du keine spezielle Rolle im Team einnehmen, sondern der Typ Spieler sein willst, den die Mannschaft gerade braucht. Darf man behaupten, du bist wie ein Schweizer Taschenmesser?

Raffl: Das musste ich speziell in Nordamerika sein - genau die Rolle einnehmen, die frei war. Ich war schlau genug, das als Mensch und Eishockeyspieler machen zu können. So war es auch die letzten paar Jahre in der Schweiz.

LAOLA1: Wie schätzt du das Niveau der Liga ein?

Raffl: Das Niveau ist gut. Es ist teilweise physisch, aber skilled. Ich muss erst ein paar Spiele machen, dann können wir darüber nochmal reden.

"Ob ich jemals nochmal für das Nationalteam auflaufe, kann ich nicht sagen."

LAOLA1: Mit deiner Rückkehr nach Österreich macht sich natürlich die Hoffnung breit, dass du dem Nationalteam wieder zur Verfügung stehen wirst. Ist das realistisch?

Raffl: Es ist wirklich schwierig. In den letzten drei Jahren lag die Chance bei null Prozent, dass ich das mache. Wenn man durch eine lange, harte Playoff-Serie geht, ist nicht genügend Pause vorhanden. Ich möchte so lange Eishockeyspielen, wie ich kann - ob ich das für acht Spiele in zwölf Tagen riskieren will? Natürlich verfolge ich das Nationalteam, bin stolz auf Thomas und die Jungs. Es macht mir Riesenspaß zuzuschauen. Wenn Erfolg da ist, ist es noch besser für das heimische Eishockey. Ob ich jemals nochmal für das Nationalteam auflaufe, kann ich nicht sagen.

LAOLA1: Gab es diesbezüglich Kontakt mit Teamchef Roger Bader in den letzten Monaten und Jahren?

Raffl: Ich habe ihn in der Schweiz getroffen, er war sogar bei ein paar Spiele und in Villach zu Weihnachten, als ich daheim war. Er weiß, wie es um mich steht und welcher Typ ich bin. Da brauchen wir nicht viel Kontakt.

LAOLA1: Du bist 36 Jahre alt und hast in deiner Karriere außerordentlich viel erlebt. Gibt es einen Moment, auf den du besonders gerne zurückblickst?

Raffl: Es ist schwierig, etwas hervorzuheben. Es ist die Entwicklung der gesamten Karriere, wie die Dinge passiert sind und wieviel ich investiert habe. Es ist irgendwo erfüllend, wenn man später zurückschaut.


RB-Überläufer: Sie sind von Salzburg nach München gegangen

Kommentare