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Kleine Turniere, große Träume - Heimspiel als Karriere-Kick

Wie Österreichs Tennis-Nachwuchs auf heimischem Boden die ersten Schritte Richtung Weltspitze wagt.

Kleine Turniere, große Träume - Heimspiel als Karriere-Kick

Die großen Tennis-Turniere wie das Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle, der Sandplatz-Klassiker in Kitzbühel oder das Frauen-Hallen-Event in Linz sind natürlich jedes Jahr die großen Tennis-Highlights in Österreich.

Wie wichtig aber auch die kleineren internationalen Turniere sind, zeigte sich vor allem in der vergangenen Woche in Tulln und Wien.

Für heimische Spieler ist es die perfekte Möglichkeit, um sowohl erste Erfahrungen auf internationaler Ebene zu sammeln, als auch wichtige Punkte für die jeweiligen Weltranglisten.

Österreichische Erfolge in Tulln und La Ville

So konnte sich Tulln-Halbfinalist Joel Schwärzler um 15 Positionen auf sein neues Career High von 247 verbessern. Viertelfinalist Sandro Kopp machte im ATP-Ranking gar 63 Punkte Ränge gut und ist nun 333. Hinzu kommt der Doppel-Titel von Schwärzler an der Seite von Neil Oberleitner.

Noch erfolgreicher lief es für die ÖTV-Frauen beim "Alpstar Ladies Open" im Wiener Tennisclub La Ville, wo mit der späteren Siegerin Sinja Kraus, Shooting-Star Lilli Tagger und der gerade erst 15 Jahre alt gewordenen Anna Pircher gleich drei Österreicherinnen das Halbfinale erreichten.

"Vor eigenem Publikum zu spielen, ist immer etwas Besonderes. Es macht sehr viel Spaß. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre, im eigenen Land zu spielen", war auch für die sonst in Italien nahe Mailand lebende Tagger das Heimspiel in Wien ein neuerliches Highlight, auch wenn die Amstetten-Finalistin diesmal "schon" im Halbfinale scheiterte.

"Solche Turniere in Österreich zu haben, ist natürlich sehr wichtig", weiß ÖTV-Sportkoordinatorin Marion Maruska, die zugleich auch Kapitänin des Billie-Jean-King-Cup-Teams ist und froh darüber ist, bei diesen seltenen Gelegenheiten "die österreichischen Spielerinnen zu beobachten. Sonst sind sie ja das ganze Jahr in der ganzen Welt unterwegs."

Wichtige Unterstützung für heimische Athleten

Vor allem jedoch ist es für die Spieler und Spielerinnen wichtig, sowohl Turniere auf ITF- als auch auf Challenger-Ebene im eigenen Land zu haben.

Denn eines der größten Probleme von jungen, aufstrebenden Athleten ist es, die hohen Reisekosten auf den internationalen Touren zu decken. Selbst ohne begleitendem Trainer können die Trips von einem Land ins andere ganz schön ins Geld gehen.

Durch die niedrige Einstiegshürde steigt die Chance, dass sich mehr heimische Spielerinnen überregional versuchen und so vielleicht der oder die eine oder andere am Ende vielleicht sogar langfristig bei der WTA- bzw. der ATP-Tour landet.

Doch auch für bereits arriviertere Spieler ist es eine tolle Möglichkeit, kostengünstig und mit niedrigerem Aufwand wichtige Weltranglisten-Punkte zu holen, um sich im Ranking weiter nach vorne arbeiten zu können.

Großes Anliegen von ÖTV-Sportdirektor Melzer

ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer verweist im Gespräch mit LAOLA1 zudem auf "die Möglichkeit von Wild Cards. Joel, Anna, Lilli – die waren alle mit Wild Cards am Start. Die müssten sonst alle in die Qualifikation und das ist natürlich ein Riesengrund, warum wir versuchen, solche Turniere in Österreich stattfinden zu lassen."

Dem 44-jährigen Niederösterreicher, der selbst einmal die Nummer acht der Tennis-Welt war, ist es schon seit Beginn seines Engagements beim heimischen Verband ein großes Anliegen, mehr internationale Turniere im eigenen Land zu haben.

Im Jahr 2025 gibt es immerhin acht ITF-Turniere für Männer, vier für Frauen und drei Challenger-Turniere (Männer) in Österreich.

Niedrigere Einstiegshürde dank der Heim-Turniere

"Diese Turniere sind extrem wichtig", erklärt Oliver Ploner, seit Mai Coach vom Tiroler Top-Talent Anna Pircher (Top-Talent Anna Pircher - was sie so stark macht>>>), im Gespräch mit LAOLA1.

"Für jeden Tennisspieler ist es schön, in der Heimat zu spielen. Tennis ist zudem ein sehr kostenintensiver Sport, vor allem, wenn man am Anfang einer Profi-Karriere steht. Mit dem Preisgeld kann man da die ganzen Kosten nicht abdecken. Das ist sehr schwierig."

Ploner verweist auf Länder wie Spanien und Italien, die es in den vergangenen Jahren geschafft haben, mit vielen Turnieren im eigenen Land diese Einstiegshürde zu senken.

"Die Spanier haben damit begonnen und die Italiener sind nachgezogen. In Italien kann man fast jede Woche ein internationales Profi-Turnier spielen. Der Erfolg gibt ihnen recht. Da muss man sich nur anschauen, wie viele erfolgreiche Italiener neben dem Sinner da auf der Tour unterwegs sind."

Spanien und Italien stechen heraus

Sieht man sich die Zahlen an, sind diese wahrlich beeindruckend. Spanien trägt im Jahr 2025 81 ITF-Turniere sowie 13 Männer-Challenger bzw. fünf Frauen-WTA-125er (das Äquivalent zu den Challengern) aus. Italien kommt auf 62 ITF-Turniere, 19 Challenger und acht WTA-125.

Land

ITF-Männer ITF-Frauen M-Challenger WTA125
Österreich 8 4 3
Tschechien 6 3 4
Slowakei 6 1 2
Italien 32 30 19 8
Spanien 44 37 13 5
Deutschland 16 16 6
Frankreich 25 27 20 5
Portugal 17 16 11 3
Niederlande 6 6 1
Schweiz 5 6 2 1
Kroatien 9 8 2 1
Serbien 23 20
Slowenien 9 9 1
Großbritannien 9 13 6 2
Belgien 5 3 1
Bosnien 5 1
Griechenland 17 13 6
Ungarn 7 3
Polen 7 9 3 1
Schweden 5 4 1
Rumänien 17 19 5 0

Ein Blick auf das ATP-Ranking zeigt die Auswirkungen der großen Turnierdichte: Während Österreich "nur" 26 Spieler in der Weltrangliste vorweisen kann, sind es bei Spanien 90 und bei Italien beeindruckende 155.

Ploner: "Diese Länder haben es geschafft, Turniere für die eigenen Spieler ins eigene Land zu holen. Dadurch haben mehr einheimische Spieler die Möglichkeit, Turniere auf internationalem Niveau zu spielen. Das ist ein sehr bewährtes System. Es wäre auf alle Fälle gut, wenn wir noch ein paar Turniere bekommen würden."

Melzer kann den Wunsch nachvollziehen, betont aber, diesbezüglich realistisch bleiben zu wollen: "Ideal wäre es natürlich, noch mehr Turniere zu bekommen. Es geht immer besser. Im Endeffekt muss man sich aber auch die aktuelle Regierung anschauen – überall wird der Sparstift angesetzt. Das wird nicht leichter werden in Zukunft. Wir sind über jedes Turnier froh, dass wir haben und sind dankbar, dass die Turnierveranstalter das machen."

Schwierige wirtschaftliche Lage

Es klingt schon zwischen den Zeilen durch: Angesichts der prekären Lage in der internationalen Wirtschaft, wird wohl schon der Erhalt des Status quo in der österreichischen Turnierlandschaft eine Herausforderung darstellen.

Schließlich sind die meisten Veranstalter auf zahlungskräftige Unterstützer und Sponsoren angewiesen. Ohne Unterstützung der öffentlichen Hand sind viele Events kaum vorstellbar.

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Tulln (3.500 Zuschauer in der Turnierwoche) und La Ville (2.500 Zuschauer) waren aufgrund der rot-weiß-roten Erfolge und des guten Wetters gut besucht, bei der Kalkulation müssen die Organisatoren aber vorsichtig sein. Ein kollektives Auftakt-Aus der Lokalmatadoren ist schließlich ebenso möglich wie eine Woche Regenwetter.

Je nach Turnier-Kategorie beträgt das Budget zwischen 40.000 Euro (M15 oder W15) und 700.000 Euro (großes Challenger-Turnier). Es hängt vom Veranstalter ab, wieviel Risiko er eingehen möchte.

Salzburg Open endet in Insolvenzverfahren

Im Falle der Salzburg Open, das von 2022 bis 2024 ausgetragene Challenger-Turnier in der Mozartstadt, war das Risiko zu hoch. Anfang des Jahres wurde ein Insolvenzverfahren gegen die Veranstalter-Firma eröffnet. Laut SN-Informationen belief sich die fehlende Summe im niedrigen sechsstelligen Bereich.

Als österreichischer Tennis-Fan kann man nur hoffen, dass Salzburg eine Ausnahme bleiben wird und den heimischen Turnieren eine schöne und lange Zukunft bevorsteht. Die große Bedeutung dieser Events wird viel zu selten hervorgehoben. Es ist der Unterbau einer erfolgreichen Tennis-Szene in der Spitze.

In der kommenden Woche findet übrigens das Challenger-Turnier in Bad Waltersdorf statt (14. bis 21. September). Ein Besuch lohnt sich mit Sicherheit – und wäre eine wichtige Unterstützung des heimischen Tennis-Sports!

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