LAOLA1: Österreich wird bei den Olympischen Spielen im Tischtennis nur im Einzel vertreten sein, im Mixed-Doppel und im Team nicht. Ist das zufriedenstellend oder nach den letzten Jahren doch eine Enttäuschung?
Stefan Fegerl: Dass wir uns bei den Männern im Team nicht qualifiziert haben, war knapp. Schmerzhaft war die Nichtqualifikation bei den Frauen und im Mixed-Doppel. In der Weltrangliste liegen Robert Gardos und Sofia Polcanova unter den besten 16 - und 16 Paare nehmen in Paris teil. Unser Qualifikationsmodus ist komplex. Weil Doppel aus China, Japan, Südkorea und Taiwan beim Qualifikationsturnier angemeldet waren, aber dann abgesagt haben, musste sich unser Duo aktiv qualifizieren, was nicht gelang. Laut Ist-Stand werden wir aber im Einzel die "Sonja" (Spitzname von Sofia Polcanova, Anm.), bei den Frauen dabei haben, das ist unser Zugpferd. Und bei den Männern werden aus heutiger Sicht Daniel Habesohn und Andreas Levenko über die Weltrangliste dabei sein. Da ist aber noch bis 18. Juni Zeit.
LAOLA1: Zwar sind bei jedem Tischtennis-Bewerb nur zwei Chinesinnen bzw. Chinesen dabei, aber eine Medaille ist trotzdem schwer zu erreichen. Kann das mit Sofia Polcanova als Europameisterin dennoch als ein Ziel ausgegeben werden?
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Fegerl: Das wäre ein bisschen forsch und unrealistisch. Aber ihr traue es ihr bei einer guten Auslosung zu. Sie hat so viele gute Ergebnisse geliefert und war mehrmals unter den Top acht großer Turniere. Da ist ein Viertelfinale realistisch. Und dann ist schon sehr viel möglich. Aber im Tischtennis ist es auch eine extreme Sache der Auslosung. Wenn "Sonja" es nicht unter die ersten 16 der Setzung schafft, kann ihr in der dritten Runde eine Chinesin passieren - und dann kann das "Projekt Olympia" auch schneller zu Ende sein.
LAOLA1: Bei den Männern sind Robert Gardos (45 Jahre alt, Anm.) und Daniel Habesohn (37) immer noch die Zugpferde, jetzt rückt langsam Andreas Levenko (25) nach. Wie sieht die mittelfristige Perspektive aus? Wann kommt es zum Generationen-Umbruch?
Fegerl: Wir haben ein, zwei Generationen nach Gardos, Habesohn und auch Liu Jia einfach nicht. Deswegen war es vor drei Jahren unser erster Anspruch, mehr in den Nachwuchs zu investieren. Diese Umstrukturierung war nicht einfach, dass wir mit der Männer-U15 erstmals Vize-Europameister wurden und die Qualifikation für eine Weltmeisterschaft mit nur 12 Teams hat uns aber recht gegeben. Aber die Balance zu finden, was man macht und wann der Nachwuchs reingeschickt wird, braucht auch ein bisschen Fingerspitzengefühl, eine Vision, eine Struktur und Weitblick. Damit beschäftigen wir uns erst, denn jetzt stehen Olympische Spiele und die Heim-Europameisterschaft an.
LAOLA1: Ist die Basis trotzdem schon jetzt nachhaltiger geworden als etwa vor 20 Jahren nach dem WM-Titel von Werner Schlager?
Fegerl: Ich würde es nicht ganz ummünzen. Aber wir haben mehr Möglichkeiten geschaffen. Die Struktur im Nachwuchs gibt mehr Kindern die Möglichkeit, sich zu entfalten. Das war früher nicht ganz der Fall, da war es einfacher gestrickt. Aber im Tischtennis nimmt dir die tägliche harte Arbeit niemand ab. Mit der Generation, die jetzt in den Startlöchern steht, haben wir massives Glück gehabt. Die wird seit drei Jahren massiv gefördert und die ersten Früchte sind rausgekommen. Die wollen wir auch nach Los Angeles 2028, spätestens Brisbane 2032 bringen.
LAOLA1: Ist das Potenzial der vorhandenen Talente groß genug, um Österreichs Level in den nächsten Jahren zu halten?
Fegerl: In den nächsten fünf Jahren muss es die jüngste Generation geschafft haben, konkurrenzfähig zu sein. Wenn das passiert, haben wir ein, zwei Jahrzehnte Zeit. Und es kommt schon die nächste Generation, mit Julian Rzihauschek, Petr Hodina, Benjamin Girlinger und auch Louis (Sohn von Fegerl, Anm.) gibt es vier, fünf Kinder, die international vernünftig vertreten sind. Daher bin ich guter Dinge. Wenn wir sie fördern, werden wir in vier bis acht Jahren als Mannschaft überall dabei sein.
LAOLA1: Wie viel Input können die Eltern als ehemalige Profis (Mutter Li Qiangbing war ebenfalls Nationalspielerin, Anm.) bei Louis geben?
Fegerl: Teilweise zu viel - er hört ja nicht immer auf uns. Es ist nicht einfach, Mutter, Vater und Sohn zu sein, das zu koordinieren und zu kombinieren. Aber es gelingt uns ganz gut. Er hat natürlich gewisse Voraussetzungen, die andere nicht haben, weil wir ihn noch lange sportlich begleiten können. Aber das Training nimmt ihm keiner ab.
LAOLA1: Dass er als Nummer 1 der U11-Weltrangliste ins Jahr ging, ist aber ein Statement seines Potenzials gewesen.
Fegerl: Ich schätze das realistisch ein. Da sind keine Chinesen oder Japaner dabei. Letzten Sommer hat er mit den besten Chinesen trainiert und da war schon zu sehen, dass da noch ein großer Unterschied ist. Es muss schon viel passieren, damit der Abstand geringer wird.