news

Von der Niete zum Jackpot: Vegas' Aufstieg zur Sportstadt

Binnen weniger Jahre hat sich Vegas vom sportlichen Brachland zur Hochburg entwickelt. Ablauf und Gründe dieser Entwicklung:

Von der Niete zum Jackpot: Vegas' Aufstieg zur Sportstadt Foto: © getty

"Sin City". Die Stadt der Sünde. Ein wenig schmeichelhafter Spitzname, der Las Vegas anhaftet.

Ein Image, das nicht von ungefähr kommt. Die Verbindung der Wüstenstadt in Nevada mit den einschlägigen Vergnügungen ist untrennbar, wurde durch die Popkultur in alle Welt getragen und multipliziert. Wer an Glücksspiel denkt, denkt an Vegas.

Und Glücksspiel – das war jahrzehntelang ein heikles Thema in den USA, in den meisten Staaten überhaupt verboten.

Der Sport wollte erst recht nicht anstreifen: Mit welchen Problemen NFL, NBA, NHL und Co. auch regelmäßig konfrontiert werden, Wetten ließen die Integrität des Wettbewerbs in Gefahr erscheinen.

Las Vegas als Stätte einer Franchise? Kein Thema. Zumal der Markt ohnehin zu klein schien, um genug Interesse an einem Team zu generieren.

Nicht die Einheimischen sind der Magnet

Aber Zeiten ändern sich. Mit ihnen Haltungen. Und Städte wachsen. Seit 1990 hat sich die Einwohnerzahl verdreifacht, mit 2,9 Millionen Menschen ist die Metropolregion aktuell vergleichbar mit jener von Chicago.

"Es geht nicht um die zwei oder drei Millionen, die hier leben. Es geht um die 50 Millionen, die hierher kommen."

Tim Leiweke, Frozen-Fury-Veranstalter

Eher unverbindliche Berührungen zwischen Vegas – wie die Stadt von ihren Einwohnern in der Kurzform simpel genannt wird – ließen das Potenzial anklingen.

Zwar scheiterten erste angesiedelte Teams in diversen kleineren Ligen verschiedenster Sportarten gerade am mangelnden Zuschauer-Zuspruch. Naturgemäß arbeitet ein großer Teil der Heimischen in jenen Branchen, die gerade abends und am Wochenende keine Freizeit für ihre Angestellten lassen.

Im Rahmen ganz zur Stadt passender Events wurden aber die Massen angezogen. Seit 1997 hielt die NHL mit dem "Frozen Fury" ein jährliches und stets ausverkauftes Preseason-Spiel in Vegas ab.

Es ist nicht nur das Glücksspiel hier daheim

Die Message war klar: Das Potenzial liegt weniger bei den Einwohnern. Sondern bei den Touristen.

2019, im letzten Jahr vor der Corona-Pandemie, zog Vegas 42 Millionen Besucher an. Damit gehört "Sin City" zu den meistbesuchten Städten der Welt.

Und längst ist es nicht nur das weniger familienfreundliche Entertainment, das sie anzieht. Las Vegas hat sich auch zur Hochburg der Unterhaltungsbranche gewandelt. Und zur solchen zählen sich die großen Sportligen eben dazu.

Mit den Golden Knights schlägt eine ganze Stadt ein

So köchelten die Gerüchte um Expansionen nach Nevada jahrelang dahin. Und bekamen Ende der 2000er-Jahre eine entscheidende Initialzündung.

Mit der Planung und Umsetzung der T-Mobile Arena wurden die Voraussetzungen geschaffen, ein NHL- und NBA-Team zu beherbergen. Und die Businessmänner Bil Foley und George Maloof sahen die Zeit reif, die NHL auf Vollzeit-Basis in die Stadt zu bringen.

Und die Zeit war reif. Bedenken seitens der Liga, dass zu wenig Interesse herrschen könne, wurden mit einem Vorverkauf von Dauerkarten beiseite gewischt. Binnen vier Monaten wurden 10.000 solcher Tickets abgesetzt. Ein Jahr später wurden die Vegas Golden Knights aus der Taufe gehoben.

T-Mobile Arena
Foto: © getty

Die sportliche Erfolgsgeschichte ist bekannt. Schon in der ersten Saison 2017/18 gelang der Einzug ins Stanley-Cup-Finale. Seither gehören die Golden Knights – die in ihrem Namen auch eine Anspielung an die goldenen Nächte einer gewinnbringenden Nacht in Vegas tragen – zu den Spitzenteams der Liga.

Auch 2023 fehlt nur mehr ein Schritt zum erneuten Einzug ins Stanley-Cup-Finale, in den Conference Finals stehen die Dallas Stars gegenüber (Spiel zwei am Sonntag ab 21:00 Uhr im LIVE-Stream>>> bei LAOLA1).

Die begünstigenden Umstände und Gründe für den sportlichen Senkrechtstart erklärte LAOLA1-Experte Bernd Freimüller schon damals ausführlich (HIER nachlesen>>>).

Er sorgte jedenfalls dafür, dass Vegas seine Würdigkeit als Sportstadt der anderen Art schnell unter Beweis stellen konnte. Die Mengen füllen die T-Mobile Arena. Wie erwartet zu einem großen Teil dank der Auswärtsteams, deren Spiele ihre Anhänger mit ein paar Vegas-Tagen verbinden.

Doch auch für die Einwohner wurden die Golden Knights zu einem Zeichen des Aufstiegs ihrer Stadt.

Die Antithese zu Oakland

Und noch zwei Aspekte verhalfen Vegas zum Aufstieg in der Gunst der Mega-Ligen: Das anwesende Geld und der vorhandene Willen, den Teams ein Zuhause zu bieten.

Zwei Voraussetzungen, die andernorts vernachlässigt wurden. Speziell Oakland wird gegenwärtig nicht gut auf Las Vegas zu sprechen sein.

Kein Jahr nach der Gründung der Golden Knights reichten die Raiders den Antrag eines Umzugs nach Vegas ein, wo sie seit 2020 spielen. Dem gingen jahrelange vergebliche Bemühungen zuvor, die Stadt Oakland zu einem neuen Stadion zu bewegen.

In Vegas alles kein Problem. Die öffentliche Hand steuerte sogar 750 Millionen US-Dollar zum 1,9 Milliarden teuren Bau zu.

Allegiant Stadium
Foto: © getty

Kritische Stimmen hätten das Geld lieber anders investiert gesehen, doch die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze und höhere Umsätze für die Hotellerie und letztlich auch die Casinos tönte lauter.

Damit nicht genug: Vor kurzem unterschrieben die Oakland Athletics aus der MLB eine verbindliche Zusage, ein Grundstück zu erwerben und ab 2027 nach Las Vegas zu ziehen. Auch hier war das Ringen mit der Stadt um einen Nachfolger für das Oakland Coliseum einfach zu langwierig.

Binnen weniger Jahre verlor Oakland damit gleich zwei Franchises an Vegas und wird nun zum sportlichen Brachland. Auch San Antonio wurde sein WNBA-Team in diese Richtung los, die nunmehrigen Las Vegas Aces schlugen 2018 in Nevada auf.

Auf einmal ist Glücksspiel nicht mehr so böse

Die Raiders wurden zu einem guten Beispiel, wie die Sportstadt Vegas funktionieren kann. Der Zuschauerschnitt von knapp über 60.000 Besuchern reichte unter den 32 NFL-Teams im ersten Jahr ohne Zuschauerbeschränkungen nur zu Rang 26, beim Profit aus dem Ticketverkauf war das Allegiant Stadium aber ganz vorn dabei.

Rund 60 Prozent der Zuschauer konnten dabei den gegnerischen Teams zugerechnet werden – auch hier bestätigten sich die Erwartungen, dass Las Vegas in erster Linie ein Magnet für auswärtige Sportfans wird, die ihr Geld in die Stadt tragen.

So oder so: Die Bedeutung von Ticketverkäufen hat in Zeiten milliardenschwerer TV-Deals ohnehin gelitten, als schillerndes Vermarktungsinstrument eignet sich die Stadt dafür umso besser.

Fast schon selbsterklärend, dass die noch mehr auf Show getrimmte Football-Liga XFL mit den Vegas Vipers von vornherein ein ansässiges Team im Angebot hat.

Quasi als endgültiges Zeichen des Willkommens hielten NHL und NFL bereits All-Star-Events in Vegas ab, auch der NFL-Draft war 2022 hier zu Gast.

Und was das Verhältnis der US-Ligen zum Glücksspiel betrifft: Das ist auf einmal auch gar nicht mehr so schwierig. Der "Professional and Amateur Sports Protection Act", kurz PASPA, wurde 2018 außer Kraft gesetzt, seither sind Sportwetten landesweit legal. Jetzt wird auch das hier liegende große Geld mit offenen Armen empfangen.

Zwei Höhepunkte als Krönung

In wenigen Monaten wird die Wandlung von Las Vegas zur Sportmetropole zwei vorläufige Höhepunkte erleben.

Mit dem Grand Prix der Formel 1 wird Vegas Mitte November auch das internationale Bühnenlicht so richtig auf sich ziehen.

Das Rennen entlang der Nachtlichter am "Strip" stellt auch für die "Königsklasse" selbst die Krönung der neuen US-Bestrebungen dar. Auch hier wird ganz auf Show getrimmt, mit einer ungewöhnlichen Rennstart-Zeit am Samstagabend zur besten Sendezeit für die Zuschauer in den Staaten – und zum Morgenkaffee für die europäischen Fans.

Zweieinhalb Monate später wird das Allegiant Stadium zum Nabel der US-Sportwelt, wenn mit Super Bowl LVIII erstmals das größte Spiel des Jahres in Las Vegas Station macht.

Es scheint auch nur mehr eine Frage der Zeit zu sein, wann die NBA "einknickt". Laut NBA-Chef Adam Silver steht Vegas ganz oben auf der Liste einer möglichen Expansion, ähnliches gilt für die MLS. Niemand geringerer als LeBron James hat auch Interesse angemeldet, Teilhaber eines möglichen NBA-Teams zu werden.

Binnen zehn Jahren hat sich die Frage, wer sich zuerst nach Las Vegas wagt, zu jener gedreht, wer sich noch ein Ausbleiben leisten kann.

LAOLA1 TV

zum TV-Programm

Kommentare