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Kritik nach Entlassung: Ex-Sprintstar Pistorius ist frei

Fast elf Jahre ist die Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp her, nun wurde Oscar Pistorius auf Bewährung freigelassen. Das sagt die Mutter des Opfers dazu:

Kritik nach Entlassung: Ex-Sprintstar Pistorius ist frei Foto: © getty

Der frühere südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius (37) ist am Freitag auf Bewährung aus der Haft entlassen worden.

Das gab die südafrikanische Strafverfolgungsbehörde in einer kurzen Mitteilung bekannt. Pistorius sei nun "zu Hause", hieß es.

Die Entlassung in eine fünf Jahre dauernde Bewährung erfolgte fast elf Jahre nach der Tötung von Pistorius' damaliger Freundin Reeva Steenkamp. 

Der als Sportidol geltende Pistorius hatte die damals 29-Jährige in der Nacht auf den Valentinstag 2013 mit vier Schüssen durch die Toilettentür seiner Villa getötet. Für die Tat wurde der unterhalb beider Knie amputierte Sprintstar 2014 zunächst zu fünf, später wegen Totschlags zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.

Die Freilassung sorgt nun auch für Kritik. 

Wie Pistorius' künftiges Leben aussehen wird

 

Bilder von Pistorius beim Verlassen des Gefängnisses gab es zunächst nicht: Die Strafverfolgungsbehörde hatte in den Tagen vor der Entlassung betont, Pistorius werde behandelt wie jeder andere auf Bewährung entlassene Häftling.

"Häftlinge und auf Bewährung Entlassene werden niemals zur Schau gestellt", hieß es mit Blick auf all jene, die vielleicht hofften, Pistorius das Gefängnis verlassen zu sehen. "Medien, die außerhalb einer Haftanstalt campieren, werden nicht an ihrer Arbeit gehindert, aber es wird ihnen nicht möglich sein, Bilder oder Videos von Pistorius zu bekommen."

Zahlreiche südafrikanische und internationale Fernsehteams und Fotografen hatten dennoch seit Mitternacht vor dem Gefängnis ausgeharrt. Doch das einzige, was sie zu sehen bekamen, war ein Eingangstor mit Schranke inmitten einer weitläufigen Hügellandschaft, die von einem Zaun umgeben ist. Das tatsächliche Gefängnisgebäude im Norden von Pretoria befand sich weit außerhalb der Reichweite der Kameras.

Zu Pistorius' künftigem Leben ist bisher bekannt, dass er zunächst im Haus seines Onkels leben wird, das er ohne Erlaubnis der Behörden nicht verlassen darf. Seit der Bewilligung der Bewährung musste er in der Haftanstalt ein Reintegrationsprogramm durchlaufen. Zu den Bewährungsauflagen gehören eine Therapie zur Aggressionsbewältigung sowie gemeinnützige Arbeit im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt.

Alkohol ist in der fünfjährigen Bewährungszeit für Pistorius tabu, Drogen sowieso. Der heute 37-Jährige muss zu bestimmten Zeiten zu Hause sein und darf keine Medieninterviews geben.

Mutter des Opfers: "Es kann nie Gerechtigkeit geben"

Eine schriftliche Stellungnahme von Steenkamps Mutter June machte am Freitag deutlich, dass die Wunden der Angehörigen auch nahezu elf Jahre nach dem Tag, an dem "Südafrika seinen Helden Oscar Pistorius verlor", nicht verheilt sind.

Sie und ihr verstorbener Ehemann Barry hätten sich nie mit dem Tod ihrer Tochter abfinden können, schrieb Steenkamp. Das weltweite Medieninteresse an dem Fall "bedeutete den Verlust unserer Privatsphäre und machte es schwierig, in Frieden zu trauern".

Die Bewährungsauflagen seien eine klare Botschaft, dass geschlechtsspezifische Gewalt ernst genommen werde. Dennoch: "Es kann nie Gerechtigkeit geben, wenn ein geliebter Mensch nicht zurückkommt und keine verbüßte Gefängnisstrafe wird Reeva zurückbringen." Es seien die Hinterbliebenen, die in einem solchen Fall "lebenslänglich" hätten.

Unumstritten ist die Freilassung auf Bewährung nicht. Brenda Madumise-Pajibo, Leiterin einer Organisation zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, sprach im südafrikanischen Fernsehsender SABC von einem falschen Signal. Täter, die wegen brutaler geschlechtsspezifischer Straftaten verurteilt würden, sollten keine Möglichkeit erhalten, auf Bewährung freizukommen.

Die Frauenorganisation des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) forderte in einer Stellungnahme, die Bewährungsauflagen für Pistorius sollten sorgsam überwacht werden. "Wir können über die Schwere des Verbrechens von Oscar Pistorius nicht hinwegsehen", hieß es darin.

Die dunklen Seiten hinter dem schönen Schein

Die Bluttat am Valentinstag hatte seinerzeit weit über Südafrika hinaus Aufsehen erregt. Pistorius und Steenkamp galten damals als Glamour-Paar der südafrikanischen Gesellschaft: Der wegen seiner Prothesen als "Blade Runner" bekannte Paralympics-Held und die ebenso schöne wie kluge Steenkamp, ein Model mit abgeschlossenem Jus-Studium. Für manche Südafrikaner war Pistorius aufgrund seiner sportlichen Erfolge der größte Nationalheld des Landes seit Nelson Mandela.

Bei den Paralympischen Spielen 2012 hatte Pistorius auf eigens angefertigten Karbon-Prothesen sechs Goldmedaillen gewonnen. Der Prozess gegen Pistorius dauerte Jahre und ging über mehrere Instanzen, er offenbarte auch die dunklen Seiten hinter dem schönen Schein.

Im Prozess gegen ihn hatte Pistorius ausgesagt, er habe mehrfach gefeuert, weil er hinter der Badezimmertür einen Einbrecher befürchtet habe. Doch die Beweislage sprach gegen ihn.

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