Football-Teamchef Sommer tritt nach EM-Titel überraschend zurück
Der Steirer kritisiert den heimischen Verband AFBÖ. Wertschätzung und Unterstützung hätten gefehlt. Die EM habe viele Personen im Betreuerstab erschöpft.
Knalleffekt im österreichischen Football! Max Sommer ist nicht mehr Teamchef des Nationalteams. Nur zwei Tage nach der EM-Titelverteidigung wird der Rücktritt des Steirers öffentlich. Die "Kleine Zeitung" berichtet am Donnerstag darüber.
"Mir war schon vor geraumer Zeit bewusst, dass ich mein Amt niederlegen werde, wenn die Ziele erreicht sind", sagt der 37-Jährige, der stolz auf die Mannschaft und das Betreuerteam ist. "Wir haben einen neuen Standard für Football in Europa gesetzt."
Am Dienstag verteidigte das AFBÖ-Team in Krefeld mit einem klaren 27:0 über Finnland den 2023 erstmals eroberten EM-Titel. "Das waren sicherlich die zehn schönsten Football-Tage, die ich je erlebt habe", hielt Sommer nach dem Erfolg fest. Er wurde Ende 2019 zum Teamchef befördert.
Für den Titel musste jedoch ein hoher Aufwand betrieben werden. "Wir haben diese Rahmenbedingungen für dieses Turnier geschaffen, in dem wir persönlichen Einsatz eingebracht haben, der ganz viele Personen in diesem Betreuerstab, inklusive mir, über die Maßen erschöpft hat", sagt Sommer.
Widerstände und unprofessionelles Verhalten
Unterstützung und Wertschätzung fehlten demnach aber. Der Steirer kritisiert die AFBÖ-Führung, bestehend aus Sportdirektor, Generalsekretär und Vorstand. Sommer spricht von persönlichen Widerständen und unprofessionellem Verhalten.
In Bezug auf die Professionalisierung des Nationalteam-Projekts habe Verständnis gefehlt. "Und wenn du es dann nicht schaffst, dass du dich auf ein gemeinsames Bild des Projekts einigst, dann muss eben eine der zwei Parteien Konsequenzen ziehen", so Sommer, für den nun die Familie in den Mittelpunkt rückt.
Auch den internationalen Verband IFAF kritisiert Sommer. "Ich wollte das Nationalteam als echtes Zugpferd der österreichischen Sportgesellschaft etablieren. Die Rahmenbedingungen vom internationalen Verband geben das nicht her, und aus den eigenen Verbandsreihen kamen auch keine Impulse, sondern eher Stillstand", sagt er "orf.at".
Österreichs Football-Nationalteam erlebt Umbruch
Für den österreichischen Football wünscht sich der 37-Jährige einen soliden und gut gecoachten Amateurfootball sowie eine semi-professionalisierte Liga, in der sich Talente regelmäßig messen können.
Zudem sollen Österreich und Deutschland nach Sommer mindestens alle zwei Jahre aufeinandertreffen. Jedoch in einem "würdigen Rahmen", dieser sei bei der EM nicht vorhanden gewesen. "Wenn auf einem Spielfeld beide Finalspiele gespielt werden, bei Regen im Oktober, dann ist das ein Schlag ins Gesicht, wenn man versucht, ein professionelles Produkt zu liefern."
Für viele gilt Sommer als Baumeister des Erfolgs des Nationalteams. Seine sportliche Zukunft ist offen, einen Nachfolger gibt es noch nicht. Auf Spieler-Seite beendeten unter anderem Runningback Sandro Platzgummer und Safety Vincent Müller die Laufbahn im Nationalteam, EM-Quarterback Alexander Reischl wechselt zum Flag-Football und spielt damit künftig um seine Chance auf eine Olympia-Teilnahme.
Verband verweist auf angespannte finanzielle Situation
Der AFBÖ gratuliert Sommer in einer Aussendung vom Donnerstag für seine Leistungen, bringt zugleich aber Gegenargumente. Die finanziellen und personellen Ressourcen der Nationalteams seien über einen sogenannten "Coaches Katalog" geregelt. Jener sei Sommer bekannt gewesen und "vor zwei Jahren in Abstimmung mit diesem" erweitert worden.
"Durch die aktuellen Budgetkürzungen im Sport ist die Situation extrem angespannt", heißt es. "Die von Max Sommer geforderte Professionalisierung des Nationalteam-Programms ist in der gewünschten Qualität in einem Amateur-Sport nicht darstellbar."
Die Nationalteam-Programme des AFBÖ seien zudem in Bezug auf den Einsatz der finanziellen Mittel und die Qualität im europäischen Vergleich bereits an der Spitze. So verlange der Verband von den österreichischen Nationalteam-Spielern – anders als etwa bei EM-Finalgegner Finnland – seit zwei Jahren keinen Selbstbehalt. Der österreichische Trainerstab beim EM-Final-Four in Krefeld sei um mehr als ein Drittel größer gewesen als jener bei Finnland.
Der Artikel wurde am Donnerstag um 15:00 Uhr aktualisiert und neu aufgezogen.