"Ich bin ein bisschen überrascht, dass ich hier stehe."
Nico Hülkenberg war mit seinem dritten Platz im Qualifying die Sensation in Silverstone und hat nicht nur sich selbst überrascht. Vor etwas mehr als einer Woche noch war der Deutsche kein Formel-1-Fahrer, am Sonntag geht er in seinem Racing Point nun als erster Mercedes-Jäger in den Jubiläums-GP.
Hülkenberg, der beim Großbritannien-Doppel den an Corona erkrankten Sergio Perez ersetzt, sagt: "Es waren jetzt echt verrückte sieben oder acht Tage. Erst letzte Woche mit dem großen Hoch, zurückzukommen und dann dem Tief am Sonntag. Das war sehr extrem", erinnert er an den Defekt unmittelbar vor Rennstart in der Vorwoche.
Der zweite Anlauf in Silverstone verläuft mit Rang drei im Qualifying bisher vielversprechender. "Das war ein Highlight. Ich habe einen Grinser unter der Maske", lachte der 32-Jährige nach der Quali.
Hülkenberg: "Bin nur ein temporärer Gast"
Im Gegensatz zum vergangenen Wochenende, an dem er sich nach seinem kurzfristigen Comeback nicht wirklich bereit gefühlt habe, sei das Gefühl im Auto nun um einiges besser. "Ich fühle mich im Auto besser, bin sehr viel mehr mit ihm verbunden und viel besser vorbereitet."
Im entscheidenden Qualifying-Abschnitt habe er "einfach nicht viel nachgedacht, habe einfach alles gegeben und versucht, alles aus den Reifen, dem Auto und auch mir selbst rauszuquetschen - was dieses Wochenende auch noch eine Herausforderung ist".
Die Herausforderung wird auch im Rennen am Sonntag nicht kleiner. Nach seinem DNS in der Vorwoche fehlen Hülkenberg viele Anhaltspunkte. "Das wird am Sonntag definitiv schmerzen, diese Erfahrung nicht zu haben und die ganzen Abläufe mit dem Start und allem nicht gehabt zu haben. Aber ich werde tun, was ich kann, um zu versuchen, das Auto da zu halten, wo es hingehört", sagt Hülkenberg.
Heißt so viel wie: Das Podest ist das Ziel!
Dem stimmt auch Andrew Green, technischer Direktor bei Racing Point, zu. "Das ist natürlich das Ziel. Unsere Rennpace war im Training gut und wir glauben, dass wir auf den richtigen Reifen starten."
Hülkenberg selbst tritt etwas auf die Bremse: "Startplatz drei ist auf jeden Fall ein schönes, kleines Highlight. Es ist aber noch nicht an der Zeit, um in Jubel auszubrechen, denn am Sonntag ist der große Tag. Und ich bin natürlich nur ein temporärer Gast hier, also sind die Erwartungen ein bisschen anders. Ich nehme es einfach mit."
Sollte es Hülkenberg tatsächlich gelingen, aufs Podest zu fahren, stünde er zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere auf dem Treppchen. In bisher 177 Rennen war ihm das bis dato nicht geglückt.
Lob von der Konkurrenz
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Vor der Konkurrenz und diversen Experten gibt es schon jetzt großes Lob für "Hülk", der seinen Teamkollegen Lance Stroll klar hinter sich gelassen hat.
"Wenn einer wiederkommt, aus der Teilzeitrente, und er schlägt den Stammfahrer, dann ist das natürlich nicht toll (für den Stammfahrer). Nico hat das super gemacht. Ich glaube, im Rennen kann er noch mehr von seinem Potenzial zeigen, wenn er gut reinkommt", sagt etwa Ex-Pilot und Sky-Experte Ralf Schumacher.
"Hut ab! Wir wissen ja, dass dieses Auto funktioniert - aber ich will da nicht sagen, dass es nur das Auto ist. Da hat er einen echt guten Job gemacht, nachdem er so lang auf der Couch rumgesessen hat", meint Daniel Ricciardo.
Max Verstappen sagt: "Ich freue mich sehr für Nico. Er sollte sowieso Teil der Startaufstellung sein und natürlich hoffe ich, dass ihm das hier jetzt einen Platz für nächstes Jahr bringt."
Perez in Spanien "zu 99 Prozent" wieder zurück
Der Jubiläums-GP in Silverstone scheint vorerst die letzte Möglichkeit für Hülkenberg, sich für ein neuerliches Cockpit in der Königsklasse zu empfehlen. Sergio Perez dürfte nach seiner Infektion mit dem Coronavirus aller Voraussicht nach beim nächsten Grand Prix in einer Woche in Spanien wieder im Auto sitzen. Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer bezifferte die Chancen dafür am Samstag mit "99 Prozent".
Perez hatte diese Woche einen zweiten positiven Test auf Covid-19 abgegeben und verpasst daher am Sonntag in Silverstone sein zweites Rennen in Folge. Laut Szafnauer hat sich Perez am Samstag einem weiteren Test unterzogen, die Ergebnisse sollen am Sonntag vorliegen.
"Ich erwarte, dass er im negativen Bereich ist", sagt der Teamchef. "Ich denke, wenn wir nach Barcelona kommen, wird er im Auto zurück sein." In Montmelo unweit der spanischen Metropole geht nächsten Sonntag (16. August) das sechste Saisonrennen über die Bühne.