Nach zuletzt drei Siegen in Folge setzt es für Ferrari beim Grand Prix von Russland wieder einen Dämpfer. Nach dem Windschatten-Streit in Monza und dem Undercut zuletzt in Singapur sorgt in Sotschi - wieder einmal - eine Teamorder für reichlich Diskussionen.
Der Hintergrund: Sebastian Vettel war gleich beim Start - auch auf offensichtliche Anordnung aus der Box und unter Mithilfe von Teamkollege Charles Leclerc - von der zweiten Reihe aus in Führung gegangen. Nach einigen Diskussionen am Funk forderte Ferrari Vettel auf, Leclerc Platz eins wieder zu überlassen.
Der Deutsche leistete den Anordnungen seines Teams aber nicht Folge und wollte, dass Leclerc erst aufschließt. Nach rundenlangem Hin und Her gab Ferrari den Plan auf, da Lewis Hamilton immer näher kam.
Gerade als Ferrari wie ausgemacht Leclerc via Boxenstopp wieder zurück in Führung gebracht hatte, blieb Vettel aber mit einem Hybridschaden liegen. Mercedes und Hamilton nützten diese neutralisierte Phase, um an Leclerc vorbei zu gehen. Damit war der Rennsieg für Ferrari dahin.
Binotto: Start-Manöver abgesprochen
"Wir haben mit den Fahrern vor dem Rennen gesprochen und vereinbart, dass Charles Sebastian den Windschatten gibt, um sicherzustellen, dass er vor Hamilton kommt. Das hat uns in die beste Position gebracht, um das Rennen zu kontrollieren", erklärt Ferrari-Teamchef Mattio Binotto bei "RTL". "Dann kann man das Rennen so kontrollieren, dass man die Führung so hält, wie man sie haben will."
Er betont, dass es der Plan gewesen sei, die Plätze wieder zurückzutauschen. "Aber Seb war sehr schnell. Wir haben ihn gebeten zu tauschen, denn das war die Absprache, aber Charles war nicht nah genug an ihm dran. Wir haben dann gesehen, dass die beiden gleich schnell waren, und haben ihn vorne gelassen." Daher habe man den Tausch bis zum Boxenstopp verschoben.
Vettel: "Habe meinen Teil der Absprache eingehalten"
"Ich denke, es war ziemlich klar", sagt Vettel auf die Teamorder angesprochen. "Ich habe meinen Teil der Absprache eigentlich eingehalten."
Er habe, vor allem im Vergleich zu Hamilton, einen guten Start erwischt, es im Windschatten an Leclerc vorbei geschafft und dann das Rennen kontrolliert. Deshalb habe er "zu dem Zeitpunkt nicht verstanden", warum er Leclerc so früh vorbeilassen sollte. Darum blieb er auch in Führung. Von Ungehorsam will der viermalige Weltmeister nichts wissen. "Ich habe versucht, mein Rennen zu fahren und bis dahin hat auch alles geklappt."
Viel mehr wollte der Deutsche zur Causa prima aber nicht sagen. "Ich denke, sowas wird dann intern besprochen. Es ist keine große Sache, aber ich möchte das Team im Nachhinein nicht in eine schlechte Position bringen, weil irgendjemand hier oder da was gesagt hat."
Leclerc: "Hatte keinen Zweifel an Absprache"
Auch Leclerc ist mit etwas Abstand nach dem Rennen um Diplomatie bemüht. "Ich hatte keinen Zweifel an der Absprache. Ich hatte komplettes Vertrauen und deshalb hatte ich keinen Grund zu kämpfen", schildert Leclerc die Szene am Start aus seiner Sicht.
Danach musste der Monegasse aber etwas abreißen lassen. "Ich habe versucht, so nah wie möglich dran zu bleiben, aber vor allem in den ersten beiden Sektoren sind die Reifen überhitzt", erklärt Leclerc. "Dann habe ich mich etwas zurückfallen lassen, weil ich hundertprozentiges Vertrauen in das Team hatte, dass wir den Platztausch wie abgemacht vornehmen werden."
Dass just nach dem Undercut in der Box Vettel seinen Ferrari abstellen musste und Hamilton dank der VSC-Phase vor Leclerc bleiben konnte, war aus Sicht des Monegassen schlichtweg Pech.
Leclerc: "Hatten Tempo, um vor Bottas ins Ziel zu kommen"
Dass sich Ferrari in einer weiteren, von George Russel ausgelösten Safety-Car-Phase dazu entschied, Leclerc noch einmal zum Stopp zu holen, darf aber kritisch hinterfragt werden. Denn dadurch verlor Leclerc auch noch Rang zwei an Valtteri Bottas.
"Das Tempo, um vor Valtteri ins Ziel zu kommen, hatten wir auf jeden Fall. Das Hinterherfahren war aber ziemlich knifflig. Sobald man auf rund 1,5 Sekunden dran ist, beginnt alles zu überhitzen", erklärt Leclerc.
Paul di Resta, offizieller Interviewer für die Formel 1, kennt nach Rennende kein Erbarmen und fragt Leclerc gleich, ob er das Vertrauen ins Team verliert. "Ich werde dem Team immer vertrauen", so der Ferrari-Youngster.
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