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Die Wachablöse im Ferrari-Land

Ausgerechnet in Italien scheinen die Rollen bei der Scuderia endgültig vertauscht.

Die Wachablöse im Ferrari-Land Foto: © getty

Der neue Held der Tifosi heißt Charles Leclerc.

Die Scuderia Ferrari feiert beim Grand Prix in Italien in Monza dank des 21-jährigen Monegassen ihren ersten Heimsieg seit neun Jahren, als Fernando Alonso 2010 letztmals eine "Rote Göttin" auf das oberste Podest des Heimrennens lenkte.

Nur eine Woche nach seinem Premieren-Erfolg in Spa-Francorchamps steht Leclerc erneut ganz oben - und vollzieht damit wohl endgültig die Wachablöse innerhalb des Teams. Denn während die Italiener den Newcomer hochleben lassen, muss Sebastian Vettel das Feld einmal mehr mit gesenktem Kopf räumen.

Der Grand Prix im Autodromo di Nazionale Monza wird zu einem Sinnbild der momentanen Kräfteverhältnisse im Team: Während es Leclerc an der Spitze schafft, alle Angriffe beider Mercedes, teilweise auch mit harten Bandagen, abzuwehren, macht der Vierfach-Weltmeister einen einfachen Fahrfehler, der fast zum Desaster einer schweren Kollision mit Lance Stroll führt.

Beschädigtes Auto, Stop-and-Go-Strafe, ruiniertes Rennen, keine Punkte.

Nur zu passend, dass ausgerechnet mit diesem Wochenende auch in der Weltmeisterschafts-Wertung Leclerc zur Nummer eins Ferraris wird und nur mehr knapp hinter dem drittplatzierten Max Verstappen liegt.

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Leclerc auf Hamiltons Spuren

"Wenn es nur ein Rennen gibt, das du mit Ferrari gewinnen könntest, dann sollte es dieser Grand Prix von Italien sein", schwärmt Leclerc über seinen bisher größten Erfolg. "Vom Start der Woche weg war es einfach verrückt - ich kam mit meinem ersten Sieg im Gepäck her, und gleich hier vor diesen Fans den zweiten zu feiern, ist einfach unglaublich."

Die Vorstellung, die Leclerc ein paar Kilometer nördlich von Mailand abliefert, ist nicht fehlerfrei. Eine Verwarnung der Stewards nach einer harten Verteidigung gegen Lewis Hamilton, dazu ein Verbremser, der fast die Führung kostet, aber ungestraft bleibt - den Tifosi auf den Rängen stockt im Laufe des Rennens nicht nur einmal der Atem.

"Ich muss auf meine Fehler achten, auch wenn mich heute keiner davon einen Platz gekostet hat", weiß auch der frischgebackene Doppelsieger. Seit Lewis Hamilton gelang es keinem Premierensieger in der Königsklasse mehr, seinem ersten Sieg gleich beim folgenden Rennen den zweiten folgen zu lassen.

"Ich habe mir so etwas wie hier zuvor nie vorgestellt, ja nicht einmal erträumt", schwebt die neue Hoffnung Ferraris auf erfolgreichere Zeiten auf Wolke sieben.

Ferrari gibt Vettel nicht auf

Des einen Freud, des anderen Leid. Schon das Qualifying-Ergebnis sah für Sebastian Vettel, der sich hinter den beiden Mercedes und seinem Teamkollegen auf Rang vier einreihen musste, nicht gut aus. Der frühe Fehler im Rennen und die verpassten Punkte werden negativ im Gedächtnis bleiben.

Nach starken Vorstellungen in den Wintertests ging Ferrari als Favorit in die Saison, mit Sebastian Vettel als Nummer eins, die den Angriff auf den ersten WM-Titel seit 2007 anführen sollte - nun ist es nicht nur die bisherige Übermacht der Mercedes, die den Deutschen weit von seinem fünften WM-Triumph entfernt.

Vettel kollidiert mit Stroll
Foto: © getty

Profitierte Vettel zu Beginn des Jahres hin und wieder noch von Stall-Anordnungen zu seinen Gunsten, wird er im letzten Drittel der Saison im Zweifelsfall wohl den Platz für Leclerc räumen müssen, um das Jahr 2019 auch ohne Titel - der kaum mehr in Reichweite erscheint - zu einem brauchbaren Ende für Ferrari zu bringen.

"Das Ergebnis hier ist gut für das Team, aber nicht so gut für mich. Ich war vor dem Rennen guter Dinge, aber der Fehler hat uns das Rennen gekostet. Das war kein sonderlich guter Tag", sagt ein zerknirschter Vettel über seinen Italien-GP.

Das Team geht mit seinem Star noch nicht hart ins Gericht - vielleicht auch, um den roten Jubeltag kein Stück zu trüben: "Es ist schade, aber Teil des Motorsports. Wir werden mit ihm darüber reden und ihn aufbauen, das ist wichtig für ihn und für uns", meint Teamchef Mattia Binotto.

Die Gelegenheiten, den Vierfach-Weltmeister wieder zur alten Stärke zu bringen, werden aber nicht besser. Nicht nur, dass ihm der aufstrebende Jungstar im Team momentan um die Ohren fährt - mit dem Grand Prix von Singapur steht in zwei Wochen ein Rennen an, das den Stärken Ferraris nicht unbedingt entgegenkommt.

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