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So rechtfertigt Wolff die Mercedes-Teamorder

Eigener Fehler zwang Mercedes, Versprechen gegenüber Bottas zu brechen:

So rechtfertigt Wolff die Mercedes-Teamorder Foto: © getty

Doppelsieg und die Führung in beiden WM-Wertungen ausgebaut. Freudige Gesichter suchte man bei Mercedes nach dem GP von Russland (Rennbericht) allerdings vergeblich. 

Die Tatsache, dass die Silbernen Pole-Setter Valtteri Bottas mit der Teamorder zugunsten von WM-Leader Lewis Hamilton um den Sieg brachten, schlug allen Beteiligten aufs Gemüt. 

"Wir haben Platz eins und zwei und es fühlt sich einfach nicht richtig an", gibt Teamchef Toto Wolff nach dem Rennen im ORF-Interview zu. Doch der Wiener rechtfertigt die "unpopuläre" Entscheidung, die Hamilton in der WM letztlich den komfotablen Vorsprung von nun 50 Punkten bescherte. 

Mercedes bricht nach Eigen-Fehler Versprechen

Ursprünglich hatte Mercedes Pole-Setter Bottas den Sieg versprochen, sollte er nach dem Start noch in Führung liegen, wie Wolff verrät. "Wir haben es in der Früh diskutiert und haben gesagt: 'Wenn du vorne in Führung liegst, dann fahren wir das auch so zu Ende'. Doch dann passiert das Rennen und alles ist anders. So ist es heute geschehen."

Damit spricht der Wiener den von Mercedes falsch getimten Boxenstopp von Hamilton und den anschließenden Platzverlust gegen Vettel an.

"Wir haben als Team den Fehler gemacht, sodass Lewis nach dem Stopp hinter Vettel rausgekommen ist. Wir sind eine Runde zu spät rein gekommen, der Reifen hat genau in der Runde abgebaut. Dadurch hat Lewis attackieren müssen, um Sebastian zu überholen und hat dann Valtteri attackiert. Dadurch hat er hinten am Reifen eine Blase aufgerissen und plötzlich war Sebastian da", erklärt Wolff. 

"Da kann man sagen: 'Selbst schuld'. Aber im Sinne der Meisterschaft muss man diesen Call machen", rechtfertigt der Teamchef die Anweisung an Bottas, seinen Teamkollegen passieren zu lassen. Man hätte Hamilton vor Vettel "schützen" müssen. 

"Wir haben unseren Vorsprung in der WM um sieben weitere Punkte ausgebaut haben – in einer Saison, die bisher manchmal sehr schwierig war. Da musst du das einfach mitnehmen. Genau das haben wir heute getan. Es fühlt sich nicht richtig an, aber vielleicht muss man in solchen Situationen einfach langfristig auf die Meisterschaft schauen", so Wolff.

Bottas-Wunsch wird nicht erfüllt 

"Wenn Lewis nicht diese Blase auf dem Reifen gehabt hätte und so unter Druck gestanden wäre, dann hätten wir das Ergebnis so gelassen."

Toto Wolff

Bei RTL versichert er klipp und klar: "Wenn Lewis nicht diese Blase auf dem Reifen gehabt hätte und so unter Druck gestanden wäre, dann hätten wir das Ergebnis so gelassen." Denn: "Wir sind alle Racer und da willst du, dass der gewinnt, der der Schnellste auf der Strecke war. Das war heute Valtteri und er hätte es verdient gehabt."

Das wird für Bottas nur ein schwacher Trost sein. Der Finne warf nach dem Rennen einen ganz genauen Blick auf Hamiltons Reifen, auf denen sehr wohl Blasen zu erkennen waren. 

"Es ist natürlich ein gutes Ergebnis für das Team. Wir haben die maximalen Punkte erzielt. Doch für mich persönlich war es ein ziemlich schwieriges Rennen. Lewis kämpft um den Titel und wir um den Konstrukteurstitel. Wir haben immer einen Plan, aber es ist auch schwierig, vorherzusagen, was im Rennen dann passiert. Aber so ist es jetzt eben", kommentiert der sichtlich enttäuschte Bottas das Rennen. 

Kurz vor Rennende, als der Doppelsieg nicht mehr in Gefahr war, hatte er per Funk nochmal den Wunsch geäußert, dass er und Hamilton die Plätze wieder zurücktauschen sollen. Dieser Wunsch wurde ihm allerdings von seinem Team nicht erfüllt. 

"Das kann man nicht machen. Man kann in dieser Situation die sieben Punkte nicht herschenken, auch wenn man als Fan oder als Racer sowas nicht sehen möchte. Als Rennfahrer kann ich verstehen, was jetzt in Valtteri vorgeht. Da hilft alles sprechen nicht", sagt Wolff. 

Hamilton: "Ich wollte das nicht" 

Auch Sieger Hamilton tat sich nach dem Rennen schwer, Worte zu finden. "Es ist ein seltsames Gefühl. Valtteri hat das ganze Wochenende über fantastische Arbeit geleistet. Er hat sich wie ein wahrer Gentleman verhalten, indem er mich durchgelassen hat. Er hätte den Sieg verdient. So wollte ich noch nie ein Rennen gewinnen", sagt der Brite.

Und er erklärt: "Als ich die Info (zum Überholen von Bottas, Anm.) bekam, sagte ich: 'Sagt ihm einfach, er soll schneller fahren.' Ich wollte das nicht. Valtteri zu überholen fühlte sich nicht gut an."

Deshalb bot der WM-Leader nach dem insgesamt 70. GP-Sieg seiner Karriere Bottas auf dem Podest auch den Siegerpokal an, doch dieser lehnte ab. Hamilton holte ihn daraufhin zumindest auf das oberste Treppchen des Podests - wofür es wegen Verstoßes gegen die Podestordnung der Formel 1 noch eine Strafe geben könnte. 

Unterm Strich verlassen alle Beteiligten bei Mercedes Russland wohl mit keinem allzu guten Gefühl. Nicht umsonst meint Toto Wolff: "Ich glaube an Karma und ich hoffe, es beißt uns nicht."

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