Ich kann natürlich nur mutmaßen, aber ich habe den Verdacht, dass im und rund um den ÖFB einige Herrschaften gerade hochgradig nervös sind.

Denn der Verlauf dieser ÖFB-Woche war von so manchem verbandsinternen „Revoluzzer“ wohl anders choreographiert. Völlig anders.

Aber erst kam Marc Janko. Dann kam Marko Arnautovic.

Und dann kam die Enthüllung, dass die Bestellung von Peter Schöttel als Nachfolger des in Ungnade gefallenen Sportdirektors Willi Ruttensteiner schon feststehen soll, obwohl diese Frage doch offiziell erst bei der Präsidiumssitzung am Samstag in Wien erörtert werden hätte sollen.

Blöd gelaufen!

Denn wenn der kolportierte Plan einer Ruttensteiner-Ablöse nun eins zu eins durchgezogen wird, dann sind jene Kräfte im ÖFB, die seit Wochen und Monaten ein brisantes Machtspielchen betreiben, auf frischer Tat ertappt worden.

Denn offiziell sollte Ruttensteiner am Samstag, der immer mehr zum Schicksalstag für den österreichischen Fußball wird, ja erst seine Analyse der sportlichen Talfahrt, mit der er beauftragt wurde, präsentieren.

Und hier sind wir bei der – zugegeben kleinen - Chance, die sich aus den Geschehnissen der letzten Tage ergibt. Vielleicht setzen sich – möglicherweise auch motiviert durch die Hinweise der Spieler – die vernünftigen Kräfte, die es in diesem „ÖFB-Zirkus“ sehr wohl gibt, noch zur Wehr. Spät, aber doch.

Denn wer möchte schon Teil „beschämender Grabenkämpfe“ sein, wie es Janko so schön auf den Punkt gebracht hat? Wer will sich fragen lassen, was Ruttensteiner verbrochen habe? Wer will sich fragen lassen, worum es den Entscheidungsträgern wirklich gehe?

Die letzte Frage Jankos ist bekanntlich die entscheidende. Ich bleibe dabei: Man hätte angesichts der sportlichen Talfahrt über die Sinnhaftigkeit einer weiteren Zusammenarbeit mit Koller diskutieren müssen. Man kann auch über Ruttensteiners Rolle und Aufgabengebiet diskutieren – ich persönlich hielte es für eine gute Idee, einen Teammanager zu installieren.

Aber bitteschön aus den richtigen Motiven!

Persönliche Eitelkeiten und nicht beglichene Rechnungen auf zwischenmenschlicher Ebene, die derzeit offenbar eine viel zu große Rolle spielen, gehören hierbei definitiv nicht dazu. Sollte dies stimmen, wäre es als Entscheidungsgrundlage erstens peinlich und zweitens eine Gemeinheit.

Wie die Entscheidungsprozesse im ÖFB im Kalenderjahr 2017 ohnehin zum Himmel stinken, und dies fängt ganz oben an.

Bei Leo Windtner. Dem „Präsidenten“ (die Anführungszeichen müssen bis zum Gegenbeweis, dass es sich hier tatsächlich noch um den starken Mann im ÖFB handelt, leider sein).

Der „Präsident“ eröffnete sein Albtraum-Jahr damit, dass er den langjährigen Pressesprecher Wolfgang Gramann auf Geheiß diverser Landespräsidenten opferte. Ein Kniefall auf dem Weg zu seiner „Wiederwahl“, die bekanntlich zur Farce wurde und die sich der Oberösterreicher dank diverser Zugeständnisse teuer erkauft (nicht im monetären Sinn) hat.

Unliebsame Mitarbeiter weg, der „Präsident“ entscheidend geschwächt, der Teamchef weg – Ruttensteiner wäre so gesehen nur noch die letzte Personalie auf dieser Liste, die es im wahrsten Sinne des Wortes zu erledigen gilt.

Und keiner möge behaupten, dies kommt aus heiterem Himmel. Dies sind alles Umstände und Szenarien, die schon das ganze Jahr kursieren – auch medial.

Lediglich gestoppt wurde diese „Meuterei von innen“ nicht – leider auch, weil es die Mannschaft, die es auf sportlichem Wege am ehesten in der Hand gehabt hätte, nicht auf die Reihe gebracht hat.

Dass sich die ÖFB-Kicker jetzt auf die Hinterbeine stellen, ist dennoch wertvoll und wichtig.

Janko und Arnautovic legten bei ihrer Kritik eine Diskussionskultur und Fachlichkeit an den Tag, wie sie so manch anderer Beteiligter an diesem Kasperltheater nicht einmal im Traum zustandegebracht hätte.

Offen, clever, sachlich, mit Argumenten agierend und auch selbstkritisch – denn natürlich ist es ein Killer-Argument von Arnautovic, wenn er sich fragt, warum der Teamchef und der Sportdirektor angesichts der sportlichen Talfahrt unter Druck gesetzt werden, aber die Spieler nicht.

Er wundert sich, warum keiner dieser Herrschaften darüber mit den Spielern spricht. Mutmaßliche Antwort: Gerade gibt es keine Gelegenheit, sich in ihrer Gegenwart zu sonnen.

Wie dem auch sei: Die ÖFB-Spieler trauen sich, diese Debatte auf offener Bühne zu führen, während der fragwürdige (Kommunikations-)Stil so mancher Landespräsidenten in den vergangenen Wochen recht gut dokumentiert ist.

Sollte auch nur ein ÖFB-Funktionär, der ansonsten ungerne aus der Deckung geht, ein Problem mit der Vorgehensweise der Spieler haben, wäre dies eine Frechheit.

Noch gebe es – rein theoretisch - die Gelegenheit, umzudenken. Noch hat jedes Präsidiumsmitglied die Chance, in sich zu gehen und zu hinterfragen, ob die Herangehensweise im Kalenderjahr 2017 der Weisheit letzter Schluss war und ob es sich tatsächlich noch in den Spiegel schauen kann.

Sollte Ruttensteiner tatsächlich auf diese Art und Weise abmontiert werden, wird sein Nachfolger eine Zeit lang damit beschäftigt sein, zu beweisen, dass er keine Marionette von Gnaden der treibenden Kräfte unter den Landespräsidenten ist. Und er kann gerne bei seinem „Präsidenten“ nachfragen, wie es sich mit diesem Ruf lebt.

Natürlich müsste man jeder neu installierten Person die Chance geben, sich zu emanzipieren und mit guter Arbeit zu glänzen – der Fehler vieler „Haberer“, dies einst bei Marcel Koller nicht zu tun und seine Bestellung zu verurteilen, ist zu vermeiden.

Die Umstände der Bestellung eines neuen Sportdirektors dürfte man im Fall der Fälle jedoch mehr als hinterfragen.

Gegen Ruttensteiner hat sich laut „Kurier“ eine Mehrheit unter den Landespräsidenten gebildet. Dass der "Präsident" im selben Atemzug, in dem er Schöttel als Kandidaten bestätigt, von einer „professionellen Task Force“, die ein Hearing durchgeführt hätte, spricht, gleicht auf dem ersten Blick einem Witz. Einem richtig schlechten Witz.

Wer gehört dieser ominösen Task Force an? War jemand mit Fußball-Sachverstand dabei? Wer waren/sind die anderen Kandidaten dieses Hearings? Warum die Heimlichtuerei? Und warum hat man es Präsidiumsmitglied Markus Kraetschmer verschwiegen, der ja angeblich nichts weiß?

Professionell geht anders.

Ich hoffe mal, dass diese „professionelle Task Force“ nicht aus Landesfürsten besteht und Schöttel nicht der einzige Kandidat war, weil er praktischerweise als U19-Teamchef eh schon im ÖFB war. Denn dann ist der Verdacht der Seilschaft nicht mehr weit.

Eine Rückkehr der Freunderlwirtschaft in den ÖFB wäre nach einigen Jahren der sportlichen Professionalität ein Unding.

Das größte Unding ist jedoch, dass es der ÖFB einfach nicht hinbekommt, einen sportlichen Rückschritt als solchen hinzunehmen, sachlich aufzuarbeiten, die richtigen Schlüsse zu ziehen und den nächsten Anlauf zu starten.

Stattdessen reicht eine verpatzte Qualifikation, um den Selbstzerstörungsmechanismus einzuschalten. Dass man sich medial den Vorwurf gefallen lassen muss, dass dieser Verband ein Scherbenhaufen ist, hat man nur einem zuzuschreiben: sich selbst. Konkreter: Dem „Präsidenten“ und seinen neuen „Chefs“ aus den Landesverbänden.

Und dass dies nicht anders hinzukriegen ist, stimmt einfach nicht. Diesen Gedanken darf man nicht hinnehmen und niemals akzeptieren, wenn man nicht den Glauben an zumindest einen Funken Professionalität verloren hat - auch wenn die charakterliche Großwetterlage rund um den Fußballbund zugegeben bisweilen turbulent ist.

Denn dass sich Janko wundert, wer jetzt alles aus den Löchern kriecht, der „sehr, sehr lange sehr, sehr still“ war, ist mehr als verständlich.

Ich weiß nicht, wen der Goalgetter konkret im Sinn hatte, aber mir fiel sofort Hannes Kartnig und sein ORF-Interview zum Nationalteam in der letzten Woche ein.

„Der Präsident Hübel wird das schon machen“, betonte der Ex-Häftling darin zur Teamchef-Frage, in der Andreas Herzog für ihn der große Favorit ist.

Gut, Herbert Hübel ist „nur“ Landespräsident in Salzburg. Jener Mann, der sich in der „Krone“ wiefolgt zitieren ließ: „Wenn ich den Windtner nur anseh, wird er blass.“

Dies möge jeder interpretieren, wie er will. Aber nur zur Erinnerung: Hier handelt es sich um jene Fachkräfte, die gerade die wichtigsten Jobs in Fußball-Österreich vergeben.

Zumindest, sofern die Entscheidung nicht ohnehin bereits gefallen ist und die Herren bei ihren fragwürdigen Machenschaften ertappt wurden…





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