"Die Frage kommt seit vier Jahren" - auch diesmal hatte Marko Arnautovic nur darauf gewartet.
Mit 41 Toren für das ÖFB-Team fehlen dem 36-Jährigen noch drei Treffer, um Toni Polster in der ewigen Torschützenliste abzufangen. Rein theoretisch schon in den WM-Qualifikationsspielen gegen San Marino und in Rumänien kein unmögliches Unterfangen.
"Artig gratulieren" werde Polster seinem möglichen Nachfolger, wenn ihm das Überholmanöver gelingt. "Ich werde mich artig freuen", entgegnet Arnautovic. Der den Rekord nehmen, aber nicht gegen eine WM-Teilnahme eintauschen würde. Er kann ja auch beides haben.
Trotz der nervigen Frage scheint der ÖFB-Stürmer aber gut aufgelegt zu sein. Die ersten Wochen in Belgrad bei Roter Stern liefen ja nicht zu schlecht, auch wenn Kleinigkeiten da und dort mal Einsätze verhindern. Am Sonntag wurde Arnautovic abgesprochen geschont, in Wien kam er dazu mit Magen-Darm-Beschwerden und einer leichten Verkühlung an.
Aber nichts, was ihn aufhalten werde.
Auch nicht gemocht zu werden kann schön sein
Es ist auch eine Art der Ankunft gewesen. Nicht Wien wurde es, wohin er auch "gerne zurückgekehrt" wäre. Sondern Serbien, häufige Urlaubsdestination der Kindheit, die persönliche Verbindung zum Land ist ohnehin bekannt.
Und jene zum Klub Roter Stern. Ein Versprechen an den verstorbenen Ex-Trainer Sinisa Mihajlovic, einmal dorthin zu wechseln, ist eingelöst.
"Mein Vater hat mir früher den Ball nie weggenommen. Warum sollte ich meiner Tochter das Pferd wegnehmen?"
Fußballerisch eine neue Welt für Arnautovic, der in seiner bisherigen Karriere durchaus Größeres gewöhnt war. "Dass da jetzt kein San Siro steht, war mir klar. Aber man muss einfach spielen. Man respektiert jede Mannschaft. Das sind halt keine großen Klubs. Aber ich muss sagen: Wenn man in Auswärtsspiele geht, ist es schon ein gutes, ein schönes Gefühl, mal dort zu sein."
Selbst dort, wo man als Roter-Stern-Spieler nicht so gern gesehen ist. Bei Partizan sowieso. Aber auch in Pazar, der bislang einzigen echten Auswärtsfahrt, die Arnautovic in der Liga mitmachen konnte.
Das Pferd wie damals der Ball
Und das alles, obwohl der Landeswechsel mit einer vorläufigen Trennung von der Familie einherging. Die Kinder seien zwar nun im Homeschooling, um längere Besuche in Serbien zu ermöglichen. Ganz aus dem gewohnten Umfeld herausgerissen werden sollten die beiden Töchter aber nicht.
Insbesondere Emilia, deren Sprungreit-Karriere gerade in Schwung kommt. "Ich habe das mit meiner Frau so abgeklärt: Eigentlich wollten wir zusammenleben, aber das ist ein bisschen schwierig mit den Pferden."
Die sind nämlich in Bologna untergebracht. "Mein Vater hat mir früher nie den Ball weggenommen. Warum sollte ich meiner Tochter das Pferd wegnehmen?", blickt Arnautovic auch auf die Türen, die für seine nächste Generation gerade aufgehen.
Da könnte der Papa gerade kaum stolzer sein: "Vor zwei Tagen musste sie von 127 Teilnehmern unter den ersten Zwölf sein und wurde Neunte. Jetzt ist sie qualifiziert für eines der größten Turniere der Welt. Sie hat sich qualifiziert - wie wir uns hoffentlich einmal für die WM qualifizieren", wird Emilia sogar zum Vorbild.
Einfach fest genug schießen
Arnautovic kann seines beitragen, muss dafür auch nicht hoch springen - nur hart schießen, wie er es bei seinen Toren bevorzugt macht. "Sabi (Marcel Sabitzer, Anm.) attackiert mich dafür immer wieder: 'Warum musst du mit 100.000 km/h auf's Tor schießen? Aber das kommt bei mir in diesem Moment. Das ist vielleicht etwas, was mir 'fehlt'", meint der Routinier über diese vermeintliche "Schwäche".
"In diesem Moment denkst du gar nicht mehr nach. Wenn du vor dem Tor zu viel zu denken beginnst, verlierst du den Ball oder machst die Chance nicht rein. Und ich habe immer das Gefühl, je stärker ich schieße, desto besser ist es."
Für eine angestrebte WM-Qualifikation wird es egal sein, wie hart der Ball einschlägt, solange er es tut. Je mehr Tore Arnautovic schießt, desto schneller ist er die lästige Frage nach dem Torrekord los.
Und Emilia wäre nicht minder stolz, wenn sich Papa Marko auch für das größte Turnier in seiner Sportart qualifiziert.