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Die ÖFB-Erkenntnisse des Testspiels in England

Fortschritte, aber bis zur EM-Form gibt es noch einiges zu tun:

Die ÖFB-Erkenntnisse des Testspiels in England Foto: © GEPA

Eine Niederlage und doch ein Fortschritt.

Beim ersten Auftritt nach dem 0:4-Debakel gegen Dänemark präsentierte sich das ÖFB-Team verbessert. Das 0:1 gegen bei weitem nicht in Bestbesetzung angetretene Engländer zeigt jedoch auch, dass es bis zum EM-Start noch Arbeit zu verrichten gibt.

Das weiß auch Teamchef Franco Foda, der in Sachen Formaufbau nichts anderes erwartet hat.

"Wir liegen absolut im Plan", verdeutlicht der Deutsche vor der Heimreise nach Österreich und zeigt sich in Sachen Timing, dass Österreich beim EM-Auftakt gegen Nordmazedonien voll da sein werde, sehr zuversichtlich.

Dabei helfen vermutlich auch die Erkenntnisse des Tests ins England, von denen es einige gibt:

MANGELNDE CHANCENVERWERTUNG:

Zum Dauer-Thema avancierte die Kaltschnäuzigkeit in der jüngeren ÖFB-Vergangenheit zwar nicht mehr so oft wie vor Jahren, aber in den kommenden Tagen wird es in der Prioritäten-Liste wohl nach oben rücken.

Man kann es sich auch gegen Englands prominent besetzte B-Elf nicht leisten, Top-Chancen liegen zu lassen. Schon gar nicht kann man es sich bei einem Großereignis leisten.

"Gegen ein Top-Team bekommst du normalerweise nicht so viele Chancen, da musst du schon auch ein Tor erzielen", moniert Foda, der in diesem Zusammenhang jedoch auch von Pech sprach:

"Michael Gregoritsch hatte die Riesen-Möglichkeit, normal macht er so eine Situation. Wir werden weiter daran arbeiten in der Offensive, genau wie an allen Facetten des Spiels."

VERBESSERUNGSBEDARF FÜR EM-FORM:

Es gibt auch in diversen Facetten Luft nach oben, nicht nur in der Chancenverwertung.

"Es gibt immer Verbesserungsbedarf", erklärt der Teamchef, der als Beispiel das Anlaufverhalten und gerade vor der Pause auch die defensive Kompaktheit nennt.

Auch im Spielaufbau kann man einiges besser lösen, genau wie man den einen oder anderen unnötigen Ballverlust vermeiden muss - ein solcher führte letztlich zum Gegentor.

Dass zur EM-Form noch einiges fehlt, scheint den Teamchef nicht zu beunruhigen.

"Wir sind jetzt dann in der zweiten Vorbereitungsphase, dann kommt noch der Feinschliff. Dann werden wir bei der Europameisterschaft topfit sein. Davon bin ich überzeugt", verspricht der 55-Jährige.

DIE GOALIE-FRAGE:

Es bleibt spannend in Sachen Torhüter. Dies liegt nicht zwingend an Daniel Bachmann, der in seiner Wahlheimat ein gutes Debüt für Österreich abgeliefert hat.

Rechnet man ein, dass es eben sein erstes Länderspiel war, kann man sich durchaus ausmalen, dass sich die eine oder andere Kleinigkeit noch abstellen lässt und der Watford-Legionär längerfristig in die Einser-Rolle wachsen könnte.

Auch Foda spricht von einem "souveränen Auftritt" und einer "genutzten Chance" des 26-Jährigen.

Gleichzeitig ist der Teamchef ziemlich weit davon entfernt, irgendeine Tormann-Ansage im Hinblick auf die EURO zu treffen. Schon beim letzten Lehrgang schien er Gefallen am kryptischen Umgang mit dieser Personalie gefunden zu haben (mit für Alexander Schlager eher unschönem Ende). Es heißt also abzuwarten, wer erst für den Slowakei-Test und dann für die EM den Zuschlag im ÖFB-Tor bekommt.

BEWÄHRUNGSPROBE FÜR MARCO FRIEDL:

"Nur" ein Experiment oder doch schon ein Versuch mit klarem Hintergedanken im Hinblick auf die EURO? Mit Marco Friedl hat Foda eine überraschende Personalie in der Startelf eingebaut.

"Wir wollten ihm einfach die Möglichkeit geben, mal auf dieser Position zu spielen. Er hat ja in Bremen oft Innenverteidiger gespielt, zeitweise aber auch linker Verteidiger. Für mich ist er ein Spieler, der gut auf der linken Verteidiger-Position spielen kann. Das hat er dann in Ansätzen in der zweiten Halbzeit auch gezeigt", erläutert Foda.

Defensiv stabil, traute sich der Tiroler offensiv erst mit Fortdauer der Partie mehr zu. Wobei man auch beim 23-Jährigen einrechnen muss, dass seine Länderspiel-Erfahrung noch denkbar gering ist. Bis auf einen Startelf-Einsatz im Test gegen Griechenland im Oktober 2020 standen zuvor nur acht Minuten gegen Dänemark zu Buche.

Damals löste er einen in dieser Partie schwachen Andreas Ulmer ab, der bislang der Platzhirsch auf der Linksverteidiger-Position war. Man darf gespannt sein, ob der Werder-Legionär den Salzburg-Routinier bereits überholt hat, oder ob er wirklich nur Erfahrung sammeln sollte.

Foda: "Er ist ein junger Spieler, dem die Zukunft gehört. Wir wollten ihm in so einem Spiel die Möglichkeit geben, sich auf höchstem Niveau zu präsentieren."

ALABAS WECHSELSPIELE:

Darüber, inwiefern sich Friedl-Kumpel David Alaba im ÖFB-Dress zuletzt auf höchstem Niveau präsentierte, gehen die Meinungen auseinander. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass die Suche nach der idealen Position im Nationalteam weiter nicht abgeschlossen ist.

Der zukünftige Real-Legionär ist logischerweise ebenfalls eine Option für die Rolle als Linksverteidiger, auch wenn Foda den 28-Jährigen zuletzt stets eine Etappe davor ins Rennen schickte.

Der Job am linken Flügel ist jedoch auch für Christoph Baumgartner attraktiv. In Middlesbrough kam es wieder einmal zur Rochade zwischen den beiden und Alaba landete im Matchverlauf auf der rechten Seite.

"Marcel Sabitzer sowie David und Christoph haben im vorderen Bereich von mir immer den Auftrag, die Position zu wechseln, oder auch mal Überzahlsituationen am Flügel herzustellen", referiert Foda und betont:

"Das dürfen sie teilweise auch selbst bestimmen. Wir wollen ja auch Spieler haben, die am Platz Verantwortung übernehmen. David hatte dann auch die Möglichkeit, mit dem linken Fuß nach innen zu dribbeln und Bälle hinter die Linie zu spielen."

Letztlich darf man sich vom ranghöchsten Fußballer Österreichs im Nationalteam weiter mehr erhoffen. Vielleicht dann ja bei der EURO.

BEINAHE DER STAMM:

Die Startelf von Middlesbrough war logischerweise definitiv wesentlich näher dran am Stamm, als dies beim verkorksten Auftakt in die WM-Qualifikation im März der Fall war.

Gerade die Rückkehr von Martin Hinteregger tat gut. In Kombination mit Aleksandar Dragovic bildet er eine Innenverteidigung, die kaum für erhöhten Puls sorgt.

Und auch Konrad Laimer deutete bei seinem ersten Länderspiel seit eineinhalb Jahren an, wie wertvoll seine Impulse sein können.

Mit Marko Arnautovic und Valentino Lazaro hat man zwei Akteure, die zuletzt nur selten im ÖFB-Dress auflaufen konnten, weiter in der Hinterhand. Dass Kapitän Julian Baumgartlinger im Riverside Stadium zumindest ein paar Minuten sammeln konnte, ist kein schlechtes Zeichen.

DER FAKTOR SPIELGLÜCK:

Glück und Pech sind Faktoren, die man nicht überbewerten sollte.

In Middlesbrough gab es jedoch die eine oder andere Szene - gerne mit Hauptdarsteller Sasa Kalajdzic -, die den Spielverlauf drehen hätte können.

Einerseits sah Foda beim Ballverlust des Stuttgart-Stürmers vor dem englischen Goldtor ein Foulspiel.

Dass der Goalgetter bereits in der Anfangsphase des Spiels im Strafraum von Tyrone Mings abgeräumt wurde, thematisierten auch die englischen Journalisten nach dem Match intensiv.

"Wir haben auch geglaubt, es war eine Elfmeter-Situation", meint Foda. Letztlich habe der Schiedsrichter jedoch genau wie bei der Szene vor dem Gegentor nicht gepfiffen.

"Insofern macht es auch keinen Sinn, nach dem Spiel darüber zu diskutieren. Aber generell wird es auch bei solchen Spielen Zeit, dass es einen Video-Schiedsrichter gibt, der solche Situationen besser bewerten kann", bekräftigt Foda.

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