Österreich Österreich AUT
Schweden Schweden SWE
Endstand
2:0
0:0, 2:0
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Florian Grillitsch: "Neuer Verein, neues Glück"

Gegen Schweden wurde Florian Grillitsch zum "Gamechanger" - das versöhnliche Ende einer schwierigen Saison. Warum in den Medien "90 Prozent Blödsinn" stand.

Florian Grillitsch: Foto: © GEPA

"Das ist wie Radlfahren, das verlernt man net", lacht Florian Grillitsch auf den Volley-Hammer angesprochen, der dem erlösenden Abstauber-Tor von Christoph Baumgartner zum 1:0 gegen Schweden voranging.

Letztlich gewann Österreich mit 2:0 und plötzlich ist wieder ein Akteur in aller Munde, der seine Fähigkeiten im ÖFB-Dress zwar schon oft genug bewiesen hat, um den es zuletzt im Nationalteam allerdings recht ruhig wurde.

"In 20 Minuten kann man es nicht viel besser machen, als er es gemacht hat", heimst Grillitsch Lob von Ralf Rangnick ein.

"Mit dem ersten Ballkontakt hätte er beinahe schon das 1:0 geschossen, allerdings hat der Torhüter sensationell gehalten. Mit dem zweiten Torschuss hat er das 1:0 vorbereitet und dann hinten in einer kritischen Situation geklärt", schwärmt der ÖFB-Teamchef.

Grillitsch als Gamechanger

Baumgartner findet: "Flo war heute einer der Gamechanger."

Man kann getrost behaupten, dass Grillitsch der versöhnliche Abschluss einer für ihn enorm schwierigen Saison gelungen ist.

"Das tut natürlich gut. Sportlich war es nicht mein bestes Jahr, aber natürlich weiß ich, was ich kann. Ich glaube an mich selber. Wenn ich reinkomme, will ich natürlich das Beste geben", so der Niederösterreicher.

Zur Erinnerung: Nachdem er seinen Vertrag bei der TSG Hoffenheim hat auslaufen lassen, klappte die Vereinssuche im Sommer 2022 nicht wie erhofft. Anfang September kam er schließlich bei Ajax Amsterdam unter.

Neuer Verein soll bis zum Beginn der Vorbereitung her

Für den niederländischen Traditionsverein bestritt er 18 Pflichtspiele, dies allerdings nur über insgesamt 620 Minuten. Mit Ende dieser Saison geht man wieder getrennte Wege, der 27-Jährige ist erneut ablösefrei zu haben.

"Es gibt viele Gerüchte, aber noch ist nichts fix", meint Grillitsch, der zuletzt unter anderem mit seinen Ex-Arbeitgebern SV Werder Bremen und Hoffenheim sowie dem 1. FC Köln in Verbindung gebracht wurde.

Während er bei Ajax erst nach Saisonbeginn einstieg, ist diesmal das Ziel, von Beginn der Vorbereitung an um einen Stammplatz zu kämpfen.

"Das ist natürlich ein Punkt, den ich auf jeden Fall ändern will. Im letzten Sommer sind einige Dinge falsch gelaufen", so Grillitsch, der damals davon sprach, dass Fußball ein "dreckiges Geschäft" sein könne.

Grillitsch: "In den Medien stand zu 90 Prozent Blödsinn"

Mit der Berichterstattung rund um seinen damaligen Transfer-Sommer ist der zentrale Mittelfeldspieler nach wie vor nicht glücklich: "Was in den Medien gestanden ist, war zu 90 Prozent Blödsinn. Aber ich brauche mich nicht für irgendetwas zu rechtfertigen, das nicht stimmt. Deswegen habe ich dazu auch nie etwas gesagt."

In der Tat gab Grillitsch während seiner Zeit in Amsterdam eher sparsam Interviews.

"Es war sportlich nicht mein bestes Jahr, aber persönlich bin ich sicher gereift. Es geht nicht immer bergauf, aber ich hoffe, dass es in Zukunft wieder bergauf geht."

Florian Grillitsch

"Es war sportlich nicht mein bestes Jahr, aber persönlich bin ich sicher gereift. Es geht nicht immer bergauf, aber ich hoffe, dass es in Zukunft wieder bergauf geht", sagt der ÖFB-Legionär und betont, dass er ab sofort nach vorne schauen wolle:

"Neues Jahr, neuer Verein, neues Glück! Ich will wieder angreifen."

Nominierung stand auf der Kippe

In seinen 20 Minuten gegen Schweden sollte Grillitsch genügend Eigenwerbung in Sachen Vereins-Suche betrieben haben. In Sachen Nationalteam entscheidend ist jedoch, dass er Rangnick gezeigt hat, was der Teamchef an ihm haben könnte.

Denn bislang spielte Grillitsch in den Überlegungen des Deutschen eher eine Nebenrolle. Auch diesmal rutschte er nur knapp in den Kader. Der Teamchef nominiert für gewöhnlich Kicker mit genügend Spielpraxis, machte für den Mittelfeldspieler jedoch aufgrund personeller Überlegungen eine Ausnahme:

"Wir haben uns im Trainerstab vor dem Lehrgang intensiv ausgetauscht, ob wir 'Grillo' dazunehmen oder nicht. Er hat in dieser Saison leider nicht so viel gespielt, was keine gute Voraussetzung ist, dabei zu sein", erläutert Rangnick und meint weiter:

"Auf der anderen Seite wussten wir, dass der eine oder andere Sechser auf der Kippe steht. So viele Alternativen auf der Sechs haben wir nicht, also haben wir uns entschieden, ihn für genau solche Situation wie gegen Schweden dabei zu haben."

Grillitsch kann auch "dazwischenpfeifen"

Dies bezieht sich einerseits darauf, dass Xaver Schlager gegen Belgien und Schweden viel länger als erhofft durchgehalten hat: "Das ist eigentlich ein Wunder, wenn man bedenkt, welche Verletzung er hatte. Aber Xaver würde nie zu mir kommen und sagen: 'Ich muss raus, ich will raus.' Bei ihm hat man aber gemerkt, dass die letzte Passqualität gefehlt hat."

"Da war es für mich naheliegend", erläutert der Teamchef eine andere Überlegung, "beim Stand von 0:0 einen Spieler wie 'Grillo' zu bringen, der sowohl im Aufbauspiel, aber auch im Abschluss genau auf dieser Position spielen kann. Dass es so gut läuft, war natürlich optimal."

"Was mir gefallen hat: Wenn er mittrainiert hat, hat er gezeigt, dass er nicht nur gut kicken kann und nicht nur ein guter Quarterback im Aufbauspiel ist, sondern, dass er – wenn er will – auch mal dazwischenpfeifen und Bälle gewinnen kann."

Ralf Rangnick

Gerade in Sachen spielerischer Note und Übersicht bringt Grillitsch Qualitäten mit, mit denen er im ÖFB-Team eine andere Facette einbringen kann. Diverse Positions-Kollegen kommen ja eher über die Power-Schiene. Selbige ist in Rangnicks Spielidee jedoch essentiell.

Das weiß Grillitsch, also versuchte er laut Teamchef auch diesbezüglich aufzuzeigen: "Was mir gefallen hat: Es gab die ein oder andere Situation, in der er aus privaten Gründen nicht dabei sein konnte, aber wenn er mittrainiert hat, hat er gezeigt, dass er nicht nur gut kicken kann und nicht nur ein guter Quarterback im Aufbauspiel ist, sondern, dass er – wenn er will – auch mal dazwischenpfeifen und Bälle gewinnen kann. Deswegen war der Einsatz heute verdient."

Ruhe ins "Handballspiel" bringen

Man muss nicht sonderlich gut zwischen den Zeilen lesen können, um zu erahnen, wie der nunmehr 36-fache Teamspieler seine Karten im Nationalteam weiter verbessern kann.

Was ihm der Teamchef vor der Einwechslung mit auf den Weg gegeben habe? "In dieser Phase hat es ein bisschen an ein Handballspiel erinnert, bei dem es hin und hergeht und wenig Kontrolle drin war. Er hat gesagt, dass ich das Spiel an mich reißen und Ruhe und Rhythmus reinbringen soll. Das habe ich natürlich versucht, so gut es geht umzusetzen", sagt Grillitsch.

Dass er einem Torerfolg so nahe kam, ist so gesehen ein Goodie, denn seine Kernkompetenz sind Treffer eher nicht. Der letzte in einem Pflichtspiel gelang im Dezember 2020, als er gegen den FC Augsburg einen Doppelpack erzielt hat.

Eines der beiden Tore bereitete damals übrigens der nunmehrige "Doppelpacker" Baumgartner vor, der sich diesmal enorm über den gelungenen Kurzeinsatz seines Ex-Hoffenheim-Kollegen freute.

Baumgartner: "Ich kenne wenige mit so einer Ruhe"

"Ich kenne ihn ja richtig gut. Seine Qualität im Ballbesitz ist extrem. Ich kenne wenige mit so einer Ruhe, wie er sie hat", lobt der Niederösterreicher, der wieder bessere Vereins-Zeiten auf seinen Landsmann zukommen sieht:

"Sein Jahr war natürlich nicht einfach, aber er ist ja auch schon in einem gewissen Alter, er kann Sachen reflektieren und weiß, wie er sie einschätzen muss. Er wird in der nächsten Saison sicher einen Schritt nach vorne machen."

Baumgartner hofft, dass dies dann regelmäßigere Treffen mit sich bringen würde: "Dann wird er hoffentlich auch im Nationalteam ein wichtiger Faktor sein, denn ich spiele sehr gerne mit ihm, er ist ein guter Freund von mir."

Davon, dass Grillitsch im ÖFB-Herbst eine Rolle spielen wird, kann man nach dem Schweden-Spiel fast ausgehen. Aber jetzt ist einmal nur eines wichtig: Die Wahl des passenden Arbeitgebers.

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