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Auswärts in Unterzahl: Sturm, Austria & die 10-Prozent-Regel

Im Cup-Spiel bei Sturm Graz erhält Austria Wien zu wenige Tickets für Auswärtsfans. Das ist nicht alltäglich, zeigt aber ein Problem auf:

Auswärts in Unterzahl: Sturm, Austria & die 10-Prozent-Regel Foto: © GEPA

10 Prozent. Diesen Anteil am Ticketkontingent müssen Fußballklubs in Österreich der Gastmannschaft bei Heimspielen überlassen – sofern der Gegner überhaupt danach ansucht.

In der Praxis wird die Regelung bei vielen Klubs nur in einzelnen Spielen schlagend, etwa bei Derbys. Für gewöhnlich betrifft sie ohnehin nur Vereine, die über eine entsprechend große Fanbasis mit genügend Auswärtsfahrern verfügen.

Die Wiener Austria gehörte dazu in der Vergangenheit nicht unbedingt. Doch der Zuschauerzuspruch bei den Veilchen ist groß, die Osttribüne ist in dieser Saison erstmals mit Abos ausverkauft. Auch auswärts wollen viele Fans ihr Team anfeuern – was im ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen Sturm Graz (Freitag, ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker >>>) nun für ein ungewohntes Problem sorgt.

Der Gästesektor reicht nicht aus

Wie auch "90minuten.at" schon berichtete, stellt der SK Sturm den Wienern nämlich nicht zehn Prozent des Ticketkontingents zur Verfügung. 1.374 Tickets gingen an die Austria – in Graz ist das ein voller Gästeblock.

Der 10-Prozent-Wert ist dabei in Relation zur Anzahl der für das Spiel insgesamt aufgelegten Karten zu sehen – nicht gemessen an der möglichen Gesamtkapazität des Stadions. Dies ist etwa bei Red Bull Salzburg relevant, das bei nationalen Spielen für gewöhnlich den Oberrang nicht öffnet. 

Sturm zufolge könne man von rund 15.000 Tickets sprechen, die insgesamt für das Top-Spiel im ÖFB-Cup aufgelegt werden. Tatsächlich dürften es wohl um die 15.350 Tickets sein, die zur Verfügung stehen werden. Damit erhält die Wiener Austria rund 8,9 Prozent der für das Spiel insgesamt aufgelegten Tickets – und das sind gut 160 zu wenig.

Diese Zahl mag vernachlässigbar wirken, wird jedoch relevant, da der SK Sturm Graz den Ticket-Vorverkauf – als dieser bereits angelaufen war – nachträglich zum geschützten Vorverkauf machte (alle Infos >>>). Tickets von Austria-Fans, die bereits Plätze rund um den Auswärtssektor erworben hatten, wurden storniert. Rund 100 Fans seien davon betroffen, hört man bei der Austria. 

Im Cup-Viertelfinale wird der Auswärtssektor voll sein - das reicht aber laut Regularien nicht
Foto: © GEPA

Mehr Tickets? Mit Sicherheit nicht

Der Grund für diese Maßnahmen sind Sicherheitsbedenken, die Partie gilt als Risikospiel. Als Pufferzone zur Familientribüne soll Block 25 dienen. Seit Austria Wien am 13. November 2023 um das volle Gästekontingent angesucht hatte, seien vier Versuche unternommen worden, dieses auch zu erhalten. Eine finale Absage gab es am 23. Jänner 2024.

Sturm argumentiert mit den baulichen Einschränkungen des Gästesektors im 1997 errichteten Stadion Liebenau, welcher nicht mehr Zuschauer fasst. Veränderungen am Auswärtssektor stehen in Graz zwar unmittelbar bevor, sollen aber lediglich die Sicherheitsmaßnahmen der UEFA erfüllen – indem etwa mannshohe Drehkreuze an den Eingängen installiert werden. Weitere bauliche Änderungen sind Angelegenheit der Stadt Graz als Eigentümerin.

Andere Varianten, zusätzliche Auswärtsfans unterzubringen, seien geprüft – auch auf Empfehlung der Behörden aber nicht weiter verfolgt worden. Man wolle aber festhalten, dass das zur Verfügung gestellte Auswärtskontingent die Vorgaben des ÖFB als Veranstalter erfülle, heißt es aus Graz.

Ein Blick in das Regelwerk

Zumindest die Regularien des ÖFB sehen dies anders. In §16 Abs. 2 der "Durchführungsbestimmungen für den Cup des Österreichischen Fußball-Bundes" heißt es zum Thema "Frei- und Kaufkarten": 

"Je 10% der aufgelegten Sitz- und Stehplatzkarten müssen dem Gastverein auf dessen Verlangen zum selben Kaufpreis wie jener für gleichwertige Plätze der Anhänger des Heimvereins überlassen werden."

Gegebenheiten, welche die 10-Prozent-Regel außer Kraft setzen, werden nicht genannt. Auch in den "Sicherheitsrichtlinien für den Cup des Österreichischen Fußball-Bundes sowie für den Ladies-Cup des Österreichischen Fußball-Bundes" sind solche nicht zu finden.

So wird dort – betreffend Risikospiele – lediglich festgehalten, dass eine optimale Trennungsstrategie der Fangruppen vorzunehmen ist, die auch durch das Zurückhalten von Karten in bestimmten Sektoren gewährleistet werden soll. Konkret ist damit die Schaffung von Pufferzonen gemeint. Eine eventuelle Unterschreitung der 10-Prozent-Regel wird nicht erwähnt.

Die Bundesliga regelt das Kontingent für Auswärtsfans ähnlich. Hier heißt es in den "Spielbetriebsrichtlinien für die höchste Spielklasse der österreichischen Fußball-Bundesliga" in §18 Abs. 2 "Eintrittskarten":

"Je 10 % der aufgelegten Sitz- und Stehplatzkarten (unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der BL-Sicherheitsrichtlinien) müssen dem Gastklub auf dessen Verlangen (nachgewiesener Eingang der Bestellung beim Heimklub spätestens 14 Tage vor Spielbeginn) überlassen werden."

Grundsätzlich müssen dabei nicht explizit Karten für den Auswärtssektor gemeint sein, gerade Fans kleinerer Klubs können etwa außerhalb des Sektors platziert werden. In der Praxis ist das Gästekontingent aber mit dem Gästesektor ident. Das hat natürlich vor allem mit Sicherheitsgründen zu tun – und mit Entscheidungen der Behörden, welche die Sicherheit durch die Blocktrennung gewährleistet sehen.

Die Behörden als Spielverderber

Erlauben die Vorgaben der zuständigen Behörde kein Erfüllen der 10-Prozent-Quote, wird das Nicht-Erfüllen der Prozentmarke nicht sanktioniert, so die Bundesliga auf Nachfrage. Die Regeln der Bundesliga könnten solche Vorgaben nicht aushebeln. Fälle, in denen die Marke ohne behördliche Vorgaben unterschritten worden sind, seien nicht bekannt.

Auch Sturm Graz drohen im Cup keine Konsequenzen. Der ÖFB gibt an, das Nicht-Erfüllen der Quote in diesem Fall nicht zu sanktionieren.

Wenn - wie im konkreten Fall - dem veranstaltenden Heimverein von behördlicher Seite aus Sicherheitsgründen eine Auflage erteilt werde, die das Erreichen dieser Quote nicht möglich mache, sei eine derartige behördliche Auflage über die Durchführungsbestimmungen des ÖFB Cups zu stellen, heißt es auf Anfrage.

Dem ÖFB sei kein Fall bekannt, wonach ein Klub die 10-Prozent-Quote unbegründet nicht eingehalten hätte.

"Dass ein Sektor baulich nicht mehr Fans fasst, hebt aus unserer Sicht die 10-Prozent-Regel nicht auf, sonst kann dies künftig mehreren größeren Vereinen zum Nachteil gereichen."

Michael Schlagenhaufen, Leiter Klubservice FK Austria Wien

Die Austria jedenfalls pocht darauf, dass die Quote erfüllt wird - und sieht sich in dieser Sache als Vertreterin von Fanrechten. "Dass ein Sektor baulich nicht mehr Fans fasst, hebt aus unserer Sicht die 10-Prozent-Regel nicht auf, sonst kann dies künftig mehreren größeren Vereinen zum Nachteil gereichen. Ein Toleranzwert ist uns nicht bekannt", so Michael Schlagenhaufen, Leiter des Klubservice.

Der ÖFB war als Bewerbsführer ohnehin schon in den Informationsaustausch zwischen Sturm und der Austria involviert, die Austria wolle das Thema zudem auch in der nächsten Bundesliga-Sitzung ansprechen.

Zumal die Austria auch beim nächsten Bundesliga-Auswärtsspiel wieder mit dem Thema konfrontiert sein wird. Der Auswärtssektor für das Derby bei Rapid am 25. Februar war bereits nach etwas mehr als vier Stunden komplett ausverkauft (mehr dazu >>>). Auch das zeigt das Faninteresse am Klub - aber auch das ist zu wenig.

Theoretisch sollen bei nationalen Spielen 2.500 Gästefans im Hütteldorfer Auswärtssektor Platz finden, in der Praxis wird er meist mit 2.200 Tickets als ausverkauft gemeldet – und ist auch dann schon sehr, sehr gut gefüllt. Die Austria hat für das Spiel sogar 2.300 Tickets erhalten. Legt Rapid mehr als 23.000 Tickets auf, wird aber auch hier die Quote nicht erfüllt.

Man sei diesbezüglich im Austausch mit Rapid, heißt es aus Favoriten.

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