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Lienhart: Pokalsieg wäre "Wahnsinn"

Philipp Lienhart lässt starke Saison Revue passieren und spricht über Teamchef.

Lienhart: Pokalsieg wäre Foto: © getty

Zum ersten Mal in der 117-jährigen Geschichte des SC Freiburg stehen die Breisgauer im Finale des DFB-Pokals. Am Samstag muss die Elf von Christian Streich im Berliner Olympiastadion gegen RB Leipzig bestehen und könnte mit dem Pokalsieg Vereins-Geschichte schreiben.

Mittendrin ist ÖFB-Legionär Philipp Lienhart, der auf Profiebene ebenfalls sein erstes Finalspiel bestreiten wird.

"Das ist auf jeden Fall eines der größten Spiele, das ich bis jetzt gehabt habe", resümiert der Freiburg-Verteidiger gegenüber LAOLA1.

Breisgauer Überflieger

Mit Platz sechs in der abgelaufenen Bundesliga-Spielzeit erreichten die Freiburger ihr drittbestes Ergebnis in der deutschen Beletage. Erstmals seit der Saison 2017/18 nimmt der Verein wieder an der Europa League teil, die Breisgauer steigen erst in der Gruppenphase ein.

"Wir gehen immer mit dem Ziel Nicht-Abstieg in die Saison. Am Ende haben wir sehr viel mehr erreicht. Wenn uns jemand gesagt hätte, dass wir im Pokal-Finale stehen und bis zum Ende auch um die Champions-League-Plätze spielen, hätten wir das auf jeden Fall im Vorhinein unterschrieben", sagt Lienhart.

Der Tabellensechste, der mit zehn Spielen ohne Niederlage in die Saison gestartet ist, lag die gesamte Spielzeit über in Schlagdistanz auf einen Platz in der Königsklasse. Selbst am letzten Spieltag bestand noch eine Minimalchance auf ein Champions-League-Ticket.

"Das war ein großes Ziel von mir, dass es mit Freiburg klappt, ist überragend. Das ist der Optimalfall."

Philipp Lienhart über die Europacup-Teilnahme mit Freiburg.

Doch Wehmut über die verpasste Chance herrsche nicht, wie Lienhart versichert. "Wir haben natürlich alles probiert, wollten den maximalen Erfolg. Wenn es die Champions League geworden wäre, wäre es noch ein Stück größer. Wir sind sehr zufrieden mit der Europa League und sind stolz, dass wir das geschafft haben", erklärt der 25-Jährige.

Für Lienhart werden es die ersten Auftritte auf internationalem Parkett sein. Bei Real Madrid blieb der neunfache Nationalspieler ohne Einsatz in der Champions League.

"Das war ein großes Ziel von mir, dass es mit Freiburg klappt, ist überragend. Das ist der Optimalfall", sagt der Verteidiger über das Erreichen der internationalen Startplätze.

Sonderlich viele Gedanken an die Spiele in der Europa League habe der ÖFB-Legionär aber nicht verschwendet, wie er versichert.

"In der Sommerpause werde ich bestimmt einmal darüber nachdenken. Da werde ich es wohl auch erst realisieren", so Lienhart, der auf das Finale im DFB-Pokal voll fokussiert ist.

Beschwerlicher Weg ins Pokal-Finale

Der Freiburger Weg ins Finale ist von Auswärtsspielen geprägt. Nach einem 1:0-Sieg bei den Würzburg Kickers folgte in der 2. Runde beim VfL Osnabrück der Aufstieg erst nach Elfmeterschießen. Im Achtelfinale fegte Freiburg Bundesliga-Konkurrent Hoffenheim mit 4:1 vom eigenen Platz.

Eine Runde später brauchten die Breisgauer eine Verlängerung, um über den VfL Bochum drüberzukommen. Durch einen 3:1-Sieg beim Hamburger SV war der Finaleinzug besiegelt.

"Es war sehr schwierig dort hinzukommen, wo wir jetzt sind. Darum freuen wir uns umso mehr, dass wir es ins Finale geschafft haben", so Lienhart, der natürlich auch noch den letzten Schritt erfolgreich gehen möchte.

Der Gewinn des DFB-Pokals wäre "eine Riesen-Sache für ganz Freiburg, den Klub, die Fans und die Stadt. In den letzten Jahren haben wir es im Pokal nicht so weit geschafft. Da sind wir meist relativ früh ausgeschieden. Wenn wir dieses Jahr den Pokal holen würden, wäre das ein Wahnsinn", erklärt der Verteidiger.

Entwicklung durch Konstanz

Den Schüssel des Erfolgs sieht Lienhart in der Konstanz, die der Verein vorlebt. Trainer Christian Streich, der laut dem Niederösterreicher sehr großen Anteil an seiner Entwicklung hat, ist seit über elf Jahren in Amt und Würden.

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Einen Umbruch in der Mannschaft sucht man vergeblich, was den Freiburger Aufschwung begünstigt.

"Die Mannschaft ist relativ lange beisammen und kennt sich gut. Das heißt, die Abläufe funktionieren gut. Wir wissen, was der Trainer von uns will und was er verlangen kann. Es hilft schon, wenn man eingespielt ist", so Lienhart, der eine stetige Weiterentwicklung des Vereins erkennt.

"Wir haben dieses Jahr stabil gespielt, relativ wenige Ausrutscher gehabt und gute Leistungen gebracht. Deswegen ist es verdient, dass wir dort stehen, wo wir jetzt stehen."

"Möchte mich ständig weiterentwickeln"

Doch nicht nur der gesamte Verein, auch Lienhart selbst hat einen Schritt nach vorne gemacht. Der ÖFB-Legionär ist aus der Defensive der Freiburger nicht mehr wegzudenken.

Der Lilienfelder verpasste im März nur zwei Spiele aufgrund einer Coronavirus-Infektion, ist sonst einer der Dauerbrenner der Breisgauer.

Zu den Gründen seiner Leistungssteigerung meint Lienhart: "Das ist ähnlich wie bei der gesamten Mannschaft, weil ich schon lange da bin. Ich hatte viele Trainings mit dem Trainerteam, viele Videoanalysen, viele Spiele in der Bundesliga, wo man auch Erfahrung sammelt."

Einen Punkt streicht der Österreicher aber gesondert hervor. "Dann noch ganz wichtig: die tägliche Arbeit im Training. Ich möchte mich ständig weiterentwickeln, das ist mir in den letzten Wochen und Monaten ganz gut gelungen", sagt der Niederösterreicher.

Torjäger Philipp Lienhart?

Lienhart steht nicht nur defensiv wie ein Fels in der Brandung, der ehemalige Rapid-Nachwuchs-Kicker ist mittlerweile auch torgefährlich. Nach vier Toren in der Vorsaison hat Lienhart seine Ausbeute noch einmal um einen Treffer gesteigert.

Mit seinen fünf Toren in der Bundesliga ist Lienhart gemeinsam mit den Angreifern Woo-yeong Jeong und Nils Petersen auf Platz drei der internen Torschützenliste zu finden.

Auch das hat sich der Innenverteidiger hart erarbeitet, denn in seinen ersten drei Spielzeiten gelang dem 25-Jährigen kein einziges Tor.

"Da es in den Jahren davor nicht so gut gelaufen ist und ich keine Tore geschossen habe, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich torgefährlicher werden kann", verrät Lienhart, der dafür unter anderem seine Laufwege analysiert habe.

"Wie kann ich im Strafraum noch unangenehmer zu verteidigen werden, auch wenn die Flanke kommt? Die kommt nicht immer mit dem ersten Ball, aber wenn er im Fünfer runterfällt, dann will ich mich da gut positionieren. Das ist mir ganz gut gelungen, hoffentlich geht es so weiter", freut sich der neunfache Nationalspieler.

Weltmeister kommt für Ex-Kollege

Doch individuelle Entwicklung weckt bei anderen Klubs Begehrlichkeiten. Das beste Beispiel dafür ist Lienharts Verteidigerkollege Nico Schlotterbeck.

"Es spricht für den Verein, dass er sich für Freiburg entscheidet. Das zeigt auch wieder, dass Freiburg mittlerweile ein sehr interessanter Verein geworden ist."

Philipp Lienhart über die Verpflichtung von Matthias Ginter.

Der 22-Jährige mauserte sich in dieser Spielzeit zu einem der besten Verteidiger der Liga, Borussia Dortmund sicherte sich die Dienste des zweifachen Nationalspielers für 20 Millionen Euro.

"Seine Qualität ist unbestritten. Er hat eine sehr starke Saison gespielt. Es freut mich für ihn, dass er dort den nächsten Schritt machen kann", sagt Lienhart über Schlotterbecks Wechsel.

Für Ersatz ist allerdings schon gesorgt. Weltmeister Matthias Ginter wechselt von Borussia Mönchengladbach zurück zu seinem Stammverein Freiburg.

Lienhart sieht die Verpflichtung des 46-fachen deutschen Nationalspielers auch als Zeichen: "Es spricht für den Verein, dass er sich für Freiburg entscheidet. Das zeigt auch wieder, dass Freiburg mittlerweile ein sehr interessanter Verein geworden ist."

Lienhart freut sich auf Rangnick

Apropos Länderspiele: Der neunfache ÖFB-Nationalspieler Lienhart hat einen neuen Teamchef, Ralf Rangnick.

"Wir haben einen sehr guten Trainer bekommen, der unglaublich viel Erfahrung im Fußball-Geschäft hat", freut sich der Deutschland-Legionär über die Bestellung des 63-Jährigen.

Der Niederösterreicher stand, gesundheitsbedingte Absagen außen vor, stets im ÖFB-Aufgebot, aber nur selten auf dem Platz. Unter Franco Foda war Lienhart meist nur die dritte oder vierte Wahl in der Innenverteidigung. Das soll sich unter Rangnick ändern.

"Ich hoffe, dass ich mehr Spielzeit bekomme. Ich werde in den Trainings, die wir vor der Nations League noch haben, ordentlich Gas geben und dann hoffen, dass ich mich empfehlen konnte. Natürlich will ich spielen", sagt der Niederösterreicher.

Wenn sich der Freiburg-Legionär weiter derart entwickelt, wird im ÖFB-Team auch kein Weg mehr an ihm vorbei führen. Ein Pokalsieg und Spiele in der Europa League würden sich in Lienharts Vita jedenfalls gut lesen lassen.

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