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Pro & Contra: Hoeneß hat bei Bayern immer noch zu viel Macht

Der Ehrenpräsident sorgte jüngst einmal mehr für Wirbel. Schadet er damit den Bayern oder wäre die Situation auch ohne ihn so verfahren? LAOLA1 diskutiert:

Pro & Contra: Hoeneß hat bei Bayern immer noch zu viel Macht Foto: © GEPA

Egal, welches große Thema beim FC Bayern München gerade diskutiert wird: Ein Mann ist immer mittendrin und hat meist auch eine Meinung dazu, die er dann wortgewaltig kundtut. 

Die Rede ist freilich von Klub-Urgestein Uli Hoeneß. Der mittlerweile 72-Jährige hat beim deutschen Rekordmeister zwar keine Funktion im alltäglichen Geschehen mehr, als Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied spielt er aber dennoch weiter eine Rolle.

Wenn ein Thema brennt, gehen die Medien gerne auf Hoeneß zu, weil man weiß, dass seine Aussagen für Aufmerksamkeit sorgen werden. 

Und der ehemalige Bayern-Macher gibt der internationalen Journaille gerne das, was sie hören will. In der jüngeren Vergangenheit sorgten vor allem sein Verhalten rund um ein Nagelsmann-Comeback, ein öffentlich ausgetragener Disput mit Noch-Bayern-Coach Thomas Tuchel und seine Aussagen zur Causa Rangnick, den er als "C-Lösung" betitelte und der sich schließlich zu einem ÖFB-Verbleib entschied, für Wirbel.

Es wirkt, als könne er von seinem Lebenswerk nicht loslassen. Die Meinungen zu Hoeneß gehen dabei auseinander, auch in der LAOLA1-Redaktion. Schadet er mit seinem Verhalten den Bayern oder hat die aktuell verfahrene Situation nur wenig mit ihm zu tun?

Das sagen die LAOLA1-Redakteure Christian Frühwald und René Mersol:

Lass bitte gut sein, Uli! So wird Hoeneß nur zum Sand im Bayern-Getriebe 

René Mersol:

Wer Bayern sagt, muss auch Hoeneß sagen. Früher war das ein Qualitätsmerkmal, heute ist es keineswegs mehr ein solches Ruhmesblatt. Was Hoeneß in München und darüber hinaus geleistet hat, steht völlig außer Frage. Der Mann hat so Großes bewirkt, wie nur wenige vor ihm.

Doch er hat an Absprung verpasst. Im Jahr 2019 zog er sich aus seinen Funktionen zurück und wurde zum Ehrenpräsident ernannt. Geändert hat sich aber wenig, Hoeneß hat immer noch ein viel zu gewaltiges Wort mitzureden. Zu jedem, man verzeihe mir den Ausdruck, Furz, der bei den Bayern herumweht, äußert er seine Meinung. 

Damit schadet er seinem Herzensklub gehörig. Die Welt ist nicht mehr jene von vor 20, 30 Jahren. Ich habe den Eindruck, dass ihm nicht bewusst ist, wie sehr sich diese verändert hat. Er nimmt noch immer das Zepter in die Hand, kann aber die Auswirkungen nicht mehr abschätzen, wenn er es schwingt.

Hoeneß hängt immer noch viel zu sehr an etwas, das er nicht mehr beeinflussen können sollte. Aber wenn ihm etwas nicht passt, dann nutzt er seine verbliebene Macht (die er durch einen Sitz im Aufsichtsrat und seine Aura im Klub hat), um für Gegenwind zu sorgen und so das zu erwirken, was er sich für seine Bayern wünscht.

Keine Frage: Er tut dies (aus seiner Sicht) zum Wohle des Klubs. Aber mit seinem Verhalten stiftet er, im Vergleich zu früher, hauptsächlich Unruhe. Weil nichts Gutes mehr dabei herauskommt. Früher konnte er seine taktisch gewählten, medialen Querschüsse mit Erfolgen untermauern. Heute fallen seine Äußerungen ihm und/oder dem Klub meist auf den Kopf.

Hoeneß ist der Sir beim FC Bayern München. So sollte er sich auch verhalten und nicht länger seinen selbst erarbeiteten Status als Denkmal beschädigen. Der frühere Zampano darf nicht zum Sand im Getriebe werden, welches nun allen voran Max Eberl und Christoph Freund ölen und pflegen müssen.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Wenn's nicht läuft, darf ein Uli Hoeneß auch Kritik üben

Christian Frühwald:

Keine Frage: Die Bayern haben sich im Vorjahr mit dem unverständlichen Rausschmiss von Julian Nagelsmann eindeutig selbst in die aktuelle Bredouille befördert. Die Verursacher dieses Chaos sind mittlerweile allerdings Geschichte: Oliver Kahn und Hasan Salihamdzic wurde nachvollziehbarer Weise die Tür gezeigt.

Gerät ein gewaltiges Schiff wie der FC Bayern aber einmal ins Schlingern, dann dauert es natürlich wieder einige Zeit, bis es wieder zurück ins ruhige Fahrwasser kommt. Das ist nicht schön, aber leider in den meisten Fällen nicht zu verhindern. Dass manche Dinge in München immer noch nicht nach Wunsch laufen, ist offensichtlich. Und natürlich gibt es dann auch viele Stimmen und Vorschläge, wie es wieder besser laufen könnte. Dass diese Meinungen unterschiedlich sein werden, sollte klar sein. Wer zu drei verschiedenen Ärzten geht, wird in den meisten Fällen auch drei unterschiedliche Behandlungsvorschläge bekommen.

Logisch ist es auch, dass in Krisenzeiten verdiente Männer das Wort ergreifen und sich in diese Diskussionen einbringen. Und wer kann beim FC Bayern auf größere Verdienste zurückblicken als Uli Hoeneß? Klarerweise liegt auch der 72-Jährige nicht immer richtig mit seinen Aussagen. Es steht ihm aber mehr als jedem anderen Bayern-Mitglied zu, seine Meinung zu gewissen Themen zu äußern.

Denn unter dem Strich ist auch klar: Zu entscheiden hat Uli Hoeneß beim FC Bayern sowieso nichts mehr. Er ist Ehrenpräsident und einfaches Mitglied im Aufsichtsrat. Ein Aufsichtsrat ist ein Kontrollgremium in einem Unternehmen, das den Vorstand berät, kontrolliert und überwacht. Es ist also quasi sogar mehr oder weniger sein Job, sich mit seiner in den letzten Jahrzehnten erworbenen Expertise einzubringen und den Verantwortlichen gegebenenfalls auf die Finger zu klopfen.

Die Entscheidungsgewalt und damit auch die Verantwortung liegt sowieso bei anderen. Max Eberl und Christoph Freund werden die Inputs, die sie für sinnvoll erachten, gewissenhaft ausfiltern und die Weichen für die Zukunft des FC Bayern stellen. Wohin die Reise gehen wird, werden wir in den kommenden Monaten sehen können. Und wir werden auch erfahren, was Uli Hoeneß darüber denken wird. Es sei ihm vergönnt. Im Worst Case sorgt er für Schlagzeilen, die für mildes Lächeln sorgen. Im besten Fall bringt er mit seiner immer noch mächtigen Stimme einen kleinen, aber am Ende vielleicht sogar wichtigen Stein ins Rollen.


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