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Andre Ramalho: "Es war kein Rückschritt"

Andre Ramalho über Deutschland-Zeit und Europa-League-Traum:

Andre Ramalho: Foto: © GEPA

Viel unterschiedlicher hätten die beiden Saisonhälften für Andre Ramalho nicht laufen können.

Bei Leverkusen stand der 26-Jährige im Herbst nur vier Mal im Kader, bei Salzburg ist der Verteidiger im Frühjahr unangefochtener Stammspieler.

Der Weg von der deutschen Bundesliga zurück nach Österreich ist für ihn deswegen alles andere als ein Rückschritt.

Vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der UEFA Europa League am Donnerstag auswärts gegen Lazio Rom (21:05 Uhr LIVE im LAOLA1-Ticker) hat LAOLA1 mit dem Brasilianer über seine Zeit in Deutschland und Veränderungen gegenüber der Amtszeit von Roger Schmidt gesprochen.

LAOLA1: Hätten die ersten Monate nach deiner Rückkehr besser laufen können?

Andre Ramalho: Nein, bislang läuft es einfach super. Es hat schon mit dem ersten Spiel angefangen, mit dem ersten Sieg in meinem Jubiläumsspiel (100. für Red Bull Salzburg) und dem Tor (2:1 in der 95. Minute gegen die Admira). Wir lagen in der Winterpause hinter Sturm und hatten dann zwischenzeitlich zehn Punkte Vorsprung. Dann natürlich die Europa League, in der wir als Mannschaft sehr gut aufgetreten sind und nun im Viertelfinale stehen. Ich hoffe, es geht so weiter.

LAOLA1: Stand nicht auch schon eine frühere Rückkehr im Raum? Bereits im Sommer?

Ramalho: Das stimmt. Aber es war mein Wunsch, dass ich es in Leverkusen noch einmal probiere. Ich hätte es nicht gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass man dort nicht mit mir planen würde. Leider ist dann das passiert, was passiert ist und es war ein schlechtes letztes halbes Jahr in Deutschland. Aber im Leben gehören Tiefpunkte dazu. Wichtig ist, dass man stets vorbereitet auf eine neue Chance ist. Die ist gekommen, darüber bin ich froh. Ich bin dem FC Red Bull Salzburg sehr dankbar, weil man hier immer an mich geglaubt hat.

LAOLA1: Wie bilanzierst du die zwei Jahre zuvor in Deutschland?

Ramalho: Die ersten sechs Monate waren okay, auch wenn ich nur drei Spiele von Anfang an gemacht habe. In der zweiten Hälfte habe ich schon oft gespielt, damals haben wir uns auch als Dritter für die Champions League qualifiziert. In der nächsten Saison wollte ich mehr, öfter spielen und Stammspieler werden, aber ich habe gesehen, dass das bei Leverkusen sehr schwierig werden würde. Ich wurde dann nach Mainz verliehen, wo mir leider eine Verletzung das erste halbe Jahr gekostet hat. In der zweiten Hälfte war es wiederum besser, gesamtheitlich war es wieder durchwachsen. Aber ich bin froh, dass wir mit Mainz am Ende die Klasse halten konnten.

Was bringt es dir, wenn du bei Leverkusen, Barcelona, Real, Manchester oder egal wo bist, und du dich nicht beweisen kannst? Klar, es ist schön zu sagen, dass man dort ist, vielleicht auch etwas für das Ego. Aber mir macht das keinen Spaß.

LAOLA1: Du hast die Deutsche Bundesliga verlassen und bist nach Österreich zurückgekehrt. Ist das ein Rückschritt?

Ramalho: Ich habe im vergangenen Herbst fast gar nicht gespielt, war selten im Kader und in Salzburg habe ich in zwei Monaten fast immer gespielt, zwei Tore geschossen. Wir stehen im Viertelfinale der UEFA Europa League, sind Tabellenführer in der Bundesliga und sind auch im Halbfinale des Cups. Wenn das ein Rückschritt ist, dann möchte ich öfter solche machen (lacht). Als Spieler sollte man immer spielen. Was bringt es dir, wenn du bei Leverkusen, Barcelona, Real, Manchester oder egal wo bist, und du dich nicht beweisen kannst? Klar, es ist schön zu sagen, dass man dort ist, vielleicht auch etwas für das Ego. Aber mir macht das keinen Spaß, ich will immer spielen. Ich bin auch selbstkritisch genug, um zu wissen, ob ich das Niveau dafür habe oder nicht. Ich denke schon, dass es in Deutschland funktionieren hätte können, aber die Chance wurde mir eben nicht gegeben. Hier kriege ich sie, ich bin froh über das Vertrauen und das ist das Allerwichtigste.

LAOLA1: Hätte es eine andere Option als Salzburg gegeben?

Ramalho: Wenn ich eine andere Möglichkeit in Deutschland gehabt hätte, hätte ich mir sicher auch dazu Gedanken gemacht. Aber eines war klar: Ich konnte mir keinen Fehler mehr erlauben. Denn wenn ich woanders hingehe und mir dasselbe wie in den letzten sechs Monaten in Leverkusen passiert, dann würde das eventuell meine Karriere zerstören. Wenn man verletzt ist und nicht spielt, ist es das eine, wenn man fit ist und nicht spielt, ist es etwas anderes.

LAOLA1: Du hast einen Vertrag bis 2022 unterschrieben, bist aber noch 26 Jahre jung. Willst du von hier aus noch einmal den Sprung in eine Top-Liga versuchen oder lange bleiben?

Ramalho: Ich bin gerade erst zurückgekommen und von daher sind meine Gedanken natürlich hier. Was in der Zukunft ist, kann man nie wissen. Im Fußball gibt es immer wieder Überraschungen. Man hat schon oft gesehen: Ein kurzer Vertrag bedeutet nichts, ein langer Vertrag bedeutet nichts. Am Ende entscheidet, welche Möglichkeiten man hat. Ich bin jedenfalls froh, hier zu sein und habe nicht umsonst einen langfristigen Vertrag unterschrieben.

LAOLA1: Wie hat sich Andre Ramalho im Vergleich zu 2015 verändert?

Ramalho: Fußballerisch gesehen habe ich in der Deutschen Bundesliga jeden Tag mit sehr vielen Spielern, die große Erfahrung und Qualität haben, zusammengearbeitet. Da fallen mir Bernd Leno, Lars Bender, Wendell oder Charles Aranguiz ein. Es waren Führungsspieler ihrer jeweiligen Nationalmannschaften dabei und mit ihnen zu trainieren bringt einen schon weiter. Wenn man zudem jedes Wochenende gegen Teams wie Bayern, Dortmund, Schalke oder Gladbach spielt oder in der Champions League – da entwickelt man sich einfach. Ich war einst ein Junge, der aus Brasilien kam und sich via Red Bull Brasil und Liefering in die erste Mannschaft arbeitete. Dann war ich plötzlich in Leverkusen und auf der Bank gegen Barcelona. Es ist sehr schön, den Traum, den man als Kind hatte, leben zu dürfen und das will ich weiter verfolgen. Ich hatte in Deutschland gute und schlechte Momente, aber im Leben ist jeder Moment einer, aus dem man lernen kann.

LAOLA1: Hat sich wiederum Salzburg aus deiner Sicht verändert?

Ramalho: Allgemein hat sich nicht viel verändert, denn die Spielphilosophie ist ähnlich geblieben. Die größte Veränderung ist die Mannschaft an sich. Früher war die Mannschaft auch jung, aber jetzt sind wir noch jünger. Und dafür ist es überragend, was das Team abliefert. Das ist schon Wahnsinn. Allgemein ist das aber einfach schwer zu vergleichen. Wir hatten damals mit Spielern wie Sadio Mane, der nicht umsonst bei Liverpool spielt, oder Jonatan Soriano viel Qualität. Ich finde auch, dass die Spielweisen 2014 und 2018 beide sehr attraktiv sind – aber es ist eben schwer zu vergleichen. Vielleicht hat uns damals noch etwas die internationale Erfahrung gefehlt, jeder hat mittlerweile sicherlich dazugelernt.

Heuter spielen wir ähnlich, aber es gibt Unterschiede. Vielleicht sind wir nun etwas stabiler, was uns Sicherheit gibt. Aber am Ende bringt es alles nichts, wenn nicht alle Spieler mitmachen. Das war damals und heute so.

LAOLA1: Wie bewertest du das Salzburger Defensivverhalten vor allem im Vergleich mit der Zeit unter Roger Schmidt, in der ihr als Verteidiger sehr hoch gestanden seid?

Ramalho: Das war eben die damalige Spielweise, die sehr attraktiv war. Klar, als Verteidiger wünscht man sich, dass man nicht viele Tore bekommt, damals sind wir dieses Risiko aber eingegangen. Das war spektakulär und erfolgreich. Heute spielen wir ähnlich, aber es gibt Unterschiede. Vielleicht sind wir nun etwas stabiler, was uns Sicherheit gibt. Aber am Ende bringt es alles nichts, wenn nicht alle Spieler mitmachen. Das war damals und ist heute so.

LAOLA1: Was macht Marco Rose so besonders?

Ramalho: Besonders ist, wie er die Mannschaft behandelt. Ich bin mir sicher, dass sich jeder in der Mannschaft wichtig fühlt. Das ist genau das, was man sich als Spieler wünscht. Am Ende können zwar nur elf spielen, aber jeder kriegt die Chance, sich zu beweisen. Deswegen sind wir da, wo wir sind. Das ist eine Qualität von ihm und auch vom gesamten Trainerteam.

LAOLA1: Wie stehen die Chancen Salzburgs auf ein Weiterkommen gegen Lazio Rom?

Ramalho: Wir haben in jedem Fall eine Chance, wir sind nicht ohne Grund so weit gekommen, haben etwa in Dortmund gewonnen und stehen nun im Viertelfinale. Aber wir wissen, was auf uns zukommt. Ein Klub mit viel Tradition, mit einer tollen Mannschaft und viel offensiver Kraft. Sie sind auch defensiv gut und verfügen über viel individuelle Qualität. Das ist ähnlich wie bei Dortmund. Da gibt es Spieler, die zu jedem Zeitpunkt das Spiel entscheiden können. Wir müssen konzentriert arbeiten, dann haben wir eine Chance. In Rom wollen wir ein gutes Ergebnis erzielen und in Salzburg die Entscheidung herbeiführen.

LAOLA1: Du triffst auf Ciro Immobile, der in 38 Spielen in dieser Saison 34 Tore erzielt hat. Bereitest du dich auf solch einen Stürmer ganz speziell vor?

Ramalho: Klar. Vor Dortmund habe ich mir etwa Michy Batshuay genau angesehen, vor Real Sociedad Willian Jose, auch wenn er dann verletzungsbedingt nicht gespielt hat. Ich schaue mir auch Spieler aus unserer Liga an, man muss immer vorbereitet sein. Bei solch einem Stürmer muss man sicherlich noch mehr aufpassen. Aber letztlich gilt es als Mannschaft gut aufzutreten, dann wird es nicht nur für mich leichter, sondern auch für alle anderen.

LAOLA1: Wie bereitest du dich konkret auf Immobile vor?

Ramalho: Ich schaue im Internet das eine oder andere Video, erhalte aber auch von unserem Betreuerteam viele Informationen. Wir bekommen immer wieder individuelle Videos zugeschickt, die ich mir anschaue und die mir helfen. Ich beobachte, was der Spieler in verschiedenen Situationen macht, ob er sich für ein Dribbling oder einen Schuss entscheidet. Ob er links oder rechts schießt, ob er links oder rechts mehr trifft. Manche setzen mehr auf Schnelligkeit, andere mehr auf Dribblings.

LAOLA1: Gewinnt Salzburg die Europa League?

Ramalho: (lacht) Das ist noch zu früh zu sagen. Es wäre natürlich ein Traum, aber wir müssen am Boden bleiben. Bis zum Finale ist es noch ein weiter Weg und dann muss man auch ein Endspiel erst einmal gewinnen. Deswegen schauen wir nur auf Lazio Rom.

Die Highlights von Lazios Generalprobe gegen Benevento:


Das Traumtor von Ciro Immobile im VIDEO (ab 03:10):


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