Rapid kommt noch weiter als im Vorjahr! Sturms Kader ist nicht geschaffen für die Dreifachbelastung! Salzburg entfernt sich von der Champions League! Wir rutschen in der Fünfjahreswertung aus den Top 15!
Mit diesen vier Thesen hat die Redaktion Johannes Hofer, Kommentator bei Canal+, und Harald Prantl, Chefredakteur von LAOLA1, konfrontiert.
Am Mittwoch und Donnerstag geht's nämlich für Sturm und Salzburg mit der Ligaphase der UEFA Europa League los, eine Woche später startet Rapid in die Conference League. Canal+ überträgt das Duell zwischen Salzburg und dem FC Porto am Donnerstag (Ankick ist um 21 Uhr) live und exklusiv.

These: Der Abwärtstrend setzt sich fort: Österreich wird heuer in der UEFA Fünfjahreswertung weiter an Boden verlieren und aus den Top 15 rutschen.
Harald Prantl: Aus den Top 15 zu rutschen, wäre verheerend. Dann dürften Österreich 2027/28 nämlich nur noch vier statt bisher fünf Klubs im Europacup vertreten – und kein einziger hätte zum Quali-Start schon eine Ligaphase sicher. Der Umstand, dass die Konkurrenten Dänemark, Schweiz, Zypern, Schottland und Schweden auch nur mit drei – oder sogar weniger – Klubs in den Ligaphasen vertreten sind, macht Hoffnung, dass uns eingangs beschriebenes Schicksal erspart bleibt. Nun müssen Sturm, Salzburg und Rapid aber halt auch liefern. Ich bin zuversichtlich, dass sich das am Ende knapp, aber doch ausgeht.
Johannes Hofer: Wo sind denn nur die Zeiten hin, als Salzburg Jahr für Jahr in der Champions-League-Qualifikation gescheitert ist, um anschließend durch die Europa League zu rasieren. Als Rapid Dauergast in der Europa League war. Erst diese Zeit hat das Fundament gelegt und Österreich als Top-15-Nation etabliert. Salzburgs europäische Wankelmut in den jüngsten Jahren zeigt, mit Ausnahme von Rapid in der Vorsaison, dass die anderen Topvereine dem internationalen Vergleich nicht ausreichend gewachsen sind. Aber wie Kollege Prantl schon schreibt: Auch die unmittelbare Konkurrenz ist nur sehr zaghaft auf der Überholspur. Deshalb wird es sich ausgehen!
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These: Der Kader des SK Sturm ist nicht geschaffen für eine Dreifachbelastung. Die Grazer werden ein ähnliches Schicksal erleiden wie ein Jahr zuvor in der Champions League.
Johannes Hofer: Qualitativ hat sich der Kader im Vergleich zur vergangenen Meistersaison nicht verbessert. Schlüsselpositionen wie die von Yalcouyé oder Wüthrich wurden gar nicht, oder erst spät nachbesetzt. Dieses zögerliche Verhalten auf dem Transfermarkt hat zur Folge, dass Sturm aktuell leider nicht über die Kadertiefe der vergangenen Jahre verfügt. Dass die Grazer ihren Kader für die zwei vielleicht wichtigsten Spiele der Saison im CL-Playoff gegen Bodø/Glimt nicht beisammen hatten, passt hier ins Bild. In der Vergangenheit war bei Sturms Transfers auch immer ein gehöriges finanzielles Risiko gepaart mit Überzeugung ausschlaggebend für den Erfolg. Højlund, Emegha und Biereth sind die besten Beispiele dafür. Genau diese Spieler fehlen den "Schwoazn" aktuell. Aufgrund der Stadionpläne kann der Meister bestimmt nicht so frei agieren, wie es Sportvorstand Michael Parensen gerne würde. Aber die Risikobereitschaft und Überzeugung vergangener Tage fehlen.
Harald Prantl: Wer ein Stadion bauen will, kann seine Risikobereitschaft ruhig mal zurückfahren – frag bei der Wiener Austria nach... Aber ja, auf den ersten Blick ist der Grazer Kader für 18 noch ausstehende Spiele in diesem Kalenderjahr eher dünn. Da darf auf einigen Positionen (Außenverteidiger!) nicht viel passieren. Andererseits muss man diese Situation auch als Chance sehen – (zugekaufte) Talente aus den eigenen Reihen könnten davon profitieren und früher als ursprünglich geplant Einsatzminuten bei den Profis bekommen. Dass so mancher Sturm-Youngster mit der Aufgabe wachsen und im kalten Wasser schwimmen kann, war in der Youth League gut zu beobachten. Vielleicht ist das ja Parensens Überzeugung, die nur auf den ersten Blick fehlt.

These: Salzburg soll sich ruhig wieder mit der Europa League anfreunden, denn die Zeiten, in denen man Jahr für Jahr an der Champions League teilnimmt, sind vorbei.
Harald Prantl: Lasst die PR-Abteilungen der Bundesliga alte Hashtags wieder auspacken! Rapid darf vom Titel träumen und könnte es mit #Mission33 probieren, die Austria lässt wieder vermehrt Eigenbauspieler ran und #UnserWeg wird wieder beschritten und Red Bull Salzburg freut sich auf regelmäßige Auftritte in der Europa League, weil das ist ja #UnserBewerb. Dass der Verein in dem sportlichen Zustand, in dem er sich seit geraumer Zeit befindet, in Europas zweithöchster Spielklasse besser aufgehoben ist, liegt auf der Hand. Der Weg in die Königsklasse wird auf Meisterschaftsebene und angesichts der Entwicklung in der Fünfjahreswertung immer weiter.
Johannes Hofer: Die Suche nach alter Stärke und Identität dauert bei den "Bullen" nun schon etwas an. Vor fünf Jahren wusstest du noch genau, was du sportlich vom damaligen Serienmeister bekommst. Lokale Toptalente und international außergewöhnliche Emporkömmlinge. Genau diese Mischung bekommt Salzburg aktuell nicht hin. Die Transfererlöse stimmen zwar weiterhin, doch an der Basis bedarf es einer Neustrukturierung. Es bleibt der Eindruck: Christoph Freunds Abgang konnte noch immer nicht entsprechend verkraftet werden. Am Ende bleibt die Europa League. Und beim Gedanken an die Zeit rund um 2018 ist das doch auch gar nicht so übel.

These: Die Conference League ist der perfekte Bewerb für Nationen wie Österreich, um zumindest ein bisschen von einem Coup zu träumen: Rapid setzt heuer eines drauf und kommt noch weiter als vergangene Saison.
Johannes Hofer: Bei nüchterner Betrachtung hätte Rapid auch schon in der Vorsaison das Halbfinale erreichen müssen. Djurgardens IF war über zwei Spiele definitiv kein übermächtiger Gegner. Natürlich gehört in der K.O.-Phase auch ein wenig Losglück dazu. Aber aufgrund der Kadertiefe und Qualität denke ich, dass Rapid unter der Anleitung von Peter Stöger auch in dieser Saison wieder für Furore sorgen wird. Zwar sind die Wiener auch in der Vorsaison gut in die Meisterschaft gestartet, doch gerade im Saisonverlauf wird Stögers Teammanagement dafür sorgen, dass in Hütteldorf niemand seinen Kopf verliert. Ein Blick auf die Europa-League-Gegner von Salzburg und Sturm zeigt außerdem: Rein nach Papierform sind das alles beinahe unüberwindbare Hürden. In der Conference League sieht es schon ganz anders aus. Mein Tipp: Endstation Halbfinale gegen Oliver Glasners Crystal Palace.
Harald Prantl: Vermutlich ist das die Realität, mit der wir uns abfinden müssen. Nur in Europas Drittklassigkeit können wir ganz vorne mitspielen. Aber mal ehrlich, es gibt Schlimmeres. Europacup-Nächte können auch in Alkmaar, Rijeka und Göteborg magisch sein. Rapids Kader scheint darauf ausgelegt zu sein, sich im Frühjahr genauso intensiv mit dem Meistertitel wie mit der K.o.-Phase der Conference League beschäftigen zu können. Und wie Kollege Hofer schon richtig schreibt, es braucht keine ganze Hand, um die Klubs abzuzählen, gegen die Rapid in Hin- und Rückspiel chancenlos wäre. Halbfinale gegen Crystal Palace? Nehm ich!