Endstand
4:1
1:1 , 3:0
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Letsch nach Abfuhr ratlos: "Die Geschichte wird nicht besser"

Die "Bullen" verlieren im Duell zweier löchriger Abwehrreihen ein Spiel, "das auch 7:5 ausgehen kann". Thomas Letsch wählt danach recht deutliche Worte:

Letsch nach Abfuhr ratlos: "Die Geschichte wird nicht besser" Foto: © GEPA

Die europäische Reise wird für den FC Salzburg so gut wie sicher vorzeitig nach der Ligaphase enden.

An Spieltag 5 der UEFA Europa League kassieren die "Bullen" die vierte Pleite. Es ist eine, die zwar nicht unverdient war, speziell in dieser Höhe aber richtig schmerzt.

Beim 1:4 gegen den FC Bologna (Spielbericht>>>) sprechen die Salzburger den abgezockten Italienern gleich mehrmals eine (nicht nur) sprichwörtliche Einladung zum Toreschießen aus und können gleichzeitig eine ebenfalls recht löchrige Bologneser Defensive selbst nur viel zu selten bestrafen.

"Kann auch 7:5 ausgehen"

"Wir kriegen vier Gegentore, stehen fünf Mal alleine vor dem gegnerischen Tor und schießen ganz einfach nicht die Tore. Das ist die Geschichte der ganzen Saison, dass wir in beiden Boxen einfach nicht effizient genug sind", ist Comeback-Kapitän Mads Bidstrup gegenüber LAOLA1 schwer enttäuscht.

"Spiele werden in den Strafräumen entschieden", weiß auch Thomas Letsch. Gegenüber "Sky" analysiert er: "Das Spiel kann heute auch 7:5 für Bologna ausgehen."

Deshalb blieb Schuster diesmal draußen

Doch was lief am Donnerstag im Konkreten falsch? Beginnen wir bei der Defensive.

Eigentlich war es ausgerechnet dieser Mannschaftsteil, bei dem unmittelbar vor der November-Länderspielpause, als vier Spiele in Folge gewonnen und schließlich noch auswärts beim SK Sturm gepunktet werden konnte, die größte Verbesserung erkennbar war.

Linkshinten konnte Aleksa Terzic etwas überraschend Frans Krätzig aus der Mannschaft spielen, ähnliches gelang Eigenbauspieler Jannik Schuster gegenüber Joane Gadou. Die als Führungsspieler in die Mozartstadt geholten Jacob Rasmussen und Stefan Lainer auf den übrigen beiden Defensiv-Positionen wurden ihrer angedachten Rolle langsam endlich gerecht.

In Bologna musste allerdings ausgerechnet der aufstrebende Schuster passen. Der 19-Jährige war in den Tagen vor der Italien-Reise erkältet; es war bis zuletzt fraglich, ob er überhaupt mitreisen wird können.

Gadou als Sinnbild der Salzburger Problematik

So wurde Gadou zurück in die Startelf rotiert - eine weitere fitte Option auf dieser Position gibt es wie seit Monaten nach wie vor nicht im Kader - und der Franzose erwischte alles andere als einen guten Tag.

Wenn Letsch sagt, dass "man der Truppe, was Leidenschaft, was Wille anbelangt, keinen Vorwurf machen kann. Aber wir müssen schleunigst lernen, dass wir über 90 Minuten auf diesem Niveau top performen müssen und diese einfachen Fehler nicht machen dürfen", meint er das nicht ausschließlich, aber auch auf Gadou bezogen.

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Es gibt wenige Spieler im Salzburger Kader, die talentierter als Joane Gadou sind - aber auch wenige inkonstantere
Foto: ©GEPA

Schon nach der Pleite gegen Ferencvaros erklärte Letsch sinngemäß, im erst 18-jährigen Franzosen einen hochtalentierten Spieler zu sehen, der sich aber viel zu einfach von Fehlern aus der Bann bringen lässt.

Am vergangenen Donnerstag sah Gadou beim 2:1 nicht allzu gut aus und spielte danach binnen kurzer Zeit gleich drei Mal (!) direkt in gegnerische Beine, schüttelte dazwischen aber auch einen sensationellen Pass auf Yorbe Vertessen, den der Belgier eigentlich in ein Tor ummünzen hätte müssen, aus dem Knöchel.

"Phasen, in denen wir nachlässig sind"

Gadou ist freilich aber nicht allein- oder gar hauptverantwortlich für die Pleite in Bologna. Mit Ausnahme von Rasmussen stellten sich auch die restlichen beiden Mitglieder der Viererkette teils inferior an, von den Sechsern und den Flügelspielern kam zu wenig Unterstützung in der Rückwärtsbewegung.

Zwar sei seine Mannschaft speziell im Pressing immer wieder richtig giftig und lästig gewesen, "aber dann haben wir einfach Phasen, in denen wir nachlässig sind, in denen wir hinterherlaufen und uns auch individuell nicht so clever anstellen, das muss man ganz klar sagen", seufzt Letsch.

Dazu käme freilich die hohe individuelle Qualität der "Rossoblu".

Damit erwischten die "Bullen" speziell defensiv einen absoluten Fehlstart in den letzten Block des Jahres. Nach drei Gegentoren beim 2:3 gegen die WSG Tirol klingelte es diesmal gleich vier Mal im Kasten des da wie dort chancenlos geblieben Alexander Schlager.

Etwas kurios: In beiden Partien ging die zweite Halbzeit mit 0:3 verloren. "Das spricht für sich", ächzt Letsch.

Mehr Torchancen als erwartet

"Ich habe im Vorfeld gesagt: Gegen Bologna wird man sicherlich keine zehn Hochkaräter bekommen. Aber wir hatten fünf Hochkaräter!"

Thomas Letsch

Natürlich zeigte sich der Deutsche aber auch mit seiner Angriffsreihe unzufrieden.

Vertessen fand nach erwähntem Gadou-Traumpass eine Riesenchance auf den Doppelpack vor, der eingewechselte Petar Ratkov vergab einen Hunderter, scheiterte nach einer starken Aktion an der Latte und wurde einmal einzig von einer hauchdünnen Abseitsstellung am Torerfolg gehindert.

Letsch sträubt sich eindringlich dagegen, nach einer derart deutlichen Niederlage von positiven Erkenntnissen zu sprechen, am ehesten noch in diese Richtung geht, "dass man gegen eine Mannschaft, die in den letzten Spielen keine Tore bekommen hat, sehr viele Torchancen herausgearbeitet hat. Aber Torchancen nützen nichts."

"Ich habe im Vorfeld gesagt: Gegen Bologna wird man sicherlich keine zehn Hochkaräter bekommen. Aber wir hatten fünf Hochkaräter! Dann muss halt nicht nur einer rein, dann müssen mehrere rein", fordert der 57-Jährige mehr Kaltschnäuzigkeit von seinen Stürmern ein.

"Bullen" schon wieder die jüngsten im ganzen Bewerb

Genau diese legte die Bologna-Offensive rund um die routinierten, (ehemaligen) italienischen Nationalspieler Federico Bernardeschi und Ricccardo Orsolini an den Tag.

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Mit 22 Jahren ist Petar Ratkov schon fast ein Haudegen in der Salzburger Offensive
Foto: ©GEPA

"Das ist eine abgezockte, erfahrene Männertruppe, die sich nicht umsonst in der Serie A mit genau solchen Mannschaften misst", sagt Letsch in Bezug auf die im Schnitt 2,7 Jahre ältere Mannschaft aus der Emilia-Romagna.

Der Deutsche schickte die drei jüngsten Startelfen aller Teilnehmer der bisherigen Europa-League-Saison auf das Feld; jene am vergangenen Donnerstag war sogar "nur" die zehntjüngste.

"Das ist unser Weg. Den gehen wir auch weiter, dazu haben wir uns alle committed", betont Letsch.

Gleichzeitig sucht er auf "Sky" darin auch einen der Gründe, warum Salzburg in europäischen Spielen auf oftmals unnötige Weise den Kürzeren zieht: "Natürlich ist es dann so, dass wir in den entscheidenden Phasen einfach Fehler machen. So würde ich es formulieren."

"Am Schluss stehen wir wieder mit der gleichen Story da"

So vorsichtig Letschs Formulierung auch ausfällt, aus ihr lässt sich die Frage herauslesen, ob der Salzburger Jugendwahn mit internationaler Konkurrenzfähigkeit kombinierbar ist.

Diese Thematik begleitet die "Bullen" mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt, die Diskussionen darum drehten sich in diesen Zeitraum eigentlich ständig nur im Kreis.

Ähnliches lässt sich in Bezug auf die Auf- und Abs unter Letschs bald einjähriger Ägide in Salzburg feststellen. Immer, wenn es so wirkte, als würde seine Mannschaft in Fahrt kommen, setzt es teils derbe Rückschläge.

"Die Geschichte wird nicht besser. Wir arbeiten an Sachen, sprechen es an, aber am Schluss stehen wir wieder mit der gleichen Story da", ist sich auch Letsch gegenüber "Sky" dieses Umstands bewusst.

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