Trotz ihrer Krise traten die Salzburger Portugals noch makellosem Spitzenreiter mit viel Mut und einer gewissen Portion Frechheit entgegen.
Die spielstarken Gäste wurden etwas später als gewohnt attackiert, dafür umso lästiger. Bei eigenem Ballgewinn wurde der unkomplizierte Weg in die Spitze über schnelle, direkte Umschalter gesucht - eine Formel, die Salzburg in ähnlicher Form speziell in der Jaissle-Ära erfolgreich gegen internationale Top-Teams praktizierte.
"Es war klar, dass wir extrem kompakt sein und im eigenen Ballbesitz eher einfach spielen wollen, um sie nicht reinkommen zu lassen. Der Gegner hatte keinen Zugriff, das war gut", erklärt Letsch den Matchplan.
"Nicht immer nur volles Rohr und wildes Pressing"
Dass dieser mit dem oftmals geforderten "Red-Bull-Fußball" von früher nicht viel zu tun hatte, hat praktikable Gründe: "Es ist einfach wichtig, schnell hinter den Ball zu kommen, damit wir eine enge Einheit sind. Es geht nicht darum, immer nur volles Rohr vorne drauf und wildes Pressing zu spielen, sondern im richtigen Moment. Das haben wir gemacht."
Das Resultat daraus war, dass Porto nur selten richtig gefährlich wurde, während die Salzburger bereits in Halbzeit eins in Form von Petar Ratkov eine riesige Chance liegenließen. Die größte fand aber der eingewechselte Yorbe Vertessen vor, der kurz vor Schluss den Ball knapp am Tor vorbeischlenzte - übrigens auch deshalb, weil der überragende Diogo Costa im Porto-Kasten noch hauchdünn dran war.
"Wenn man in den Ballbesitzphasen aktiv und auch mutig ist, kommt man zu solchen Situationen", sagt Letsch und schnippst mit den Fingern: "Aber das letzte Ding, das fehlt. Sei es der letzte Pass oder die Situation von Yorbe, in der er auch vorbeilaufen kann - deshalb haut aber keiner auf ihn oder sonst wen ein."
Vermeidbares Gegentor? "Da muss es rauchen"
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"Wir müssen aggressiver in die Zweikämpfe gehen, da muss es rauchen. Das kann es nicht sein in letzter Minute"
Vorwürfe von Seiten Letsch' gibt es auch keine hinsichtlich der Entstehung des 0:1 keine 20 Sekunden vor Ende der Nachspielzeit durch William Gomes.
"Es reicht gegen solche Mannschaften, einmal nachlässig zu sein. Wir kommen drei, vier Mal zu spät, Alex (Schlager, Anm.) sieht den Ball gar nicht oder erst kurz vor Schluss, weil er ganz gut schlenzt. Es war eine Mischung aus zu spät dran und der Qualität des Schützen. Keine gute Kombi", will sich der Deutsche nicht auf einen vermeintlich Schuldigen einschießen.
Die Spieler sind unter sich strenger miteinander. Stefan Lainer schimpft bei "Canal+" etwa: "Es darf einfach nicht passieren, dass der Gegner aus dem Nichts in Führung geht. Wir müssen aggressiver in die Zweikämpfe gehen, da muss es rauchen. Das kann es nicht sein in letzter Minute."
"Man fragt sich, was man verbrochen hat"
Keeper Schlager suchte nach Schlusspfiff ein intensives Zwiegespräch mit Linksverteidiger Aleksa Terzic, der den Haken von Torschützen Gomes zur Mitte nicht unterbinden konnte. "Wir dürfen ihn nicht nach innen dribbeln lassen, wir wissen, dass er stark auf seinem linken Fuß ist und diese Situationen sucht", ärgert sich der 29-Jährige.
Den Moment des Einschlags beschreibt er so: "Man fragt sich, was man verbrochen hat."
Eine neue Benchmark?
Insgesamt sind die Salzburger am Donnerstag aber darum bemüht, den positiven Aspekt der bitteren Pleite hervorzuheben - und der war ganz klar die beachtliche Leistung.
"Wir haben uns heute einen Maßstab gesetzt, was die Zukunft betrifft", meint Schlager. Sein Trainer findet ein ähnliches Wording: "Die Mannschaft hat heute klar gezeigt, wozu sie in der Lage ist. Wir sind uns alle einig, dass das jetzt unsere Benchmark ist, und die gilt es alle drei Tage abzurufen."
Sollte das gelingen, "werden wir egal wo - in der Liga, der Europa League oder im Pokal - erfolgreich sein", glaubt Letsch.
Kann man sich auch in der Liga zu solchen Leistungen pushen?
Die Liga ist dabei das Schlüsselwort. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison hatte man von außen das Gefühl, die Salzburger würden mit einer anderen, motivierteren Körpersprache in ein Europacup-Spiel gehen, als sie das zuletzt im nationalen Bewerb taten.
Nicht umsonst erklärt Karim Onisiwo: "Wenn wir so in die nächsten Spiele gehen wie heute und auch in der Liga (mit besonderer Betonung auf 'in der Liga', Anm.) so spielen, kommt Euphorie, dann kommen die Fans wieder und es kommt so ein Rhythmus, wie man ihn in Salzburg gewohnt ist. Dann wird man wieder Spiele gewinnen und Spaß am Fußball haben."