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Sturm: Die Gründe für das Aus von Heiko Vogel

Der Trainer musste gehen, Gründe dafür gibt es mehrere. Sturm Graz erklärt sich.

Sturm: Die Gründe für das Aus von Heiko Vogel Foto: © GEPA

"Wir haben eingesehen, dass wir die Mechanismen des modernen Fußballs nicht außer Kraft setzen konnten."

Mit diesen Worten eröffnet Sturm-Präsident Christian Jauk seine Erklärung zur Trennung von Trainer Heiko Vogel.

Schweren Herzens, aber einstimmig sei die Entscheidung der Grazer Verantwortungsträger gefallen, den Deutschen nach dem 1:1 gegen Wacker Innsbruck vorzeitig zu verabschieden.

Gründe für das Aus gibt es verschiedene. Mehr oder weniger deutlich sind Jauk und Sportchef Günter Kreissl in der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz darauf eingegangen.

Das fehlende Glück

"Es gibt das bekannte Sprichwort 'Das Glück ist ein Vogerl'. In diesem Fall hat es aber nicht zugetroffen", sagt Jauk und spielt damit auf die Spielverläufe der letzten Wochen an. Alleine gegen den FC Wacker stand drei Mal Aluminium einem Sturm-Treffer im Weg. Dazu habe es einen Elfmeter nicht gegeben, ein Tor wurde wegen Abseits nicht anerkannt und es wurden noch weitere Topchancen nicht genutzt, hält Kreissl fest. "Es ist eine paradoxe Situation. Du kannst über einen langen Zeitraum ganz klar eine positive Entwicklung bei der Mannschaft feststellen. Gleichzeitig bist du aber über einen so langen Zeitraum so selten siegreich. Gegipfelt hat das Ganze in den letzten beiden Spielen, die ich einfach gesagt als unglücklich bezeichnen will." Obwohl Präsident Jauk davon spricht, immer nachhaltige Personalentscheidungen treffen zu wollen, hatte das Warten auf das Glück nach dem Samstagabend ein Ende. "Jeder von uns war zerrissen. Ein Ansatz wäre gewesen, dass man noch ein wenig Geduld hat, weil wir so knapp vor dem Durchbruch stehen. Man kann aber auch jenen etwas abgewinnen, die sagen: Wie lange will man noch warten? Ein Sieg aus 14 Spielen ist einfach verdammt wenig", so Kreissl. 

Das Ligen-Format

Statt 23 Runden hat der SK Sturm aktuell nur noch neun Spiele Zeit, das Ruder herumzureißen. Dann werden Punkte und Tabelle geteilt. Aktuell wären die Grazer als Achter nur in der Qualifikationsgruppe. Lediglich drei Punkte fehlen aber auf Platz sechs, den die aktuell unwesentlich erfolgreicher auftretende Wiener Austria besetzt. "Das neue Ligenformat bringt eine andere Drucksituation mit sich. Ich möchte mich nicht darüber beschweren, aber es wäre ein Unterschied, wenn man 23 Spiele Zeit hätte, einen Rückstand aufzuholen", sagt Kreissl. Jauk gibt zu, dass bei anderen Voraussetzungen in puncto Ligen-Format, Vogel möglicherweise im Amt geblieben wäre.

Die unglückliche Kommunikation

"Aus den nächsten beiden Spielen sind sechs Punkte Pflicht." Ein Satz von Vogel nach dem 0:2 in Hartberg, der die Negativspirale in Graz noch einmal beschleunigt hat. Kreissl und Jauk haben in ihrer Emotion diese Worte genau so übernommen und dadurch ihre Wirkung noch verstärkt. Das Ultimatum war perfekt. "All die Wortmeldungen, die wir abgeben, die ein Trainer und Präsident abgibt, können Druck erhöhen oder versuchen, ihn rauszunehmen. Es war eine sehr mutige Aussage von Heiko Vogel, die auch für sein kämpferisches Naturell und seinen Mut spricht. Aber es hat bewirkt, dass mir vor dem letzten Spiel die Frage gestellt wurde, ob mit einem Unentschieden oder einer Niederlage alles vorbei ist. Das wäre auch nach St. Pölten wieder gekommen. Ich möchte es eher als positives Zeichen seines Wesens, als einen Fehler titulieren. Aber es hat, wie alles was wir sagen, die Situation beeinflusst", erklärt Kreissl. Worte, die Druck rausnehmen, waren jedenfalls in den letzten Wochen kaum zu hören. Weder von Vogel, noch von Kreissl oder Jauk.

Der mangelhafte Kader

Der Kader in dieser Saison werde zumindest so gut wie jener der letzten Saison, lautete die Message von Kreissl im Sommer nach einer äußerst turbulenten Transferzeit. Ein paar Monate später fällt es schwer, diesen Worten, auch wenn sie damals im kreissl'schen "Kampfmodus" formuliert wurden, Glauben zu schenken. Spieler wie Ferreira und Obermair stellen offensichtlich bislang keine Verstärkung dar, andere wie Hosiner oder Pink können in ihren Einsätzen nicht überzeugen. Dennoch ist in Graz die Rede vom bislang teuersten Kader aller Zeiten. Ist er auch der beste? "Der beste Kader ist immer der, der am erfolgreichsten ist. Wir haben gewusst, dass es nach der erfolgreichen Vorsaison schwierig wird. Wir haben wenige Spieler geholt, wo wir nicht genau wussten, wie ihr Lebenslauf aussieht. Wir haben Spieler geholt, die bei ihren letzten Vereinen Stammgrößen waren. Wir haben auch Spieler geholt, die einen illustren Lebenslauf hatten und bei Vereinen im Ausland tätig waren und haben alles unternommen, auch in Abstimmung mit dem Trainer, Wünsche zu erfüllen und die Abgänge bestmöglich aufzufangen. Wenn wir uns jetzt beurteilen müssen, kann man sagen: Das ist vielleicht der teuerste Kader, aber derzeit noch nicht der beste. Das ist Kritik an mir und an den Spielern. Wir alle müssen es rechtfertigen, dass der Weg, den der Verein gehen will, in Resultaten spürbar ist", sagt Kreissl, der zugibt, auch sich selbst "massiv" hinterfragt zu haben. "Ich bin der, der die Letztentscheidung trifft. Ich bin nach wie vor vom Kader überzeugt, aber wir müssen die Qualität analysieren. Bei einigen Personalien sind wir weit hinter den Erwartungen." Dass man sich auch von Kreissl trennt, sei aber nie zur Debatte gestanden, meint Jauk.

Die Beziehung Kreissl-Vogel

Der Umbruch im Sommer nach dem Erreichen des Vizemeistertitels und des Cupsiegs hat nicht nur dem Sturm-Kader zugesetzt, sondern auch der Beziehung zwischen Trainer und Sportchef. Zwar wurden die Neuzugänge nach den zahlreichen Abgängen wie Alar, Röcher, Jeggo oder Potzmann von beiden bestimmt, dennoch ließ Vogel in Interviews nach Saisonbeginn durchklingen, dass er mit dem Kader letztlich nicht zufrieden ist. Es wurde sogar ein klärendes Gespräch im Beisein des Präsidenten nötig, um das Verhältnis noch einmal zu kitten. Wirklich zusammenraufen konnten sich beide offenbar nicht mehr. Kreissl selbst beteuert, dass sich das Verhältnis zu Vogel seit dessen Amtsantritt nicht verschlechtert habe. "Wir hatten von Anfang an ein sehr gutes Verhältnis. Es war auch in der Diskussion sehr lebhaft. Wir haben uns oft ausgetauscht. Es geht nicht darum, was sich bei mir und Heiko Vogel verändert hat. Was sich verändert hat, waren 14 Spiele und nur ein Sieg."


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