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Rapid-Neuzugang Grüll: "Wollte nicht zu Red Bull"

Marco Grüll trifft reife Entscheidungen und ging immer ganz speziellen Weg.

Rapid-Neuzugang Grüll: Foto: © GEPA

Marco Grüll wirkt wie ein Lausbub - immer ein verschmitzes Lächeln auf den Lippen, zwar nie das Rampenlicht suchend, aber stets unfreiwillig im Blickpunkt des Interesses.

Vor allem nach seinem rasanten Aufstieg, der ihn binnen drei Jahren von der Regionalliga, über die 2. Liga mit Ried in die Bundesliga brachte und wo nun beim SK Rapid der nächste Karriereschritt bevorsteht.

Seine Entscheidungen der vergangenen Jahre wirken gut durchdacht, der 23-jährige Stürmer wirkt sehr reif und lässt sich nicht von Glitzer und Glamour blenden. Warum er bereits so abgebrüht ist, beantwortete er auf LAOLA1-Nachfrage: "In erster Linie war es für mich sicher gut, dass ich früh mit Erwachsenen zu tun hatte. Da wirst du im Schädl auch ein bisschen gescheiter – nicht immer wahrscheinlich (lacht) - aber du musst dich verändern. Generell gesehen ist es so: Mit meinem Manager habe ich selbst einmal zusammengespielt in St. Johann in der Regionalliga. Der wusste schon damals, dass noch viel gehen kann bei mir. Er unterstützt mich da immer sehr gut. Meine ehemaligen Trainer bei St. Johann und auch in Ried haben mir auch immer geholfen. Ich bins halt so gewohnt, dass man am Boden bleibt und ich will das auch selber, weil es bringt nichts, wenn du ganz weit oben bist. Irgendwann fällt jeder einmal runter."

Das Talent des Schwarzachers aus dem Pongau war früh bekannt. Als junges Talent aus dem Salzburger Land gab es wenig überraschend auch immer wieder Versuche des FC Red Bull Salzburg, den Offensivspieler zu ködern - nicht erst dieses Jahr. "RB Salzburg war jetzt nicht das erste Mal an mir dran. Es hat schon damals nach dem LAZ, der Landesauswahl, Anfragen von Akademien gegeben, aber ich wollte einfach noch nicht weg von daheim. Ich musste deshalb jetzt nicht bei meinem Heimatverein spielen, habe aber schon in der Nähe bei einer anderen Kampfmannschaft mittrainiert. Das hat gut gepasst für mich", verrät Grüll in einer kleinen Medienrunde.

"Ich wollte einfach den Weg gehen. Salzburg war dann wieder mit 17 Jahren interessiert, damals wäre es dann Liefering mit Kooperation etc. gewesen. Das wollte ich einfach nicht. Ich wollte entscheiden, wenn es etwas zum Wechseln gibt, und nicht, dass sie das in der Hand haben. Deshalb ist das dann auch nichts geworden. Ich bin zufrieden, so wie es jetzt ist", bestätigt Grüll und legt nach, warum er sich von der Glitzerwelt nicht den Kopf verdrehen ließ: "Die Arbeit, die Salzburg leistet, muss man eh anerkennen, die ist super. Für mich war es aber einfach nicht das Thema."

Auslandsangebote? "Der Schritt dorthin wäre zu schnell"

Eine klare Meinung, ein selbstbewusstes Auftreten - das macht Grüll aus. Es war aber nicht nur Salzburg am explosionsartig durchgestarteten Ex-Rieder dran, auch aus dem Ausland gab es Interesse, unter anderem von Union Berlin und Eintracht Frankfurt.

Zwei große Namen, aber aus persönlicher Sicht des Spielers zu groß für die derzeitige Karrierephase. "Natürlich, es hat schon Gespräche und Telefonate gegeben. Aber für mich war klar, dass der Schritt dorthin noch zu schnell wäre. Für mich war im Sommer letzten Jahres auch das Thema Rapid und RB Salzburg schon da, da wollte ich in Ried bleiben, weil es erst mein erstes Jahr in der Bundesliga war und ich dort eher die Sicherheit hatte, dass ich spiele. Das Wichtigste ist, dass man spielt – vor allem, wenn man neu in einer Situation ist, wie wir damals in der Bundesliga. Wenn ich damals vielleicht zu Rapid gegangen wäre und es wäre die ersten zwei Monate nicht so gut gelaufen, wäre es natürlich schwierig gewesen, weil du die Liga und das Drumherum nicht kennst. Das Jahr in Ried hat mir noch sehr gut getan."

"Wichtig ist für mich, dass ich spiele. Ich brauche nicht irgendwo hingehen, wo ich weiß, dass ist ein super großer Verein und dann spiele ich keine Rolle. Das macht keinen Sinn."

Für die Weiterentwicklung hat die vergangene Spielzeit mit Sicherheit beigetragen. Elf Tore und vier Assists markierte die Offensivwaffe in seiner ersten Bundesliga-Saison.

Deshalb bringt Grüll seine Überlegungen und Absichten noch einmal auf den Punkt: "Wichtig ist für mich, dass ich spiele. Ich brauche nicht irgendwo hingehen, wo ich weiß, dass ist ein super großer Verein und dann spiele ich keine Rolle. Das macht keinen Sinn."

Grülls ganz eigenes Fußball-Märchen

Deshalb fiel die Entscheidung auf Rapid, den nächsten Step zu einem Top-Klub innerhalb der höchsten österreichischen Spielklasse, wo er gleich vom Start weg Vollgas geben wollte in der Vorbereitung.

"Jeder will spielen, aber du musst dich halt durchsetzen, das ist das erste Ziel", blickt Grüll noch nicht zu weit in die Zukunft. Das tat er nie. Dass er nun so weit ist, hätte er sich vor einigen Jahren wohl nicht zu träumen gewagt. Grüll ging seinen ganz speziellen Weg, der nicht immer belohnt wird.

Auf die LAOLA1-Frage, ob er nach dem rasanten Aufstieg binnen drei Jahren bis hin zu Rapid und zu Auslandsangeboten als Nicht-Akademiker sein ganz eigenes Fußball-Märchen schreibt, schwächt der Stürmer jedoch ab:

"Naja, der Einzige bin ich jetzt nicht, der diesen Weg genommen hat. Aber es gab Zeiten, in denen das mehr passiert ist, jetzt mit Corona ein bisschen weniger, weil einfach nicht gespielt wurde in den unteren Ligen."

Als Beispiele führt er etwa Neo-Teamkollege Ercan Kara oder Ried-Ex-Mitspieler Ante Bajic an, die sich von unten über die Regionalliga hochgearbeitet haben. "Es sind schon viele gute Spieler in der Regionalliga, die in der 2. Liga und genauso in der Bundesliga funktionieren können. Das sind Beispiele, die immer vorkommen werden."

Selbstbewusster Rapid-Neuzugang: "Das ist mein Fußball"

Eine neue Situation und ein Hinaufklettern auf der Karriereleiter bedeutet jedoch auch mehr Aufmerksamkeit, Druck und Flexibilität für neue Umstände. "Es geht um viel mehr, aber das macht mir keine Angst", ist Grüll furchtlos.

Mit seinen Tempo-Dribblings wird er auch Rapid neue Möglichkeiten eröffnen. Dabei bestätigt er, dass das auch von ihm gefordert wird. "Das ist mein Fußball. Deshalb haben sie mich auch geholt, weil ich wahrscheinlich im Eins-gegen-Eins sehr gut bin - nicht nur in der 2. Liga sondern auch in der Bundesliga, wie ich jetzt gezeigt habe."

Gerade gegen tiefstehende Gegner könnten Durchbrüche über die Außenpositionen Räume aufreißen. Noch lieber hat es der Salzburger, wenn er das halbe Feld vor sich hat und mit Tempo in den Strafraum eindringen kann.

"Ich werde mein Spiel sicher nicht verändern. Vielleicht mit ein bisschen mehr Varianten, um zum Nächsten zu spielen. Es ist ganz klar, dass das jetzt öfter gehen wird, weil Rapid viel ballsicherer ist als wie es bei Ried war, wo nur drei Leute vorne waren. Aber im Großen und Ganzen werde und will ich mein Spiel nicht verändern", stellt Grüll klar.

"Ich glaube nicht, dass es für mich schwerer wird"

Durch Rapids Spiel mit extrem hohen Außenverteidigern und vielen Diagonalpässen ortet der grün-weiße Neuzugang noch mehr Chancen, seine Stärken auzuspielen und mit Tempo und technischer Finesse hinter die Kette zu kommen und für Gefahr zu sorgen.

Davon, dass sich Gegner nach seiner ersten Bundesliga-Saison mittlerweile besser auf ihn einstellen könnten oder er bei Rapid noch mehr im Fokus steht, geht Grüll nicht aus. "Ich glaube nicht, weil in der Mannschaft noch mehr Qualität steckt und man sich nicht nur auf einzelne Spieler konzentrieren sollte. In Ried war es teilweise so: Wenn Ante Bajic und ich vorne gespielt haben, haben die Gegner gewusst, dass wir beide schnell sind und haben sich darauf eingestellt. Das ist jetzt schwieriger, weil die Rapid-Offensive doch variantenreicher ist. Ich glaube nicht, dass es schwerer für mich wird."

Trotzdem will der Youngster vor allem eines: Sich weiterentwickeln, den nächsten Schritt machen und beweisen, dass er sich mit seiner Entscheidung für Rapid nicht geirrt hat. Für Verbesserungen ist der reflektierte Neo-Rapidler offen. "Ich kann mich natürlich in allem noch verbessern. Ich bin einer, der in die Regionalliga gekommen ist, wo du einfach anders spielst als in einer Akademie, weil ich doch mit 14 Jahren schon mit Erwachsenen trainiert habe. Da lernst du es ganz anders, körperlich zu spielen. Da ist das Fußballerische nicht mehr das Wichtigste gewesen. Man kann sich überall verbessern. Das ist der nächste Schritt für mich. Ballsicherheit, selber in Ballbesitz sein und andere Bewegungen sind sicher eine Umstellung, aber das kriegen wir sicher hin."

Davon ist auch im Umfeld der Hütteldorfer ein hoher Prozentsatz überzeugt, die in Grüll eine gute Neuverpflichtung sehen. Und wer weiß, wohin ihn sein ganz spezieller Weg noch führt. Der Regisseur seines ganz eigenen Fußball-Märchens ist er sowieso schon.

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