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5 Fragen vor Rapids Reifeprüfung in ECL und Liga

Wie weit ist Rapid? Was passiert mit Demir? Wie viel Geduld haben die Fans?

5 Fragen vor Rapids Reifeprüfung in ECL und Liga Foto: © GEPA

Es ist eine Reise ins Ungewisse. Alles neu, aber auch alles besser?

Beim SK Rapid ist im Sommer kein Stein auf dem anderen geblieben. Zehn Neuzugänge und acht Abgänge sind schon eine Hausnummer, der Kader hat definitiv an Breite gewonnen.

Sportchef Zoran Barisic und Trainer Ferdinand Feldhofer mahnten oftmals zur Geduld, dass trotz viel Ungewissheit rechtzeitig eine schlagkräftige Truppe aufgeboten werden könne.

Nun ist dies bereits Anfang Juli gelungen, obwohl die Transferzeit noch bis zum 31. August läuft. Das birgt Risiken, dass es sich der eine oder andere noch anders überlegt, allerdings ist ein Gerüst vorhanden, das nicht durch ein einzelnes Transferbeben ins Wanken geraten sollte.

Qualitativ und quantitativ in bessere Zeiten?

Einige Leistungsträger wurden verabschiedet, andere wiederum spielen eine wichtige Rolle in der mittelfristigen Planung der Hütteldorfer.

Dazu kommen die interessanten Neuzugänge, die angeführt von Rückkehrer Guido Burgstaller den Grün-Weißen sowohl qualitativ als auch quantitativ auf die Sprünge helfen sollen.

Denn Platz fünf aus der vergangenen Saison sowie lediglich ein Quali-Platz für die Conference League waren nicht nach dem Geschmack der Wiener.

Mit dem 1:0-Kampfsieg in Treibach wurde die erste Pflichtspiel-Hürde im ÖFB-Cup bewältigt. Schon am Donnerstag steht im Heimspiel der 2. ECL-Quali-Runde gegen Lechia Gdánsk (19 Uhr im LIVE-Ticker) mehr auf dem Spiel, will Rapid die erste von drei Hürden auf dem Weg in eine Gruppenphase meistern. Am Sonntag startet dann im Allianz Stadion gegen Ried der ganz normale Bundesliga-Wahnsinn.

Bevor es so richtig zur Sache geht, drängt sich aber noch die eine oder andere Frage auf, wie Rapid die Saison in Angriff nehmen wird und welche Erkenntnise die ersten Wochen liefern werden.

LAOLA1 wirft 5 Fragen vor dem Europacup- und Bundesligastart auf:

  • Was macht Rapid mit so vielen Innenverteidigern?

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Mit Michael Sollbauer ist im Sommer ein erfahrener Routinier für das Abwehrzentrum geholt worden, zudem wurde der Vertrag von Christopher Dibon nach langem Hin und Her verlängert. Der zwischenzeitliche Kapitän Max Hofmann ist auch auf dem Weg zurück, Kevin Wimmer konnte sich zuletzt steigern und dann gibt es auch noch Emanuel Aiwu, der aber auch als Sechser sein Handwerk versteht.

Allerdings gibt es auch noch Youngster wie Martin Moormann, Leopold Querfeld oder Top-Talent Aristot Tambwe-Kasengele, die allesamt ihren Platz in der Defensive suchen. Somit hat Rapid zumindest acht Möglichkeiten für zwei Plätze in der Vierer- bzw. drei Plätze in einer Dreierkette. Das ist ein Überangebot, das seinesgleichen sucht. Klar können Aiwu im defensiven Mittelfeld oder Moormann als linker Verteidiger eingesetzt werden, doch selbst sechs Leute könnten schnell für Unzufriedenheit sorgen.

Die vergangene Saison hat Rapid vorsichtig werden lassen, zudem gibt es aus grün-weißer Sicht hoffentlich lange eine Dreifachbelastung. Das betont Feldhofer auch: "Es wird sich eine erste Elf herauskristallisieren. Aber wir werden nicht alle drei, vier Tage mit den Gleichen spielen können. Wir werden jeden Spieler, der fit ist, einsetzen und benötigen."

Hofmann oder auch Dibon schleppten immer wieder Verletzungen mit sich rum, auch Wimmer blieb nicht verschont. Es wird interessant zu beobachten sein, mit wem Feldhofer plant oder ob er tatsächlich eine ständige Rotation anstößt. Sollbauer wird nach Abenteuern in England und Deutschland nicht für die Bank gekommen sein, Aiwu nicht Angeboten trotzen, wenn er nicht zum Zug kommen sollte. Doch die Konkurrenz ist groß, vielleicht zu groß.

  • Verstellen Alte nun den Jungen den Weg?

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Rapid hat in der vergangenen Saison aus der Not eine Tugend gemacht. Prinzipiell wurde schon der Weg eingeläutet und als Philosophie ausgegeben, jungen Eigenbauspielern den Weg zu den Profis zu ermöglichen. Der Kader-Engpass aufgrund von Corona und Verletzungspech hat 2021/22 Talente en masse in die Kampfmannschaft gespült, die auch schnell das Schwimmen lernten wie etwa Bernhard Zimmermann, Martin Moormann, Niklas Hedl oder Leopold Querfeld.

Der Jugendwahn war aber scheinbar zu viel des Guten, denn in der Transferphase wurde ein Fokus sehr wohl auf erfahrene Spieler gelegt, welche die Mannschaft stabilisieren und führen sollen. Guido Burgstaller ist mit seinen 33 Jahren ein alter Hase und ein absoluter Führungsspieler, Michael Sollbauer steht ihm mit 32 nur wenig nach. Roman Kerschbaum hat ebenfalls schon 28 Lenze auf dem Buckel, Martin Koscelnik 27, Ante Bajic 26 oder Patrick Greil auch schon 25. Die Mannschaft ist also definitiv nicht jünger geworden.

Zoran Barisic betonte die Wichtigkeit der Erfahrung auch im Hinblick auf den Liga-Modus, der in der heißen Phase Abgebrühtheit bei allen Klubs verlangt. "Jeder weiß, was sich zu den letzten Spielen des Grunddurchgangs abgespielt hat. Das ist ja nicht schön. Da geht es um Existenzen. Da ist man weit entfernt von dem Gedanken an die Entwicklung junger Spieler. Wenn ich an kommendes Jahr denke, wen werde ich verpflichten? Einen jungen oder einen erfahrenen Spieler? Wohl eher einen erfahrenen, bei dem die Chance höher ist, dass er sofort funktioniert." 

Feldhofer schwärmte auch von der guten Mischung, mehr Ausgeglichenheit, auch der Konkurrenzkampf zwischen jung und alt offenbart mit Sicherheit neue Facetten, um sowohl die Routiniers als auch die Youngster am Weg nach oben anzustacheln. Schlussendlich soll sich die Qualität durchsetzen oder sogar für ein zweites Aufgebot sorgen, das dem ersten um nichts nachsteht. Bei dieser Tiefe des Kaders wird es allerdings wohl schwierig, das bisher noch unbeschriebene Blätter so schnell wie noch letztes Jahr nach oben vordringen.

  • Was passiert mit Yusuf Demir?

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Es ist in den vergangenen Wochen ruhig geworden rund um Yusuf Demir. Das 19-jährige Ausnahmetalent steht noch immer beim SK Rapid unter Vertrag, die U19-EM mit dem österreichischen Nationalteam verlief nicht gänzlich nach Wunsch und die Erwartungshaltung an "Heilsbringer" Demir stieg ins Unendliche. Dass man einem jungen Mann, der einfach nur Fußball spielen will, damit Unrecht und keinen Gefallen tut, liegt auf der Hand.

Auch bei Rapid war der Youngster nach seiner Rückkehr vom großen FC Barcelona noch nicht der Alte, in die Rapid-Vorbereitung stieg er nach der U19-EM mit Verspätung ein, was ihm mit Sicherheit keinen Startvorteil verschafft. Prinzipiell stellt sich die Frage, wie es mit dem quirligen und technisch versierten Offensivspieler weitergeht? Denn blendet man die übertriebene Erwartungshaltung an den Teenager aus, ist es doch im Sinne Österreichs, das zweifelsohne vorhandene Talent und die PS des jungen Burschen auf die Straße zu bringen.

Rapid wird hoffen, dass das in Wien gelingt. Die nächsten Wochen werden entscheidend sein, welche Rolle Demir bei Rapid spielen kann. Auch ein Transfer ist nicht ausgeschlossen, da immer wieder Gerüchte die Runde machen. Bei der offensiven Power, die über den Sommer größer geworden ist, muss Demir um seinen Platz kennen. Es wäre allerdings viel zu früh, ihn jetzt schon abzuschreiben.

  • Wer stürmt mit wem?

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Was an vorderster Front bei Rapid seit dem Winter abgegangen ist, sucht seinesgleichen. Mit Ercan Kara und Taxi Fountas waren plötzlich beide Top-Stürmer weg, dabei lief nicht alles nach der feinen englischen Art ab. Ferdy Druijf kam auf den letzten Drücker als Ersatz, plötzlich schlug Bernhard Zimmermann ein und funktionierte auf Anhieb. Dazu gab es einen Marco Grüll, der auf jeder Position für Gefahr sorgte - ob ganz vorne oder über den Flügel.

Nun ist wieder etwas anders, denn mit dem Comeback von Guido Burgstaller landete ein Wunschspieler wieder in Hütteldorf. Ein Mentalitätsmonster, das seit seinem Rapid-Abgang bei Kult-Klubs wie Nürnberg, Schalke oder St. Pauli immer ein Fan-Liebling war und deshalb auch bei Rapid mit offenen Armen empfangen wurde - vor allem, weil er seine Trefferquote über die Jahre immer mehr nach oben geschraubt hat.

An ihm wird es nur schwer ein Vorbeikommen geben. Dazu wurde endlich die Fixanstellung von Druijf fixiert, der jedoch noch Zeit braucht, um fit zu werden. Der Niederländer wird erst Ende Juli ins Training einsteigen, was laut Feldhofer aber keine Überraschung sei. Bernhard Zimmermann muss seine Leistungen aus dem Frühjahr beweisen, vor allem auch, weil mit Rene Kriwak der nächste Stürmer nachdrängt, der in der Vorbereitung durchaus aufzeigen konnte.

Mit Burgstaller und Zimmermann stehen zwei Rackerer zur Verfügung, welche die Gegner anbohren, zu Fehlern zwingen, mit Druijf und Kriwak welche, die Bälle festmachen können und die man auch mit hohen Bällen suchen kann. Darüber hinaus bieten alle vier Facetten, die sich in der richtigen Mischung vermengen können.

Außerdem gibt es ja auch noch Grüll, sofern er dem Verein über das Transferende hinweg treu bleibt. Im Cup stürmte Burgstaller mit Kriwak, kam Zimmermann erst rein - möglicherweise nur ein kleines Zeichen, wer mit wem besser harmonieren könnte.

  • Wie geduldig sind die Fans nach dem Umbruch?

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Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Und so verhält es sich auch mit dem Kader-Neuaufbau bei Rapid. Die Abgänge zu verdauen und zehn Neuzugänge gewinnbringend für die ganze Mannschaft einzubauen, ist mit Abstand die größte Aufgabe, die Feldhofer und Barisic in den kommenden Wochen bevorsteht. Dass das neu zusammengewürfelte Team zum Saisonstart noch nicht bei hundert Prozent sein kann, versteht sich von selbst.

Womit wir bei den Rapid-Fans sind, die im vergangenen Jahr wahrlich nicht verwöhnt wurden. Die Grün-Weißen starten mit je einem Heimspiel im Europacup und der Bundesliga und binnen vier Tagen kann das Pendel in die eine oder in die andere Richtung ausschlagen. Prinzipiell ist die Stimmung im Umfeld nach dem Umbruch durchaus positiv, Transfers wurden mit Zufriedenheit zur Kenntnis genommen. Auch die neuen Möglichkeiten und der breite Kader lassen viele Sympathisanten von einer erfolgreichen Saison träumen.

Doch passen die zehn Neuzugänge überhaupt ins Konzept und ins Teamgefüge, so wie man sich das wünscht? Es ist viel Aufbauarbeit von Nöten, die Feldhofer in der Vorbereitung angestoßen hat, doch Automatismen, Spielzüge und taktische Kniffe müssen neu erarbeitet und verinnerlicht werden. Das braucht Zeit, die es bei Rapid bekanntlich nicht gibt. Denn die Gründe für die vielen Umbrüche in den vergangenen Jahren sind durchaus auch auf die schnelle Unruhe zurückzuführen.

Das weiß "Zoki" noch aus eigener Trainer-Vergangenheit beim Klub. "Wenn wir einen Titel holen würden, würde ich natürlich 'Hurra' schreien. Geduld hat eh keiner mit uns, schon gar nicht die Fans. Aber wir haben so viele neue Spieler, die integriert gehören. Das will niemand hören, aber das ist Fakt. Wir sind überzeugt vom Team, von den Spielern, der individuellen Qualität, nur müssen wir das zusammenfügen. Das braucht Zeit. Hoffentlich bekommen wir die Zeit von allen Seiten, dann bin ich überzeugt, dass wir in weiterer Folge nicht nur attraktiven, sondern auch erfolgreichen Fußball spielen werden."

Es wird sich weisen, wie lange der neuen Mannschaft Zeit gegeben wird, um ihr Bestmögliches auf den Rasen zu zaubern.

 

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