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Sturm: Ausbleibende Kontinuität als Chance

Sportchef Kreissl spricht offen über den Status quo in schwarz-weiß.

Sturm: Ausbleibende Kontinuität als Chance Foto: © GEPA

Günter Kreissl verfolgt beim SK Sturm drei Ziele.

Erstens: Den besten Kader und das beste Trainerteam zusammenzustellen, um den größtmöglichen Erfolg zu haben.

Zweitens: Kontinuität zu erreichen, also möglichst viele Spieler an den Verein zu binden.

Und drittens: Darauf vorbereitet zu sein, wenn Spieler den Verein verlassen.

Besonders Ziel Nummer zwei ist, nach einer der erfolgreichsten Saisonen in der jüngeren Klubgeschichte, schwierig zu erreichen. Das zeigen die vergangenen Tage (siehe LAOLA1-Transferliste).

"Ich zitiere Heiko Vogel mit dem Satz: Wir waren zu erfolgreich - auf den Kader umgemünzt. Das kann man flapsig so sagen. Ich tue mir schwer, ihm zu widersprechen", sagt der Geschäftsführer-Sport der Schwarz-Weißen am Mittwoch bei einem Medientermin.

Damit will er sich aber nicht als Pessimist verstanden wissen. Aber es geht ihm um die positive Energie. Energie, die der Verein Sturm Graz "braucht, um erfolgreich zu sein".

GÜNTER KREISSL ÜBER...

...Sturms wirtschaftliche Rolle in der Bundesliga: "Sturm ist ein Verein, der die positive Energie braucht, um erfolgreich zu sein. Er braucht sie mehr als andere, weil wir einfach in der wirtschaftlichen Situation einen ganz klaren Platz im Ranking einnehmen. Der Abstand zu den Vereinen hinter uns ist geringer als jener nach vorne. Über den Daumen kann man sagen, dass die Austria etwa über das Doppelte an Budget verfügt, Rapid um das Dreifache. Salzburg ist dann noch einmal eine Liga drüber. Bei Sturm reden wir von einem Budget von plus minus 13 Millionen. Die Vereine hinter uns wie LASK, Altach und Mattersburg liegen bei acht bis zehn Millionen. Sturm gehört trotz dieses Umstands immer zu den vier Großen. Das macht uns stolz. Der Grund dafür sind aber die sportlichen Erfolge und die Vergangenheit plus die Fanbegeisterung, die rund um Sturm herrscht. Das Wirtschaftliche verläuft aber nicht parallel. Man kann nicht sagen, dass diese vier die gleichen Möglichkeiten haben und dann kommen erst die anderen."

...die Schwierigkeit, die Kontinuität im Kader zu gewährleisten: "Das Ziel zwei war, Kontinuität zu erreichen, möglichst viele Spieler an den Verein zu binden, um auch die positive Energie der Fans zu befeuern, um Charaktere im Verein zu haben, mit denen sich die Leute nicht nur ein halbes Jahr oder Jahr identifizieren, sondern über längere Zeit. Dieses Ziel wird uns mehr oder weniger gut gelingen. Es gelingt uns definitiv nicht in dem Ausmaß, wie wir es wollten. Wir haben national, wie international viel Interesse geweckt. In großen Ligen und auch in welchen, die vielleicht nicht unbedingt sportlich, aber wirtschaftlich über die österreichische zu stellen sind. Spieler, die schon weg sind, waren auch welche, um die wir uns bemüht haben, mit denen wir weiter arbeiten wollten. Es ist nicht so, dass sich Spieler nicht zu uns bekannt haben. Mit Stefan Hierländer und Dario Maresic haben sie das getan. Aber es ist nicht im breiten Stil gelungen."

...das Verhältnis der Grazer Nordkurve zur Mannschaft in dieser Saison: "Es war für mich hart zu sehen, dass in der Kurve so eine Verbitterung über die das aktuelle Geschäft herrscht. Es ist aber gelungen, dass diese Verliebtheit wieder zurückgekommen ist und einzelne Namen von Spielern geschrien wurden, die vielleicht noch nicht so lange beim Verein sind. Genau zu diesem Zeitpunkt, in dem sich die Fans wieder öffnen, tut es gar nicht gut, was jetzt passiert ist. Gerade wenn du schon verschlossen warst und dich wieder öffnest, ist das ein richtiger Stich. Wenn du siehst, in Wahrheit sehe ich mich doch wieder bestätigt. Da leide ich mit."

...die Chance für frisches Blut: "Es sind viele Spieler da, mit denen wir hervorragendes Grundgerüst haben, auch wenn die Kontinuität im erhofften Ausmaß nicht gelingt. Vielleicht tut uns frisches Blut genau in dieser Situation gut. Wenn wir uns die letzten beiden Vizemeister ansehen, wollte Rapid den Titel angreifen und war dann sehr lange im unteren Bereich der Tabelle. Die Austria hat ebenso in Person des Trainers den Angriff auf den Titel ausgerufen. Jetzt sind sie als Siebenter geendet. Wir werden das sicher nicht tun, das kann ich vorwegnehmen. Das Schwierigste im Sport ist, einen außergewöhnlichen Erfolg zu bestätigen. Und Cupsieger, Vizemeister, 70 Punkte, fünf ÖFB-Teamspieler, Spieler der Bundesliga-Saison, Zweiter der Torschützenliste - durch all das snd wir für unsere Mittel ganz nah am Maximum. Daher ist es in der jetzigen Situation vielleicht gar nicht schlecht, dass sich ein paar Spieler mehr als erwartet verändern."

...die offenen Mittel und ihre Möglichkeiten: "Durch die Abgänge habe ich große Mittel über. Was für Potzmann, Jeggo und Edomwonyi eingeplant war - dafür bekomme ich richtig gute Spieler. Kommt der Transfer von Röcher zustande, kann man vielleicht sogar einen Spieler herauskaufen, wenn einer gerade richtig gut unterwegs ist. Da haben wir alle Gestaltungsmöglichkeiten."

...die Chance für junge Spieler: Wir werden einen Kader mit realistischerweise 21 Feldspielern haben. Wenn davon vier junge Spieler dabei sind, bleiben noch 17 Feldspieler, 16 haben am Spielbericht Platz. Die Chance, schnell in den Kader zu kommen, bei Pflichtspielen dabei zu sein, ist also groß. Die Chance, für junge Spieler, mit fantastischen Spielern zu arbeiten, war selten so groß wie jetzt. Ich kann dieser Situation, die schwierig ist, also auch viele positive Dinge abgewinnen.

...das Zitat von Ivica Osim "Sturm ist wichtiger als jeder Spieler": "Der Verein ist speziell. Er lebt von der Leidenschaft und er ist größer als Einzelpersonen. Er ist größer als jeder Spieler, Trainer, Manager und Funktionär. Unsere Fans sollen Sturm weiter anfeuern. Ich muss bis September oder Oktober warten, bis man hoffentlich sagen kann, sie haben es doch wieder geschafft, obwohl viele Spieler gegangen sind. Bis dahin bin ich allen Negativ-Prognosen ausgeliefert. Dabei ist Kritik erst dann zulässig, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Und nicht, weil irgendwer das prognostiziert. Wenn wir im Winter Achter sind, kann zurecht gesagt werden, dass wir es nicht abfangen konnten. Aber wenn wir wieder vorne dabei sind, attraktiven Fußball spielen, der die Leute begeistert, dann ärgere ich mich jetzt schon, dass ich mich zwei Monate mit Dingen herumschlagen muss, ohne der Chance, den Gegenbeweis erbringen zu können. Ich kann durch das hervorgerufene Interesse für keinen Spieler die Hand ins Feuer legen. Aber wir sind voll motiviert."


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