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Red Bull Salzburgs Thronfolger im Sturm

Wie der Meister und Bundesliga-Krösus seine Abgänge an Torjägern kompensierte:

Red Bull Salzburgs Thronfolger im Sturm

Erling Braut Haaland ist weg, Takumi Minamino ist weg und Hee-chan Hwang vielleicht auch bald: Dem FC Red Bull Salzburg ging im Winter 2019/20 jede Menge Offensiv-Power verloren.

Dennoch: Die Maschinerie des Liga-Krösus ist selten von einem Mann abhängig. In neun der 14 Saisonen seit dem Einstieg von Red Bull waren es die Mozartstädter, die den Torschützenkönig der Liga stellten, und viele verschiedene Namen drückten der Liga ihren Stempel auf.

Immer wieder wurde ein neuer Goalgetter aus dem Hut gezaubert - und dieser oft genug anschließend teuer weiterverkauft.

LAOLA1 liefert einen Überblick, welche Stürmer Red Bull Salzburgs interne Schützenliste anführten - und wer ihnen nachfolgte:

Tabelle: Die besten Stürmer 2005 bis 2010

Anmerkung: Berücksichtigt wurden Spieler, die sich in mindestens einer dieser Saisonen unter den drei Top-Stürmern Salzburgs befanden. Angaben beziehen sich auf alle Pflichtspiele, in Klammer die Position in der internen Salzburger Schützenliste (inkl. aller anderen Positionen).

Spieler zu Salzburg 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 gesamt Abgang Salzburg
Marc Janko Sommer 2005 (Admira) 18/11 (1.) 11/3 (8.) 14/5 (3.) 38/42 (1.) 45/22 (1.) 126 Spiele/83 Tore Sommer 2010 (Twente/NED)
Alexander Zickler Sommer 2005 (Bayern/GER) 32/9 (2.) 37/26 (1.) 33/17 (1.) 28/7 (5.) 35/6 (4.) 165 Spiele/66 Tore Sommer 2010 (LASK)
Christian Mayrleb Sommer 2005 (Pasching) 29/9 (3.) 29 Spiele/9 Tore Sommer 2006 (Pasching)
Vratislav Lokvenc Sommer 2005 (Bochum/GER) 5/0 27/5 (7.) 23/4 (7.) 55 Spiele/9 Tore Winter 2007/08 (Basel/SUI)
Robin Nelisse Sommer 2008 (Utrecht/NED) 40/14 (2.) 19/4 (9.) 59 Spiele/18 Tore ab Winter 2009/10 verletzt
Roman Wallner Winter 2009/10 (LASK) 17/5 (6.) 17 Spiele/5 Tore

Am Anfang stand die Kontinuität

Während Salzburger Spieler heutzutage schnell Begehrlichkeiten aus dem Ausland wecken, blieben die besten Stürmer der Red-Bull-Anfangszeit - die 2005 begann - dem Verein eine ganze Weile erhalten.

In der Premieren-Saison bewies ein gewisser Marc Janko - damals 22 Jahre alt und frisch von der Admira geholt - sein Talent. Und dabei war der 1,96-Meter-Hüne keineswegs erste Wahl: Seine zehn Bundesliga-Tore erzielte er allesamt in den letzten zehn Partien des Frühjahrs 2006, er wurde dennoch Top-Torschütze des Teams.

Marc Janko machte lange keinen Abflug
Foto: © GEPA

Janko, später 70-facher ÖFB-Teamspieler, mauserte sich auch danach nicht zum Stamm-Stürmer, denn mit Alexander Zickler tummelte sich ein deutscher Star in den Salzburger Reihen. Der Ex-Bayern-Mann hatte noch einen schweren Einstand, fühlte sich in der Folgezeit aber wohler und wurde zweimal in Folge Bundesliga-Torschützenkönig.

Zicklers Alternative in Giovanni Trapattonis Ein-Stürmer-System war der Tscheche Vratislav Lokvenc, der aber nie zum gefürchteten Goalgetter früherer Tage in Kaiserslautern wurde. 

Janko-Durchbruch im neuen System

Die Wachablöse zugunsten Jankos fand 2008/09 statt: Vor dem Hintergrund der Enttäuschung des an Rapid verlorenen Meistertitels folgte der Wechsel von Trapattoni auf Co Adriaanse, damit auch niederländische Offensiv-Power - und ein Drei-Stürmer-System, in dem Janko glänzte.

Während Zicklers Tor-Quote zurückging, wurde der Österreicher zur Speerspitze an der Front und legte eine Fabel-Saison hin. Mit 39 Bundesliga-Toren wurde Janko mit Respektabstand Torschützenkönig 2008/09 und kratzte am Rekord von Hans Krankl (41 Tore 1977/78), der ihm aber verwehrt blieb.

Der Dritte im Bunde, Robin Nelisse, kam im Sommer 2008 aus Utrecht und deutete seinen Wert an, seine Karriere sollte später durch eine Knieverletzung in Salzburg aber ein jähes Ende nehmen.

2009/10 kam Huub Stevens und der Bedarf an Stürmern ging wieder etwas zurück, nun profitierte Janko von seiner starken Vorsaison und wurde erneut bester Torjäger, wenngleich mit niedrigeren Werten. Als Ersatz für den verletzten Nelisse wurde im Winter - vorerst auf Leihbasis vom LASK - Roman Wallner geholt.

Tabelle: Die besten Stürmer 2010 bis 2015

Spieler zu Salzburg 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 gesamt Abgang Salzburg
Roman Wallner 43/22 (1.) 26/7 (5.) 69 Spiele/29 Tore Winter 2011/12 (Leipzig/GER)
Alan Sommer 2010 (Desportivo Brasil/BRA) 32/10 (2.) 11/11 (3.) 14/11 (3.) 46/37 (2.) 26/24 (3.) 129 Spiele/93 Tore Winter 2014/15 (Guangzhou/CHN)
Gonzalo Zarate Sommer 2010 (Grasshoppers/SUI) 47/7 (3.) 37/2 (10.) 8/2 (11.) 86 Spiele/11 Tore Sommer 2012 (Young Boys/SUI)
Stefan Maierhofer Sommer 2011 (Wolverhampton/ENG) 43/18 (1.) 14/2 (11.) 57 Spiele/20 Tore Winter 2012/13 (Köln/GER)
Leonardo Sommer 2011 (Breda/NED) 49/10 (4.) 49 Spiele/10 Tore Sommer 2012 (vereinslos)
Jonathan Soriano Winter 2011/12 (Barcelona B/ESP) 15/5 (7.) 38/29 (1.) 43/48 (1.) 49/46 (1.) 145 Spiele/128 Tore
Sadio Mane Sommer 2012 (Metz/FRA) 29/19 (2.) 50/23 (3.) 8/3 (9.) 87 Spiele/46 Tore Sommer 2014 (Southampton/ENG)
Havard Nielsen Sommer 2012 (Valerenga/NOR) 28/4 (6.) 15/1 (16.) 0/0 (verliehen) 43 Spiele/5 Tore Winter 2015/16 (Freiburg/GER)
Marcel Sabitzer Sommer 2014 (Leipzig/GER) 51/27 (2.) 51 Spiele/27 Tore Sommer 2015 (Leipzig/GER)

Das Ende der Kontinuität

Nach fünf Jahren, in denen die Hauptlast hauptsächlich Janko und Zickler aufgeschultert war und auch am Transfermarkt kaum Stürmer-Fluktuation stattfand, folgte der erste Umbruch und das Ende der Kontinuität dieser Ausmaße. Janko verabschiedete sich für sieben Millionen Euro zu Twente, Zickler ließ seine Karriere beim LASK langsam ausklingen.

Ersetzt wurde das verlorene Duo durch den 21-jährigen Alan (für 3,5 Mio. von Desportivo Brasil), Joaquin Boghossian (um 6,9 Mio. von Cerre), der sich nicht durchsetzte, und Gonzalo Zarate (für 1,3 Mio. von den Grasshoppers), dessen Tor-Quote überschaubar blieb.

Wallner, der die Salzburger Wertung 2010/11 vor Alan anführte, verabschiedete sich im Winter 2011/12 nach Leipzig. Schon zuvor, im Sommer 2011, kam mit Stefan Maierhofer aus Wolverhampton der österreichische Ersatzmann. Langfristig viel wichtiger wurde aber jener Mann, der im unmittelbaren zeitlichen Kontext zum Wallner-Abgang dazustieß: Jonatan Soriano.

"El capitan catalan" führt die Bullen an

Denn während Maierhofer nur eineinhalb Jahre in Salzburg blieb (aber 2011/12 zumindest als treffsicherster Stürmer abschloss), wurde Soriano neben Alan nicht nur zur Offensiv-Maschine der folgenden Jahre, sondern auch zu "El capitan catalan".

Soriano: Der Inbegriff eines Salzburg-Stürmers

In den folgenden vier Jahren war der für nur 500.000 Euro von Barcelona B geholte Katalane Salzburgs torgefährlichster Angreifer, drei dieser Saisonen schloss er auch als Bundesliga-Torschützenkönig ab. 172 Tore in 202 Pflichtspielen sollten am Ende in der Bilanz stehen, ehe Beijing Guoan im Winter 2016/17 für den Spanier 15 Mio. Euro nach Salzburg transferierte.

Auch Alans Tor-Quote blieb Zeit seines Verbleibs in der Mozartstadt - der zwei Jahre früher und dank elf Mio. Ablöse auch in China bei Guangzhou Evergrande endete - mit 93 Toren in 129 Spielen beeindruckend. In der Abrechnung immer hinter Soriano, reichte das in drei Saisonen aber stets für die Top-3.

Sadio Mane: Der erste dicke Transfer-Fisch

Der Sommer 2012 brachte neben einem Offensiv-Flop - Havard Nielsen, der drei seiner fünf Salzburg-Tore in einem Spiel erzielte - auch drei echte Kracher: Sadio Mane und Mittelfeld-Mann Kevin Kampl, der immerhin auch 29 Mal treffen sollte.

Der eben erst zu Afrikas Fußballer des Jahres gekürte Mane mauserte sich in seinen zwei Jahren nicht nur zur dritten großen Offensiv-Waffe neben Soriano und Alan, sondern mit seinem 23-Millionen-Transfer zum FC Southampton auch zum ersten dicken Transfer-Fisch der Moneymaker aus dem Dosen-Imperium. Die restliche Geschichte des nunmehrigen Weltstars in Liverpool ist bekannt.

Nach Manes Abgang sprang Leipzig-Leihgabe Marcel Sabitzer ein Jahr lang ein, wegen starker 27 Tore war der Ex-Rapidler aber schnell "offiziell" in Deutschland engagiert.

Tabelle: Die besten Stürmer 2015 bis 2020

Spieler zu Salzburg 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 gesamt Abgang Salzburg
Jonathan Soriano 34/32 (1.) 23/12 (3.) 57 Spiele/44 Tore Winter 2016/17 (Beijing/CHN)
Takumi Minamino Winter 2014/15 (Osaka/JPN) 40/13 (3.) 31/14 (2.) 44/11 (6.) 45/14 (2.) 22/9 (3.) 182 Spiele/61 Tore Winter 2019/20 (Liverpool/ENG)
Omer Damari Sommer 2015 (Leipzig/GER) 16/4 (5.) 16 Spiele/4 Tore Sommer 2016 (Leipzig/GER)
Smail Prevljak Sommer 2014 (Leipzig/GER) 10/2 (11.) 0/0 (Liefering) 0/0 (verliehen) 32/12 (3.) 5/1 (13.) 47 Spiele/15 Tore noch im Team
Hee-chan Hwang Winter 2014/15 (Pohang/KOR) 14/0 35/16 (1.) 37/13 (3.) 0/0 (verliehen) 22/9 (3.) 108 Spiele/38 Tore noch im Team
Munas Dabbur Sommer 2016 (Grasshoppers/SUI) 25/6 (7.) 55/29 (1.) 48/37 (1.) 128 Spiele/72 Tore Sommer 2019 (Sevilla/ESP)
Fredrik Gulbrandsen Sommer 2016 (Molde/NOR) 17/2 (13.) 55/18 (2.) 35/12 (3.) 107 Spiele/32 Tore Sommer 2019 (Basaksehir/TUR)
Patson Daka Winter 2016/17 (Kafue/SAM) 12/1 (16.) 26/6 (7.) 26/17 (2.) 64 Spiele/24 Tore noch im Team
Erling Haaland Winter 2018/19 (Molde/NOR) 5/1 (16.) 22/28 (1.) 27 Spiele/29 Tore Winter 2019/20 (Dortmund/GER)

Ein Soriano-Nachfolger mit Anlauf

Mit dem Ende der Ära Soriano wurde der Kampf um die Top-Position an Salzburgs Front härter. Auf den Abgang der langjährigen Speerspitze wurde schon vorher reagiert, die wichtigsten Stürmer der Nach-Soriano-Zeit stießen fast durchgehend bereits zuvor in die Mozartstadt.

Munas Dabbur, der in den folgenden zwei Jahren neuer Top-Torschütze wurde, konnte aber nicht unmittelbar einspringen: Er war im Frühjahr 2017 zu seinem Ex-Klub, den Grasshoppers verliehen, nachdem der Herbst nur zwei Bundesliga-Treffer mit sich brachte. In der Schweiz, wo er in dieser kurzen Zeit sogar als Kapitän agierte, kehrte sein Torriecher zurück - den er in den zwei Folgejahren beweisen sollte.

Foto: © GEPA

2017/18 und 2018/19 kürte sich der Israeli zum Bundesliga-Torschützenkönig und empfahl sich so für seinen Transfer nach Sevilla, wo Dabbur aber fast keine Rolle spielte und zu Beginn des Jahres an die TSG Hoffenheim nach Deutschland abgegeben wurde.

Unmittelbar nach Soriano war es aber Hee-chan Hwang, der im Frühjahr in die Bresche sprang, und auch der zweite Teil der "Fernost-Connection" in Person von Takumi Minamino lief langsam warm.

Ob Ferner Osten oder Hoher Norden: Tore am Fließband!

Der Südkoreaner kam aber nicht ganz an die Werte heran, die der abgewanderte Katalane lieferte, und er wurde zwischenzeitlich an den HSV verliehen. 2019/20 könnte aber noch zu seiner besten Saison im Red-Bull-Trikot werden - so der Südkoreaner den Bullen erhalten bleibt.

Minamino hingegen wurde zum neuen Inbegriff der Salzburger Treue, lieferte beständige Zahlen und blieb bis zu seinem jüngsten Abgang sechs Jahre bei den Mozartstädtern, dabei war er mit einer Ausnahme immer in den Top-3 der Salzburger Torschützen.

Nicht nur mit Spielern aus dem Fernen Osten, auch mit Norwegern waren die jüngsten Erfahrungen erfreulich für RBS: Dabei waren zwei interne Top-3-Platzierungen und 32 Tore in drei Jahren gar nicht genug für Fredrik Gulbrandsen, um ihn weiterhin ihn Salzburg zu beschäftigen. Und über Erling Haaland müssen an dieser Stelle ohnehin kaum Worte verloren werden.

Wer wird der neue "König im Sturm"?

Nun steht Salzburg vor der Aufgabe, die Nummer eins und drei der eigenen Schützenliste 2019/20 zu ersetzen. Gleichauf mit Minamino liegt Hwang, der aber Interesse aus der Premier League auf sich gezogen hat und selbst zum nächsten schmerzhaften Abgang werden könnte.

Torquote: Daka muss sich nicht verstecken
Foto: © GEPA

Smail Prevljak lieferte seine beste Saison 2017/18 im Trikot des SV Mattersburg ab, tastete sich aber zuletzt auch in Salzburg an seine Top-Form heran - in der laufenden Saison war ihm der Weg bislang versperrt. Mit Mergim Berisha, der aus Altach zurückbeordert wurde, und Anderson Niangbo, retour vom WAC, bekommt er weitere Konkurrenten dazu, die zuletzt an anderer Bundesliga-Stätte aufzeigen konnten.

Am versperrten Weg war bislang nicht nur Haaland, sondern auch Patson Daka schuld - der mit bislang 14 Bundesliga-Toren annähernd an die Tor-Quote von Haaland herankommt und wohl der nächste heiße Salzburger Goalgetter sein wird bzw. bleibt.

Die neue Situation bietet auch neue Möglichkeiten für Sekou Koita, nach Rückkehr von der Bauchmuskel-Verletzung an seine acht Tore aus dem Herbst anzuschließen und mehr Einsatz-Zeit zu bekommen.

Und von Liefering drängen mit Karim Adeyemi und Junior Adamu auch bereits die nächsten Kandidaten nach. Wer auch immer der "Thronfolger" von Torkönig Haaland wird - er muss sich einer noch nie dagewesenen Konkurrenz erwehren.

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