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Daniel Madlener - der etwas andere Trainer

Der Steyr-Coach tut ungewöhnliche Dinge, um im Kopf Grenzen zu verschieben.

Daniel Madleners Blick auf die Arbeit als Fußballtrainer ist anders. Der Vorarlberger tut auch andere Dinge als die meisten seiner Kollegen.

Mal kommt er mit einer Tastatur in die Kabine und lässt jeden einzelnen Spieler die "Entfernen"-Taste drücken. Mal bietet er vor einer Partie einen Schluck Whiskey an.

"Wie passiert Lernen? Oft durch Überraschungen", sagt der Chefcoach des SK Vorwärts Steyr im großen LAOLA1-Interview. "Jeder Spieler hat eine Grenze im Kopf", ist er sich sicher.

In der Vorsaison hat das Werken und Wirken der Klub-Legende Früchte getragen. Der notorische Abstiegskandidat war das drittbeste Frühjahrsteam. Doch für den 57-Jährigen ist "der Weg ist wesentlich wichtiger als das Ergebnis".

Ein Gespräch über rote Linien, Werkzeugkisten und feuerspeiende Panther.

LAOLA1: Wie zufrieden sind Sie mit dem Kader?

Daniel Madlener: Es ist für uns nicht so einfach, eine Mannschaft zusammenzustellen, weil unsere budgetären Mittel sehr begrenzt sind. Andererseits bin ich überzeugt, dass wir ein spannendes Team zusammengestellt haben, eine tolle Rolle spielen werden. Aber wir haben noch viel Arbeit vor uns.

LAOLA1: Insgesamt war es ein großer Umbruch.

Madlener: Er ist größer ausgefallen als geplant. Einige Spieler, von denen wir gedacht haben, dass sie verlängern, haben sich anders entschieden. Das ist die Herausforderung und das liebe ich. Wir müssen viel Arbeit investieren, um an das Frühjahr anschließen zu können.

LAOLA1: Die Rückrunde der Vorsaison war sensationell, nur Austria Lustenau und der FAC haben mehr Punkte gemacht.

Madlener: Wenn man mit den richtigen Bausteinen arbeitet, ist sehr viel möglich. Es geht darum, den Spielern ein anderes Denken zu vermitteln. Ich bin überzeugt, dass alles möglich ist. Diese Haltung legen wir an den Tag.

LAOLA1: Sie haben schon bei Ihrem Amtsantritt im August 2021 nicht den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben, sondern attraktiven Fußball.

Madlener: Der Weg ist wesentlich wichtiger als das Ergebnis. Wenn der Weg stimmt, kommen die Ergebnisse automatisch. Man muss andere Wege beschreiten, um wirklich erfolgreich zu sein.

LAOLA1: Was sind andere Wege?

Madlener: Es muss kontinuierliche Arbeit in viele Bereiche gesteckt werden. Es ist nicht nur die Arbeit am Trainingsplatz, sondern auch die Arbeit in der Kabine, die Arbeit mit jedem einzelnen Spieler. Nur so ist Erfolg möglich. Ich bin überzeugt, dass das richtige Denken sehr viel bewirken kann.

LAOLA1: Bevor wir näher über Ihre Arbeit sprechen, noch eine andere Frage: Was wäre für Sie in dieser Saison ein Erfolg?

Madlener: Eine Verbesserung gegenüber der Vorsaison. Die Messlatte liegt sehr hoch. Es geht darum, sich jeden Tag, in jedem Training minimal zu verbessern. Wenn uns das gelingt, kann man wieder ins Vorwärts-Stadion kommen und sieht dort tollen Fußball.

LAOLA1: Sie sind kein Freund von Trainern, die den Klassenerhalt als Ziel ausgeben, oder?

Madlener: Nein, weil ich anders denke. Natürlich wird es auch schlechtere Phasen geben, aber das sind ganz wichtige Phasen, weil das die Herausforderungen sind, etwas zu verbessern und Werkzeuge in die Hand zu nehmen, damit sich das zum Positiven wendet.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Die Genugtuung bezüglich der Rezeption Ihrer Arbeit im Frühjahr muss groß gewesen sein. Es wurde wahrgenommen, was Sie in kurzer Zeit entwickelt haben.

Madlener: Auf jeden Fall. Es ist wichtig, sich über solche Dinge zu freuen. Freude bedeutet Energie. Im Fußball geht es darum, Energie in eine Mannschaft zu bringen. Meine größte Energiequelle ist Begeisterung.

LAOLA1: Sie stellen Spieler gerne mal auf Positionen, die sie nicht gewohnt sind. Was denken Sie sich dabei?

Madlener: V bedeutet nicht nur Vorwärts, sondern auch variabel. Wir wollen alle Möglichkeiten testen. Fußball bedeutet Mut. Diesen Mut, egal in welcher Situation, zu zeigen, ist eine Möglichkeit, noch mehr Erfolg zu haben.

LAOLA1: Wie reagieren die Spieler darauf? Wenn etwa ein Stürmer neu kommt und Sie ihn dann als Innenverteidiger ausprobieren.

Madlener: Das passiert ja nicht ohne Training. Im Vorfeld führe ich Gespräche, ob sich der Spieler das auch vorstellen kann. Man darf die Spieler nicht überfordern. Aber es geht darum, Spieler zu entwickeln, damit sie variabler und im Denken anders werden.

LAOLA1: Sie machen immer wieder unorthodoxe Dinge. Als sie neu zum Klub gekommen sind, haben Sie eine Tastatur in die Kabine mitgenommen und die Spieler die „Entfernen“-Taste drücken lassen, damit diese das bisher Geschehene praktisch löschen. Fällt Ihnen so etwas spontan ein oder haben sie eine Werkzeugkiste, in die Sie greifen?

Madlener: Ich habe meine Werkzeugkiste. Genauso wie ich einen Plan auf dem Platz habe, habe ich einen Plan für den Kopf. Ich habe mich bei der UEFA-Pro-Lizenz damit beschäftigt, wie ich als Trainer auf die Psyche eines Spielers einwirken kann. Wenn man bewusst und regelmäßig in diese Richtung arbeitet, verschieben sich Grenzen. Wie passiert Lernen? Oft durch Überraschungen. Mein Vorteil ist, dass ich auch sehr spontan bin und hin und wieder eine Idee habe, wie man etwas anders präsentieren kann.

LAOLA1: Von wo und wohin verschieben sich Grenzen?

Madlener: Jeder Spieler hat eine Grenze im Kopf. Es geht darum, sich zu trauen, größer zu denken. Das ist teilweise nicht so einfach, weil diese Grenze im Kopf eine rote Linie ist, über die er sich nicht drüber traut. Meine Aufgabe ist, durch gewisse Tricks, diese Grenzen auszutricksen und sie zu überwinden.

LAOLA1: Wie schmal ist der Grat bei solchen Tricks bzw. Aktionen zwischen Überraschung sowie darauffolgenden Lerneffekt und damit drüber zu sein, die Mannschaft nicht zu erreichen?

Madlener: Das passiert natürlich immer wieder. Man kann das nicht allgemein sagen, jeder Spieler ist anders. Ich merke, dass ich einzelne Spieler sofort erreiche, es bei anderen schwieriger ist. Meine Aufgabe ist, Mittel zu finden, um auch diese Spieler zu erreichen. Ich gebe keine Ruhe, bis das passiert, bis sich Grundlegendes verändert. Es geht um Regelmäßigkeit, viel hängt von positiven Affirmationen und der Haltung ab. Der Spieler muss erkennen, dass er die Werkzeuge, die ich zur Verfügung stelle, regelmäßig anwenden muss.

LAOLA1: Lässt sich dieser Ansatz auf jeden Trainer umlegen oder muss man da der Typ dazu sein?

Madlener: Das muss jeder für sich herausfinden. Ich habe herausgefunden, dass ich als Trainer der beste Mentalcoach bin. Ich habe jeden Tag die Möglichkeit, auf die Psyche der Spieler einzuwirken. Wenn es mir gelingt, das in eine positive Richtung zu bringen, hilft es, auf dem Weg, sich zum Gewinner zu entwickeln.

LAOLA1: Ist so ein Umbruch wie im aktuellen Kader eine große Herausforderung, weil Sie nicht auf das aufbauen können, was Sie im letzten Halbjahr mit der Mannschaft erarbeitet haben?

Madlener: Das ist es. Aber ich liebe Herausforderungen. Wenn die Herausforderung groß ist, kann man Probleme lösen. Und da steckt das Wort Pro drinnen – das ist für und nicht gegen mich. Man beginnt teilweise wieder von Neuem, da geht es auch um Teambuilding, das braucht eine gewisse Zeit.

LAOLA1: Was machen Sie da in Sachen Teambuilding?

Madlener: Bei Steyr ist der feuerspeiende Panther im Wappen, das ist unser Leitmotiv. Letzte Saison haben wir ganz spezielle Fotos gemacht, wo wir Feuer gespien haben.

LAOLA1: Was zeichnet den feuerspeienden Panther aus?

Madlener: Mir geht es um die Haltung. Der Panther ist ein schnelles Tier, mit dem ich gewisse Eigenschaften in Verbindung bringe. Ich kann dann die Spieler daran erinnern, dass ich das auf dem Platz sehen will.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Was bedeutet Ihnen der Klub Vorwärts Steyr?

Madlener: Es ist für mich ein sehr spezieller Klub, meine zweite Heimat. Ich habe als Spieler eine tolle Zeit dort verbracht. Und im Moment sind wir in einer guten Entwicklung, die hoffentlich so weiter geht.

LAOLA1: Dass die Infrastruktur in Steyr, vor allem die Trainingsmöglichkeiten betreffend, aktuell herausfordernd ist, ist kein Geheimnis. Frustriert Sie das manchmal?

Madlener: Überhaupt nicht! Mich erinnert das an früher. Es ist noch genauso wie zu meiner Zeit als Spieler. (lacht) Natürlich würde es uns helfen, bekämen wir ein neues Trainingszentrum.

LAOLA1: Es wird hart daran gearbeitet, das umzusetzen.

Madlener: Auf jeden Fall. Da hilft auch das vergangene Frühjahr, weil alle gesehen haben, dass es in die richtige Richtung geht. Wir haben uns zu einer Expedition aufgemacht. Da wird es hin und wieder Rückschritte geben, aber wir werden uns mit den richtigen Werkzeugen ausstatten und weitermachen.

LAOLA1: Wie ist der Stand dieser Expedition in fünf Jahren in Ihrer Idealvorstellung?

Madlener: Ich will früher oder später der Beste sein. Ich bin überzeugt, dass es früher oder später möglich ist, in die Bundesliga zu kommen.


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