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Fallmann: "Glaube an die Chance von fünf Prozent"

Coach Fallmann verrät, wie seine Elf im "Jahrhundertspiel" RB Salzburg fordern will:

Fallmann: Foto: © GEPA

Du hast keine Chance, also nutze sie sie.

Wenn überhaupt, gibt es wohl nur ganz wenige, die dem SKU Amstetten im ÖFB-Cup-Duell mit dem FC Red Bull Salzburg (Sonntag, 9. Februar, ab 18 Uhr im LIVE-Ticker) eine Chance geben.

Während diese Partie für den Serienmeister wohl unter die Kategorie Pflichtübung fällt, ist es für den Underdog aus Niederösterreich eine Art "Jahrhundertspiel". Gerade solche Ausgangspositionen machen den Reiz des Cups aus.

Amstetten-Trainer Jochen Fallmann spricht im LAOLA1-Interview jedoch nicht nur über das Kräftemessen mit den "Bullen", sondern verdeutlicht auch die Entwicklung, die der Verein in eineinhalb Jahren HPYBET 2. Liga genommen hat.

LAOLA1: Dein Spieler Philipp Offenthaler hat gemeint, er ist vor dem Duell mit Salzburg von Tag zu Tag angespannter. Wie geht es dem Trainer?

Jochen Fallmann: Ich merke, dass ich bereits wieder im Pflichtspiel-Rhythmus drinnen bin. Kribbeln, Anspannung und Vorfreude sind natürlich zu spüren, aber nicht mehr oder weniger als vor jedem anderen Pflichtspiel.

LAOLA1: Du wirst deine Spieler aber vermutlich nicht bremsen, wenn sie auf das Spiel hinfiebern.

Fallmann: Natürlich nicht. Die Jungs haben es sich ja auch verdient, weil sie im Cup so weit gekommen sind. Deswegen finde ich das ganz normal und will ich auch gar nicht eindämmen – im Gegenteil! Jeder hat seinen individuellen Zugang auf eine Partie. Wenn die Jungs schon heiß darauf sind, werde ich das nicht verhindern.

LAOLA1: Ist es das bedeutendste Spiel der Vereinsgeschichte?

Fallmann: Der Verein war in seiner Geschichte zwar schon ein Mal im Cup-Viertelfinale, aber dieses Match ist trotzdem etwas ganz Besonderes, weil es jetzt auch noch gegen einen Gegner geht, der die letzten Jahre national dominiert und international aufgezeigt hat.

"Vielleicht haben Haaland und Minamino mehr Erfahrung als beispielsweise ein Karim Adeyemi, aber die Qualität an sich ist die gleiche."

LAOLA1: Die gängige Frage: Worauf wird es ankommen?

Fallmann: In erster Linie wird es darauf ankommen, gut ins Spiel zu starten. Obwohl es schwer wird, müssen wir schauen, dass wir gut in die Zweikämpfe kommen. Genauso müssen wir die richtigen Entscheidungen treffen, wenn wir selbst den Ball haben, um den einen oder anderen Nadelstich zu setzen. Natürlich brauchen wir auch das Spielglück, dass der Gegner die ersten zwei, drei Chancen vielleicht nicht verwertet. Dann kann sich ein Spiel in eine Richtung entwickeln, die interessant wird.

LAOLA1: Spekulierst du zumindest im Hinterkopf mit einer Sensation?

Fallmann: Ich kann schon einordnen, dass Salzburg natürlich der große Favorit ist, und die Chance bei sagen wir mal fünf Prozent liegt, dass sowohl Salzburg als auch wir so einen Tag erwischen, dass es eng wird. Aber an diese fünf Prozent Chance glaube ich! Ich glaube auch an die Jungs, und bin überzeugt davon, dass es möglich ist, wenn alles zusammenpasst. Auch wenn die Chance gering ist.

LAOLA1: Worauf müssen sich die "Bullen" gefasst machen, damit diese fünf Prozent schlagend werden?

Fallmann (schmunzelt): Auf ein ausverkauftes Haus, das kann ich garantieren! Ansonsten wäre es vermessen, als SKU Amstetten zu sagen, Red Bull Salzburg kann sich auf etwas gefasst machen. Aber wir werden versuchen, unsere Tugenden und unsere Spielidee, natürlich angepasst auf Salzburg, umzusetzen. Ansonsten werden wir keine Kampfansagen machen.

LAOLA1: Wie froh bist du, dass Salzburg Erling Haaland verkauft hat. Es ist das erste Pflichtspiel der "Bullen" seit dem Transfer nach Dortmund.

Fallmann: Sie haben ja nicht nur Haaland verkauft, sondern auch Minamino. Wenn man jedoch weiß – und das spürt man aus eigener Erfahrung, wenn man in der 2. Liga gegen Liefering spielt -, welche Jungs da nachkommen, handelt es sich um ähnliche Qualität wie bei den beiden Jungs, die sie verkauft haben. Vielleicht haben die beiden mehr Erfahrung als beispielsweise ein Karim Adeyemi, aber die Qualität an sich ist die gleiche.

"Das Umfeld ist sehr familiär, und ich denke, das wissen die Spieler sehr zu schätzen. Wenn man auseinander geht, versucht man, es sehr sachlich zu machen. Da gibt es kein böses Wort oder schlimme Scheidungen mit Anwälten."

LAOLA1: In der Liga hat Amstetten als Neunter einen guten Herbst gespielt, vielleicht mit dem einen oder anderen Unentschieden zu viel. Sowohl auf Rang drei als auch auf einen Abstiegsplatz sind es vier Punkte. Blickst du eher nach vorne oder eher nach hinten?

Fallmann: Prinzipiell ist es richtig, dass wir einen guten Herbst gespielt haben. Es hätte jedoch auch ein sehr guter werden können. Die Möglichkeit war da. Aber wir sind demütig und können einschätzen, dass wir dort stehen, was dem Leistungspotenzial der Mannschaft entspricht. Zur Frage: Ich bin generell ein Trainer, der nie nach hinten, sondern immer nach vorne schaut. So werden wir es auch in der Meisterschaft angehen – wohlwissend, dass von 16 Vereinen 14 in einer sehr gefährlichen Lage sind.

LAOLA1: Du hast den Verein vor knapp einem Jahr in einer schwierigen Situation übernommen. Seither geht es sportlich bergauf. Wo siehst du die größten Fortschritte?

Fallmann: Ich würde ganz wertfrei von Entwicklungsschritten sprechen. Die größten haben wir gemacht, indem wir eine klare Spielidee haben und immer wieder versuchen so umzusetzen, dass sie im Spiel wiedererkennbar ist. Das gelingt mal ein bisschen besser, mal ein  bisschen schlechter. Auf dieser guten Basis gilt es im Frühjahr aufzubauen und einige Dinge besser zu machen, die wir bislang noch nicht optimal gemacht haben.

LAOLA1: Was sagt es über die Entwicklung des Vereins aus, dass man die Leistungsträger im Winter allesamt halten konnte?

Fallmann: Ich denke schon, dass das mit der Art und Weise, wie der Verein tickt, zu tun hat. Amstetten ist ja, wenn man es näher kennenlernt, im positiven Sinn ein bisschen eigen. Außerdem habe ich mit Harry Vetter einen sportlichen Leiter als Partner an meiner Seite, der seit zig Jahren in Amstetten die Mitverantwortung im sportlichen Bereich trägt. Wir versuchen gemeinsam, das Beste für den Verein zu machen. Das Umfeld ist sehr familiär, und ich denke, das wissen die Spieler sehr zu schätzen. Wenn man auseinander geht, versucht man, es sehr sachlich zu machen. Da gibt es kein böses Wort oder schlimme Scheidungen mit Anwälten. Dass die Spieler sich wohl fühlen und schätzen, was sie an Amstetten haben, ist schon eines der Geheimnisse.

"Ich habe dem Verein auch nähergebracht, dass man zwar nicht zu 100 Prozent in den Profibereich, aber in einen guten semiprofessionellen Bereich reingehen muss."

LAOLA1: Nehmen wir David Peham her, der im Kalenderjahr 2019 wie am Fließband getroffen hat. Hilft hier seine berufliche Situation oder ist dennoch Überzeugungsarbeit notwendig, um ihn zu halten?

Fallmann: Es ist weniger Überzeugungsarbeit, sondern die tägliche Zusammenarbeit, die viel ausmacht. Angesichts seines Berufs hat er natürlich auch die eine oder andere Freiheit, die er bei einem anderen Verein vielleicht nicht hätte. Ich als Trainer habe gewusst, wie die Strukturen sind, als ich nach Amstetten gegangen bin. Wir haben sie sukzessive leicht adaptiert, weil man sich einfach an die Liga anpassen musste, sonst wäre es schwierig geworden. Das hat man im ersten halben, dreiviertel Jahr gesehen. Aber wir haben zum Beispiel mit David eine gute Balance gefunden, wo er nicht nur seinem Job nachgehen kann, sondern auch die Familie unter einen Hut bringt. Er kann im Prinzip in seiner Umgebung Fußball spielen, hat hier viele Freunde und Bekannte. Ich glaube, das weiß er zu schätzen.

LAOLA1: Die Zahl derjenigen, die neben dem Fußball einem Beruf nachgehen, ist inzwischen auch in Amstetten zurückgegangen.

Fallmann: Absolut richtig. Ich habe dem Verein auch nähergebracht, dass man zwar nicht zu 100 Prozent in den Profibereich, aber in einen guten semiprofessionellen Bereich reingehen muss, in dem die Jungs nebenher schon etwas arbeiten, aber so etwas machen, dass sie im Idealfall auch bei einem Vormittagstraining da sein können. Das haben wir gut weiterentwickelt. Die Zahl der Jungs, die Vollzeit arbeiten und nicht beim Vormittagstraining sein können, ist geringer geworden. Als ich gekommen bin, war das vielleicht die Hälfte der Spieler, jetzt sind es fünf, sechs Vollzeitarbeitskräfte. Viele bei uns sind auch in einer Ausbildung oder studieren. Die können sich das einteilen. Ich denke, die Entwicklung der Mannschaft und unserer Spielidee bestärkt die Richtung, die wir gegangen sind.

LAOLA1: Lass uns zum Schluss noch kurz über die Neuzugänge sprechen, die dieses Umfeld ab sofort bereichern. Bei Marcel Canadi hast du von der "Gunst der Minute" gesprochen. Ist euch da ein Last-Minute-Schnäppchen gelungen?

Fallmann: Wir sind sehr froh, dass wir Marcel von uns überzeugen konnten. Aber aus meiner Sicht ist er kein Schnäppchen, da er für sein noch relativ junges Alter schon ein sehr erfahrener Spieler ist, der in dieser Liga seine Qualitäten in der Offensive ja schon bewiesen hat. Wir hoffen, dass er unser Spiel noch variantenreicher macht.

LAOLA1: Zudem ist Wale Musa Alli neu im Kader. Was ist von ihm zu erwarten?

Fallmann: Für seine 19 Jahre ist er schon sehr reif, obwohl man ihm das optisch nicht ansieht, weil er ein sehr kleiner und schmächtiger Spieler ist. Aber vom Kopf her hat er schon eine gewisse Reife. Er ist als sehr junger Spieler nach Estland gegangen und hat sich dort durchgebissen. Sportlich kann man sich einen sehr engagierten, schnellen, trickreichen und beweglichen Spieler erwarten.

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