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Ski-WM 2023: Ein Rendezvous mit gefährlicher Mischung

Zwischen finsterem Tal und sonnigen Nobel-Orten, zwischen heiß und eiskalt, zwischen Champagner und "Fröschli". Die Ski-WM im Rückblick:

Ski-WM 2023: Ein Rendezvous mit gefährlicher Mischung Foto: © GEPA

Wie die Zeit vergeht! Zwei Wochen ist es her, dass ich das erste Mal im tristen Örtchen Brides-les-Bains, wo während der WM viele Journalisten beheimatet waren, in die Gondel Richtung Meribel gestiegen bin.

Am Ende der 6,3 km langen und 25 Minuten dauernden Fahrt eröffnete sich mir erstmals das beeindruckende Panorama des größten zusammenhängenden Skigebiets der Welt, begleitet von Postkarten-Wetter. Kitschig.

Es war der Auftakt in eine Weltmeisterschaft voller Gegensätze.

Jedes Mal aufs Neue, wenn man vom finsteren Tal in die sonnigen WM-Orte Meribel und Courchevel fuhr, war es wie ein Rendezvous mit der High Snowciety, die sich bei strahlendem Sonnenschein in den Whirlpools ihrer Luxus-Hotels oder in Champagner badete.

Der bescheidene Journalist verzichtete freiwillig auf das teure Gesöff, im Pressezentrum gab’s immerhin Wasser aus dem Karton – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Jenes in Meribel war hin und wieder kurz davor zu gefrieren, war das Pressezentrum doch in der hiesigen Eishalle untergebracht. Wir Medienleute saßen zwei Wochen lang auf einer großen Eisfläche, von der uns nur eine dünne Plastik-Matte trennte.

Die Eishalle aka Pressezentrum in Meribel
Foto: © LAOLA1/Kulovits

Weil die aufgestellten (eher weniger klimafreundlichen) Heizstrahler nicht den gewünschten Effekt erzielten, flüchtete man in regelmäßigen Abständen aus dem Pressezentrum ins Freie, um sich aufzuwärmen. Zufälligerweise stand gleich nebenan das Schweizer Haus, wo es neben einer Bratwurst um 9 Euro (das Mikrowellen-Essen im Pressezentrum kostete stolze 11 Euro) auch Flüssiges gab. Gin Tonic war am Tag nach Marco Odermatts zweiter Goldener leider aus. Ein Kollege gönnte sich daher ein "Fröschli", ein Mix aus grünem Vodka und Pfefferminz-Tee – eine giftgrüne, gefährliche Mischung.

Andere Kollegen vertrugen die Mischung aus Heiß und Kalt nicht so gut, sie lagen am Ende der WM mit Fieber und Schüttelfrost flach – und das trotz herrlichstem Wetter.

Zwei Wochen lang zeigte sich in Frankreich keine einzige Wolke am Himmel, die Temperaturen lagen mitunter im zweistelligen Bereich. Es war teilweise so heiß, dass ich ernsthaft überlegte, ob ich mir überhaupt eine neue, überteuerte Jacke kaufen soll, nachdem meine eines (Geburtstags-)Abends in Brides-les-Bains von jemandem "ausgeborgt" und nicht mehr zurückgegeben wurde.

Die Franzosen, sie machen es einem nicht leicht, sie zu mögen.

Das trifft auch auf die Stadionsprecherin in Courchevel zu, ihre kreischende Stimme werde ich nicht vermissen. Bei den freundlich-disziplinierten Fans dürfte sie aber Anklang gefunden haben, an der Stimmung an der Strecke war in den vergangenen zwei Wochen nichts auszusetzen.

Dafür herrschte in den Fan-Zonen im finsteren Tal tote Hose und kaum WM-Flair. Als Folge der Zwei-Orte-Bewerbung gab es nirgendwo einen echten Kern. Zwischen Meribel, Courchevel und Städten im Tal mussten auf engen Straßen mit einem leidlich funktionierenden Shuttle-System lange Wege zurückgelegt werden. Mühsam für alle. Darüber konnte auch das Feuerwerk am letzten Abend nicht hinwegtäuschen, da wurde minutenlang umsonst Geld in dem Himmel verpulvert.

Ein sportliches Feuerwerk zündeten in Frankreich die beiden Topstars Mikaela Shiffrin (1x Gold, 2x Silber) und Marco Odermatt (2x Gold). Die sympathische Überraschung dieser WM waren die Kanadier, die mit Laurence St-Germain (Slalom) und James Crawford (Super-G) zwei Gold-Märchen schrieben. Neun Medaillen von Norwegen (2x Gold, 3x Silber, 4xBronze) zeugen vom kollektiv schnellen Schwung, der auch im ÖSV als Vorbild gesehen wird.

Dass aus rot-weiß-roter Sich ausgerechnet Ricarda und Raphael Haaser mit ihren Medaillen in der Kombination zu den Gesichtern der ersten WM-Woche werden, damit war ebenso wenig zu rechnen wie mit einer Versöhnung zwischen der ÖSV-Spitze und FIS-Präsident Johan Eliasch, der Präsidentin Roswitha Stadlober in Frankreich zur Begrüßung zwar die Hand reichte, aber keine Miene verzog. 

Mit Conny Hütter (Bronze im Super-G) und Nina Ortlieb (Silber in der Abfahrt) wurden zwei nach langen Leidenszeiten für ihre Mühen belohnt - es waren nicht die einzigen schönen Geschichten, die der Sport in Frankreich schrieb. Die erste WM-Medaille für Griechenland überhaupt ist eine weitere. 

Die Medaillen-Ausbeute des ÖSV ist im Laufe der WM leider so drastisch geschmolzen wie der Schnee rund um die WM-Pisten "Eclispe" und "Roc de Fer". Österreich fehlte zum Happy End bei dieser WM eine Goldmedaille, vollends zufrieden war man im ÖSV-Lager daher - zurecht - nicht, als man Frankreich am Sonntag verließ.  

Auch bei mir hielt sich der Trennungsschmerz bei der Abreise aus dem tristen Tal in Grenzen. Aus dem Rendezvous mit Courchevel/Meribel wurde keine innige Liebesbeziehung. 

Au revoir, France!

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