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Pertl: "Dann hast du Zeit zum Nachdenken"

Nach Silber-Coup: Adrian Pertl über schwierige Zeit am Start und seine Emotionen:

Pertl: Foto: © GEPA

Er war das Fragezeichen im ÖSV-Slalom-Team, erhielt erst kurz vor dem WM-Slalom seinen Startplatz - und erfüllte das Vertrauen eindrucksvoll.

Adrian Pertl wird seinem Ruf als "cooler Hund" im WM-Slalom gerecht und fährt überarschend zur Silbermedaille!

"Unglaublich! Dass das so aufgeht, damit hätte ich nicht gerechnet. Ich bin überglücklich", strahlt der Kärntner. "Zweiter ist für mich aber wie eine Goldmedaille." Dabei vergibt er nach Halbzeit-Führung das mögliche Gold erst beim vorletzten Tor ...

 

"Adi ist eine coole Socke"

"Wir wussten, dass wir mit Adi einen guten Mann haben", erklärt ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher nach dem Rennen. "Die Entscheidung zwischen Adrian und Fabio (Gstrein/Anm.) war eine schwierige."

Gstrein war über die Saison konstanter. Pertl schaffte erst im letzten Abdruck mit Rang vier in Chamonix den Sprung auf den WM-Zug. Dieses Rennen gab auch den Ausschlag. Nicht direkt das Ergebnis, aber die Auswirkungen davon: " Wir haben uns aufgrund der Nummer für Adrian entschieden, er ist in die erste Gruppe reingekommen. Dann hatten wir das Glück, das er die acht bekommen hat. Er hat sie sehr gut genützt."

Es sei eine Entscheidung für Pertl und nicht gegen Gstrein gewesen: "Die Startnummer war der entscheidende Punkt im Endeffekt, weil der Fabio fährt ja auch gut Ski. Es tut mir leid, wenn ich solche Leute rausnehmen muss. Aber ich habe am Anfang schon gesagt, lieber suche ich mir einen aus, als ich muss einen suchen gehen."

Vor der Leistung unter Druck im Finale zieht Puelacher den Hut: "Was er im zweiten abgeliefert hat, war sensationell. Adrian ist eine coole Socke, das haben wir gewusst. Der Lauf war schwierig, das hat man gesehen."

ÖSV-Technikchef Marko Pfeifer habe als Kurssetzer versucht, "andere ein bisschen einzubremsen, das ist gelungen bei ein paar". Pertl habe mit Gold-Gewinner Sebastian Foss-Solevaag lange gut mitgehalten, betonte Puelacher. Am Ende hatte er die drittbeste Laufzeit im Finale hinter Foss-Solevaag und Henrik Kristoffersen stehen. "Er hat das einfach bestätigt."

Pertl? Völlig tiefenentspannt

Der 24-Jährige habe sich zwischen den beiden Durchgängen so gelassen und tiefenentspannt gegeben, dass es Puelacher beinahe unheimlich gewesen wäre.

"Der liegt oben auf der Bank, als wenn es ihn nichts angehen würde. Ich sage: Und Adi, alles klar? Er: Jaja. Das waren seine Emotionen", verriet der Tiroler.

"Aber wir kennen ihn schon länger. Er bringt es dann wirklich beim Rennen auf den Punkt. Im Training denke ich mir hie und da: Hey Freund, möchtest du nicht ein bisschen mehr? Aber er bringt es im Rennen auf den Punkt."

"Dann hat man Zeit zum Nachdenken"

Die Nerven wurden auf eine harte Probe gestellt, wie der 24-jährige Pertl gesteht. Er habe schon mitbekommen, dass Foss-Solevaag in Führung gegangen sei.

"Dann hat man Zeit zum Warten und fängt zum Nachdenken an. Über den Lauf, was man falsch machen kann, was man richtig machen kann", so Pertl. "Es war ein Fight. Aber super, dass es so gut gegangen ist. Ich habe kämpfen müssen, dass ich am Start stehen kann, und jetzt die Silbermedaille, gewaltig."

Schwarz verneigt sich vor Pertl

"Wir haben heute nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen", stellt ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel klar. "Pertl ist ein cooler Bursche und hat den Medaillenspiegel aufgeputzt. Das ist schön."

Trainings-Partner Marco Schwarz, für den der Traum von einer weiteren Medaille kurz vor dem Ziel platzt, freut sich mit seinem Landsmann: "Ich freue mich brutal für Adi, deshalb lässt es mich das alles schnell vergessen. Gleich bei der ersten WM das so cool runter zu fahren, da kann man nur den Hut ziehen. Er ist ein cooler Hund."

Die beiden Freunde kennen sich seit Langem. In puncto Gelassenheit stehen sie sich um nichts nach. "Wir haben auch Lautere im Team", bekräftigte Puelacher. "Er und 'Blacky', die liegen da oben auf der Bank, da denkst du dir als Trainer ab und zu: Muss ich die jetzt aufwecken?"

Beiden, so scheint es, hilft ihre innere Ruhe dabei, am Renntag das Maximum abrufen zu können. "Das ist ein ganz fokussierter Typ", beschrieb Puelacher Pertl.

"Er tüftelt, was man ihm von außen gar nicht ansehen würde, und im Rennen bringt er seine Leistung." Insofern ist von dem WM-Silbernen in Zukunft auch im Weltcup noch einiges zu erwarten. Bisher stand Pertl als Slalom-Dritter in Chamonix in der Vorsaison einmal auf dem Podest.

Medaillenspiegel der Ski-WM>>>

 

Größte Erfolge von Pertl bisher:

WM (1 Silber):
Silber Slalom 2021 Cortina
Fünfter Teambewerb 2021 Cortina

Weltcup:
1 Podestplatz: 3. Slalom Chamonix 2020
4. Slalom Chamonix 2021 und Parallelbewerb Lech/Zürs 2020

Junioren-WM:
Gold Slalom 2017

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