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Was ist beim ÖSV los, Frau Präsidentin?

Roswitha Stadlober über Rücktritts-Welle, umstrittene Trainer und die FIS-Pläne. Interview:

Was ist beim ÖSV los, Frau Präsidentin?

Üblicherweise kehrt beim Österreichischen Skiverband am Ende einer Winter-Saison etwas Ruhe ein. Nicht so in diesem Jahr!

In den vergangenen Wochen ist fast die ganze alpine Führungsriege des ÖSV zerbröselt. Auf die Rücktritte der beiden Cheftrainer Andreas Puelacher und Christian Mitter folgte der Abschied von Alpindirektor Patrick Riml. Zuletzt kehrte auch noch Sportdirektor Toni Giger dem ÖSV nach 33 Jahren den Rücken. 

Zwar wurden rasch neue (Chef-)Trainer gefunden, doch auch die eine oder andere Personal-Entscheidung des neuen Alpin-Chefs Herbert Mandl sorgte für Aufsehen.

So ist etwa Livio Magoni nun Teil des ÖSV-Trainerteams, er fungiert künftig als Co-Trainer der Technik-Damen und soll vor allem Katharina Liensberger noch besser machen. Der Italiener führte Tina Maze und Petra Vlhova zu ihren größten Erfolgen, ist aber auch für seine raue Art und kontroverse Aussagen berüchtigt. Vlhova sagt nicht umsonst über ihren Ex-Trainer: "Ich hasse ihn". 

Was ist da beim ÖSV los? Diese Frage hat LAOLA1 Präsidentin Roswitha Stadlober gestellt. 

Im Interview erklärt die 58-jährige Salzburgerin, die seit Oktober 2021 als erste Frau an der Spitze des ÖSV thront, was hinter den vielen Rücktritten steckt und ob der Umbruch noch weitergehen wird.

Die ehemalige Slalom-Läuferin hat außerdem eine Botschaft für Livio Magoni und auch für FIS-Präsident Johan Eliasch, der große, teils heftig umstrittene Reformen plant. 

LAOLA1: Starten wir mit einer Frage, die sich aktuell wohl viele Ski-Fans stellen: Was ist eigentlich beim ÖSV los, warum treten so viele zurück?

Roswitha Stadlober: Das sind persönliche Entscheidungen und waren teilweise überraschend. Die Verträge sind ausgelaufen und es wurde entschieden, diese nicht mehr zu verlängern bzw. wo anders weiterzumachen. Christian Mitter hat mich schon vor dem Weltcup-Finale darüber informiert, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wird und mir klar gesagt, dass er internationale Angebote hat. Andreas Puelacher hat mir gesagt, er möchte sich anderweitig umschauen. Patrick Riml hat im Vorwinter schon mitgeteilt, dass er aus familiären Gründen gerne wieder nach Amerika zurückgehen würde. Toni Giger hat für sich entschieden, dass der richtige Zeitpunkt ist, um sich nochmal zu verändern und was Neues zu beginnen, was einen reizt. Auch er hat mir erklärt, dass er mehrere Angebote hat. Das kam schon überraschend. Nichtsdestotrotz hätten wir natürlich alle gerne im Verband gehalten, wir haben allen ein Angebot gestellt. Es ist aber die Entscheidung eines jeden einzelnen und die muss man respektieren. Natürlich ist es immer schade, wenn solche Persönlichkeiten einen Verband verlassen.

LAOLA1: Wird die Position von Toni Giger eins zu eins nachbesetzt und wenn ja, gibt es schon konkrete Kandidaten?

Stadlober: Wir führen Gespräche, aber mit Stand heute wird die Position eher nicht nachbesetzt. Wir haben innerhalb des Skiverbandes eine gute Struktur und werden schauen, wie wir das gut lösen können. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es irgendwann doch nachbesetzt wird, man darf Meinungen ja ändern.

LAOLA1: Mit Herbert Mandl ist ein alter Bekannter als Alpinchef zurückgeholt worden. Warum ist die Entscheidung auf ihn gefallen?

Stadlober: Wir waren der Meinung, dass es in dieser Position jemanden braucht, der die Führung übernehmen kann - gerade was den Nachwuchs und die Ebenen unter dem Weltcup betrifft. Herbert Mandl hat sich da mit seiner Expertise aufgedrängt, er ist die beste Besetzung für diese Position.

LAOLA1: Im Zuge der Bestellung von Herbert Mandl war Seitens des ÖSV vom "Beginn einer Anpassung innerhalb der Organisationsstruktur" die Rede. Werden noch weitere solche Anpassungen folgen?

Stadlober: Es ist in der Art und Weise nichts mehr viel geplant. Wir sind noch in der Struktur-Reform, das betrifft aber eher die Geschäftsstelle. Was den Sport betrifft sind wir gut aufgestellt.

"Ich möchte nicht, dass es solche Aussagen, wie sie Herr Magoni in der Vergangenheit scheinbar getätigt hat, über unsere Damen gibt. Ich möchte schon einen respektvollen Umgang."

Roswitha Stadlober über Livio Magoni

LAOLA1: Mit Livio Magoni findet sich ein interessanter Name auf der Trainer-Liste für die kommende Saison, hat er in der Vergangenheit mit der einen oder anderen Aussage doch für Aufsehen gesorgt. Waren Sie in seine Bestellung involviert? Warum setzt der ÖSV ausgerechnet auf Magoni?

Stadlober: In das Auswahlverfahren war ich nicht involviert, wir als Management-Team waren nur bei den Schlüsselpersonen dabei. In den anderen Bereichen haben wir freie Hand gelassen, weil wir der Meinung sind, dass neue Trainer ins Teamgefüge passen müssen. Da haben andere ein besseres Gespür, welche Personen passen können. Herr Magoni hat sich dem ÖSV angeboten. Er ist sicher einer DER Experten, gerade was den Riesentorlauf betrifft. Deshalb hat man die Chance einfach wahrgenommen, ihn zu verpflichten. Ich kann mir vorstellen, dass es einfacher ist, in einer Gruppe zu arbeiten als mit einer Einzelperson, aus der man immer das Letzte herausholen muss. Nichtsdestotrotz möchte ich nicht, dass es solche Aussagen, wie sie Herr Magoni in der Vergangenheit scheinbar getätigt hat, über unsere Damen gibt. Ich möchte schon einen respektvollen Umgang, auch wenn Hochleistungssport nicht immer einfach ist.

LAOLA1: Herr Magoni soll sich in seiner Rolle als Technik-Co-Trainer auch vermehrt um Katharina Liensberger kümmern. Passen die beiden Persönlichkeiten zusammen?

Stadlober: Livio Magoni wird als Co-Trainer in der Technik-Gruppe und im Speziellen mit Katharina Liensberger arbeiten. Sie ist eine sehr fordernde Athletin, die die Rückmeldungen braucht. Es kann schon sein, dass es hin und wieder Einzeleinheiten gibt, aber es wird immer auch das gesamte Team mitgenommen.

LAOLA1: FIS-Präsident Johan Eliasch sorgt aktuell mit seinen Plänen für den Weltcup für Aufsehen, von neuen Kombinationen, zusätzlichen Rennen in den USA bis hin zur Zentralvermarktung. Haben Sie schon persönlich mit Johan Eliasch darüber gesprochen? Was plant er wirklich?

Stadlober beim "Smalltalk" mit Eliasch
Foto: © GEPA

Stadlober: Wir wissen nicht mehr, als wir bisher präsentiert bekommen haben. Es findet kaum Kommunikation statt. Mehr als Smalltalk hat es mit Herrn Eliasch bisher nicht gegeben. Seitens der Verbandes fordern wir natürlich Informationen ein, die wir so noch nicht bekommen haben, vor allem was die Kalender-Termine betrifft. Wir müssen schließlich auch mit unseren Partnern planen, da sind aktuell viele Dinge in der Warteschleife. Jetzt ist der erste Kalender-Entwurf zwar da, aber der ist auch nicht so zufriedenstellend. Vor allem weil die Reisen, z.B. nach Amerika, enorm aufwändig und teuer sind. Dem Gedanken der Kombinationen kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Aber es ist alles offen und es wird sicher noch weiter heiß diskutiert werden. So wie es jetzt am Tisch liegt, ist es schwer umsetzbar.

LAOLA1: Vor allem an der Zentralvermarktung scheiden sich die Geister. Was ist der Standpunkt des ÖSV?

Stadlober: Wir sind Entwicklungen gegenüber nicht abgeneigt, was die Vermarktung betrifft. Da können wir uns eine befristete gemeinsame Vermarktung durchaus vorstellen, das haben wir immer gesagt. Aber was für uns gar nicht geht ist, dass wir die Rechte abgeben. Die gehören den nationalen Verbänden.

LAOLA1: Es wird schon darüber spekuliert, dass sich die großen Verbände wie Österreich, die Schweiz oder Deutschland von der FIS abspalten könnten, wenn Johan Eliasch an seinen Plänen festhält. Wäre das für Sie ein denkbares Szenario?

Stadlober: Es ist wie überall im Leben: Es ist immer gut, einen Plan B in der Tasche zu haben. Wenn der Plan B gut durchdacht ist, kann man den durchaus mal rausholen. Es ist vieles möglich.

"Wir sind dabei, den Verband zu modernisieren. Das ist der Schritt heraus aus den 30 Jahren unter Peter Schröcksnadel."

LAOLA1: Sie haben bei ihrem Amstantritt gesagt: "Man muss aus den Fußstapfen seines Vorgängers treten." Ist Ihnen das gelungen?

Stadlober: Sportlich haben wir einen erfolgreichen Winter hinter uns, vor allem was die Olympischen Spielen betrifft. Es waren die zweitbesten Spiele für den ÖSV und das in vielen Disziplinen. Das war großartig. Da bin ich sehr dankbar, dass ich das ernten durfte, was andere gesät haben - das muss man auch erwähnen. Nach Olympia haben wir begonnen, die Strukturreform im Haus, die mein Vorgänger Karl Schmidhofer schon angestoßen hat, umzusetzen. Wir haben den Marken-Prozess und die Digitalisierung in Gang gebracht. Wir sind dabei, den Verband zu modernisieren. Das ist der Schritt heraus aus den 30 Jahren unter Peter Schröcksnadel. Das sind schon Spuren, die wir gemeinsam hinterlassen.

LAOLA1: Sie wollen ein Vorbild für andere Frauen im Sport sein. Ein Ziel von Ihnen ist es, den Verband weiblicher zu machen. Wie läuft dieses Vorhaben?

Stadlober: Natürlich bin ich für Außen, das merke ich schon, so ein bisschen ein Role Model. Es haben sich ja viele gefragt: Wie wird sie es denn machen? Oft braucht es Vorbilder. In der Geschäftsstelle haben wir durchaus Frauen in leitenden Positionen. Zusätzlich habe ich Petra Kronberger beauftragt, sich mit den jungen Trainerinnen auseinanderzusetzen bzw. sie einzuladen. Ich möchte gerne Bedürfnisse kennenlernen: Was braucht es dazu, um die jungen Frauen zu unterstützen, damit sie vielleicht weiter oben ein Amt als Trainerin annehmen. Da ist so eine Art Trainee-Programm ein Ziel, aber das steckt noch in den Kinderschuhen. Das ist mir wichtig. Es geht darum, jungen Frauen eine Chance im Sport zu geben und sie zu fördern.

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