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Umbruch bei ÖSV-Alpinen: Zurück in die Zukunft

"Neue Besen kehren gut!" So neu sind jene des Skiverbandes aber nicht.

Umbruch bei ÖSV-Alpinen: Zurück in die Zukunft Foto: © GEPA

Das Ende der Ski-Weltcup-Saison 2021/22 läutet beim Österreichischen Skiverband zugleich den Beginn einer neuen Zeitrechnung ein.

Angestoßen wurde die neue Ära mit der Verpflichtung des Niederösterreichers Herbert Mandl, der beim ÖSV ab sofort als neuer Alpinchef agiert.

Mit den beiden Cheftrainern Christian Mitter (Frauen) und Andreas Puelacher (Männer) sowie Patrick Riml (Leiter Hochleistungssport) haben sich hingegen drei Führungspersönlichkeiten in Schlüsselpositionen aus dem ÖSV zurückgezogen.  

"Stadlober krempelt den ÖSV um", war daraufhin oft zu lesen.

Ob es jedoch wirklich Präsidentin Roswitha Stadlober ist, die den großen Umbruch zu verantworten hat, darf hinterfragt werden.

Wer hat wirklich das Sagen?

Zwar wurde angesichts der Rücktritte von Mitter, Puelacher und Riml seitens des ÖSV immer wieder betont, dass es normal sei, dass Verträge nach einem Olympia-Zyklus enden und nicht verlängert werden. Zwischen den Zeilen ist aber zu lesen, dass auch andere Umstände zu den Personalentscheidungen auf Trainerseite geführt haben.

So ist unter anderem zu hören, dass innerhalb des Verbands zu viele Leute mit- und den Cheftrainern dreinreden. So etwa bei der Olympia-Aufstellung, was Puelacher nicht ganz gepasst haben soll.

Öffentliche Kritik gab es weder vom Herren- noch vom Damen-Chef. Mitter sagte rund um seinen Rücktritt nur so viel: "Vor allem wird es in Österreich oft sehr kompliziert gesehen, sehr umständlich. Man kann schon Sachen einfacher sehen und sich da wirklich auf den Sport konzentrieren und nicht auf andere Sachen. Ich glaube, das ist in anderen Verbänden oft leichter."

Neben Stadlober haben an der ÖSV-Spitze auch Generalsekretär Christian Scherer und Finanzreferent Patrick Ortlieb sowie Sportdirektor Toni Giger das Sagen und damit die Neuausrichtung zu verantworten. Vor allem die Stimmen von Ortlieb und Giger haben Gewicht.

"Neue Besen kehren oft gut"

"Ich glaube, die Veränderungen tun gut", sagte Stadlober im Rahmen des Weltcup-Finales in Courchevel/Meribel im ORF-Interview. "Neue Besen kehren oft gut, wie man so schön sagt."

So neu sind die Besen allerdings nicht.

Herbert Mandl hat eine lange ÖSV-Vergangenheit. Als Langzeit-Cheftrainer der ÖSV-Frauen war er End der 1990er-Jahre mitverantwortlich für die Erfolge von Alexandra Meissnitzer, Renate Götschl oder Michaela Dorfmeister.

Ab der Saison 1999/2000 war Mandl drei Jahre lang Herrentrainer der Weltcup-Riesenslalom/Super-G-Gruppe, der unter anderem Hermann Maier und Stephan Eberharter angehörten.

Die Rückkehr des mittlerweile 60-Jährigen, der 2013 seine Tätigkeiten als Cheftrainer beendete, zum ÖSV kam dennoch überraschend. Mit Mandl und Giger sitzen damit zwei ehemalige Cheftrainer an wichtigen Schalthebeln im Verband.

"Herbert hat wahnsinnig viel Erfahrung. Er war bei den Norwegern und in Österreich in allen Positionen tätig. Von der Kommunikation her hat er es sicher im Griff", sagt LAOLA1-Expertin Michaela Dorfmeister im Winter-Talk über ihren ehemaligen Coach.

Mandl setzt auf Leute aus den eigenen Reihen

Als erste Amtshandlungen als Alpinchef suchte der Wahl-Tiroler Mandl - lebt mit seiner Familie im Stubaital - zwei neue Cheftrainer. Dabei wurde er in den eigenen Reihen fündig.

"Mein Bestreben war es, aus den eigenen Reihen Leute, die gute Arbeit geleistet haben, erfolgreich sind und das Trainerauge haben, auf den Chefpositionen einzusetzen."

Mandl über die Trainersuche

Zwei langjährige ÖSV-Mitarbeiter bekamen den Zuschlag. Marko Pfeifer wurde bei den Männern zum Chef ernannt, Thomas Trinker bei den Frauen.

"Mein Bestreben war es, aus den eigenen Reihen Leute, die gute Arbeit geleistet haben, erfolgreich sind und das Trainerauge haben, auf den Chefpositionen einzusetzen. Es ist ein gutes Zeichen und Motivation für alle anderen, dass - wenn jemand hart arbeitet - im Verband auch die Chance bekommt, einmal auch wirklich verantwortlich zu sein", erklärte Mandl.

Weiters merkte der Leiter der Ski-Akademie in St. Christoph am Arlberg an: "Wenn man das System kennt, kann man besser einwirken und an dem einen oder anderen Rädchen drehen."

Pfeifer: "Ich möchte mein Ding durchziehen"

Marko Pfeifer kennt das System ÖSV bestens. Der 47-jährige Kärntner ist seit 2013 Gruppentrainer der ÖSV-Slalom-Asse rund um Johannes Strolz, Manuel Feller und Marco Schwarz. Davor arbeitete er unter anderem erfolgreich als Cheftrainer der schwedischen Herren.

Der Kärntner gab bei seiner offiziellen Präsentation mehr Weltcup-Siege für die ÖSV-Herren als Ziel aus.

"Da hinken wir vielleicht ein bisserl hinterher. Wir müssen noch etwas mehr an der Dichte arbeiten, dass wir in den einzelnen Disziplinen nicht nur zwei haben, die um Podiums fahren. Im Unterbau, bei den Jungen müssen wir noch breiter werden", sagt Pfeifer.

In diesem Vorhaben will er sich nicht dreinreden lassen. "Ich will schon mein Ding durchziehen, ganz klar. Es geht um die sportlichen Sachen, wo man jetzt gut evaluieren und Strategien machen muss. Ich möchte schon meine Linie durchziehen", stellte er im ORF-Interview klar.

Trinker fordert "absoluten Siegeswillen"

 Auch Trinker ist verbandsintern ein bekanntes Gesicht, schon seit über 20 Jahren arbeitet er für den ÖSV.

Auf Weltcup-Ebene von 2002 bis 2009 bei den Männern und von 2016 bis 2018 bei den Frauen. In seiner letzten Funktion koordinierte der 47-jährige Steirer den Männer-Nachwuchs bis an die Basis und war verantwortlich für die Veranstaltungen auf FIS-Ebene gewesen.

"Wir wollen in Zukunft in allen Disziplinen ein starkes Team stellen. Um den nächsten Schritt zu gehen und dieses hohe Niveau erreichen zu können, braucht es neben passenden Trainingskonzepten und einer guten Skitechnik auch absoluten Siegeswillen und die dafür notwendige mentale Stärke", erklärte Trinker in einer ersten Stellungnahme.

Das soll sich beim ÖSV verbessern

Damit folgen sowohl Trinker als auch Pfeier den Worten ihres "Chefs" Herbert Mandl, der beim Weltcup-Finale in Meribel zwei Ziele für den ÖSV ausgegeben hat: Die Anzahl der Weltcupsiege steigern und den vorhandenen starken Nachwuchs gut durch den Europacup bringen.

Längerfristiges Ziel ist es, bis zu den Heim-Weltmeisterschaften in Saalbach 2025 eine schlagkräftige Mannschaft aufbauen. Um das zu erreichen, werden Anpassungen und Nachjustierungen notwendig sein, Mandl wünscht sich vor allem wieder breiter aufgestellte Athletinnen und Athleten, sprich mit Einsätzen in mehr als zwei Disziplinen.

"Man ist speziell auf Speed-Seite mit zwei schnellen Disziplinen in den Kader gekommen. Ich denke, dass es da durchaus notwendig ist, eine technische Disziplin wieder dazuzunehmen, dass man einfach breiter aufgestellt ist."

Mandl will auf technischen Background setzen

"Die Rekrutierung, der Kadermodus ist ein bisserl geändert worden, es wurde nicht mehr ganz die Breite so berücksichtigt", fiel Mandl während seiner Verbands-Abwesenheit ins Auge.

"Man ist speziell auf Speed-Seite mit zwei schnellen Disziplinen in den Kader gekommen. Ich denke, dass es da durchaus notwendig ist, eine technische Disziplin wieder dazuzunehmen, dass man einfach breiter aufgestellt ist", will er auch auf Speed-Seite auf technischen Background setzen.

Kein Seriensieger in Sicht

Österreich hat seit dem Rücktritt von Marcel Hirscher derzeit keinen Seriensieger in den Reihen, auch wenn Vincent Kriechmayr mit drei Erfolgen gemessen an ersten Plätzen hinter dem Schweizer Gesamtsieger Marco Odermatt, dem Norweger Aleksander Aamodt Kilde (je sieben) und dessen Landsmann Henrik Kristoffersen (fünf) vierterfolgreichster Athlet des Weltcupwinters war.

Zwei Siege bei den Frauen und sechs bei den Männern lautete die ÖSV-Saiison-Ausbeute. 2019/20 waren es ebenfalls acht, 2020/21 zehn gewesen. Mit konsequenter Arbeit gelte es, nun wieder Siegfahrer zu entwickeln, sagte Mandl.

Auffallend auf Frauen- wie auf Männerseite ist, dass aus dem Europacup seit einigen Jahren nicht wirklich etwas nachkomme. "Es drückt niemand nach. Das ist ein Muss, um eine Topmannschaft nach oben wieder zu füllen, daran muss man arbeiten."

Auf die neue, alte ÖSV-Führung wartet also jede Menge Arbeit.

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