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Rodeln: "Silber-Kindl" dachte schon ans Aufhören

Genugtuung und emotionale Silber-Medaille für Rodler Wolfgang Kindl.

Rodeln: Foto: © GEPA

Es sei auf alle Fälle "Genugtuung" sagte Rodler Wolfgang Kindl, und es war ihm in dem von der Maske verdeckten Gesicht an den Augen abzulesen.

Nach den missglückten Spielen vor vier Jahren und einer schwierigen Zeit kam der Lohn im Eiskanal von Yanqing in Form von Olympia-Silber. "Das sind viele Emotionen, da steckt harte Arbeit dahinter, harte Jahre, als ich daran gedacht habe, die Rodel an den Nagel zu hängen", sagte der 33-Jährige. Es habe sich aber alles rentiert.

Nach Platz zwei zur Halbzeit des olympischen Einsitzerbewerbes habe er "entspannt schlafen können", sei vor dem ersten Lauf am zweiten Tag aber nervös gewesen.

"In der Bahn habe ich das komplett abgelegt, ich habe gleich einen richtig geilen Lauf runtergesetzt. Das war heute der Grundstein, dass der Abstand nach hinten gleich einmal groß war. Ich habe bis zum Schluss um Gold gekämpft, aber der Hansi Ludwig war einfach zu stark. Das muss man anerkennen."

Der Doppelweltmeister von 2017 Innsbruck hat sich wegen der Corona-Gefahr vor den Spielen in Selbstisolation geübt. "Was wir alles auf uns genommen haben. Davor sind wir sechs Wochen nicht heimgekommen, damit man sich nichts einfängt. Im Endeffekt hat es sich ausgezahlt. Ich bin belohnt worden", sagte Kindl.

Edelmetall bei Olympia sei "die Kleinigkeit in meiner Karriere" gewesen, die ihm noch gefehlt hatte, sagte der wegen seines Zweitnamens Johannes im Team "Johnny" Gerufene. "Das Kapitel war noch nicht erfüllt. Ich bin immer schon ein Kämpfer gewesen."

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Auf dem Level wie damals schon

Gut Ding braucht manchmal vielleicht auch einfach Weile, denn für mehr als drei neunte Plätze von 2010 in Vancouver, 2014 in Sotschi und 2018 in Pyeongchang hatte es im Zeichen der Fünf Ringe zuvor noch nicht gereicht.

Beim Material selbst Hand anzulegen, ist Kindl wichtig, daher verbringt er viel Zeit in der Werkstatt. "Der Athlet muss am meisten spüren, wie der Schlitten unter ihm funktioniert. Die Feinabstimmung, das Set-up-Finden, neue Sachen testen liegt am Athleten. Ich rede mit, was getestet wird, gebaut wird - in Absprache mit dem Materialtrainern, die die größten Arbeiten machen."

Bei den Winterspielen setzte er auf einen älteren Schlitten sowie eine ältere Schienentechnik von vor ein paar Jahren. "Die haben wir ein bissl adaptiert, das hat sich als guter Griff herausgestellt, das hat man gleich am Anfang der Saison gesehen. Ich habe meine Sicherheit wieder gefunden, bin auf dem Level gerodelt, auf dem ich damals schon war."

Es müsse das Gesamtpaket stimmen. Und die körperliche Fitness freilich. "Viele haben im Nackenbereich muskuläre Probleme, meine Muskulatur war auch so beleidigt, dass ich das gespürt habe. Ich habe mich vergangenen Sommer gezielt vorbereitet im Training, dass ich das in Griff habe. Ich bin schmerzfrei durch den Winter gekommen."

"Er hat ein exzellentes Rodelgefühl"

Cheftrainer Rene Friedl lobte den "unheimlichen Biss" von Kindl, denn dieser habe (mit seinen 1,66 m/Anm.) ja nicht die besten Voraussetzungen für Rodelsport. "Er hat kurze Armhebeln etc. Er muss mit Zusatzgewicht fahren, das man noch einmal extra beschleunigen muss. Er hat einige negative Voraussetzungen, aber er hat ein exzellentes Rodelgefühl, er kann den Schlitten exzellent beschleunigen. Er hat sich trotz einiger Verletzungen über den Sommer zurückgearbeitet in die Weltspitze, auch am Start."

Kindl wuchs "sportlich auf" und "wie alle Tiroler es tun, bin ich auch Ski und Rennen gefahren", erzählte er im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. "Dann habe ich am Tag der offenen Tür mitgemacht, als Kinder im Eiskanal probieren konnten ab Kurve 10. Das hat mir getaugt und ich habe gesagt, ich möchte dabeiblieben. Dann steigerte sich das, es ging immer weiter rauf, wurde immer schneller und gefährlicher. Dann hat es mir noch mehr getaugt."

Er habe sich sukzessive durch alle Altersstufen in die Allgemeine Klasse hochgearbeitet. "Es ist stets bergauf gegangen, es waren einige Tiefen dabei, Gott sei Dank bin ich dabei geblieben." Der prägendste Olympiamoment für ihn bis zu seinem eigenen war jener von Hermann Maier, der 1998 in Nagano in der Abfahrt so spektakulär stürzte und dann Gold im Super-G und Riesentorlauf gewann. "Das hat mich geprägt, der Sturz und wie er zurückgekommen ist. Hermann war immer ein Idol für mich."

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