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Auffälligkeiten rund um das ÖEHV-Team vor dem WM-Start

Am Samstag startet Österreich gegen Frankreich in die Eishockey-WM. Bernd Freimüller sind zuvor einige Dinge aufgefallen:

Auffälligkeiten rund um das ÖEHV-Team vor dem WM-Start Foto: © GEPA

Freitag erfolgt der Start zur Eishockey-WM in Finnland und Lettland, für das ÖEHV-Team beginnt das Turnier Samstag vormittags gegen Frankreich (11:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>).

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf einige Auffälligkeiten rund um das ÖEHV-Team:

Kadergröße

Ein WM-Aufgebot darf maximal 22 Skater und drei Torhüter umfassen. Als Minimum müssen zu WM-Beginn 15 Skater und zwei Torhüter angemeldet werden, danach kann laufend aufgefüllt werden.

Das hat für das ÖEHV-Team keine großen Konsequenzen - Roger Bader könnte sich lediglich dabei Zeit lassen, seine zwei überzähligen Spieler beim WM-Auftakt vorläufig nicht anzumelden. Sollten sich etwa gleich zwei Defender verletzen, könnte hier noch eine Nachnominierung erfolgen.

Alles sehr theoretisch, aber Teams wie Schweden oder Deutschland, die noch auf NHL-Verstärkungen warten, werden zu WM-Beginn noch mehrere Plätze offenlassen.

Die Aufteilung in neun Defender und 13 Stürmer (andere Teams nehmen 14 Angreifer mit) war erwartbar, da Bader immer mit acht Verteidigern antritt. Im Falle der Fälle kann Nico Brunner jederzeit vorne aushelfen.

Als Sturmlinien zeichnen sich ab:

Ganahl-Haudum-Schneider; Zwerger-Rossi-M.Huber; Raffl-Nissner-Thaler; P.Huber-Achermann-Wukovits. Als Defenderpaare Wolf-Nickl, Heinrich-Zündel, Maier-Strong - läuft neben David Reinbacher wirklich Nico Brunner oder Philipp Wimmer auf?

Neulinge

Im ÖEHV-Aufgebot stehen gleich sechs WM-Debütanten - Reinbacher, Henrik Neubauer, Lucas Thaler, Thimo Nickl, Marco Rossi und Mario Huber. Rossi und Huber waren aber schon bei der Olympia-Qualifikation im August 2021 mit von der Partie. Doppelstaatsbürger Neubauer war im Camp überhaupt erstmals dabei, spielte auch nie eine Nachwuchs-WM.

Gegenüber der letzten WM nicht mehr dabei: Erik Kirchschläger, Clemens Unterweger, Dominic Hackl, Brian Lebler, Benjamin Baumgartner, Nico Feldner, Marco Kasper und Simeon Schwinger. Unterweger, Hackl und Kasper fielen mit Verletzungen aus, auch Baumgartner musste das Camp verlassen. Lebler beendete nach dem Vorjahresturnier seine internationale Karriere.

Rechtsdrall

Gleich neun der 25 österreichischen Skater sind Rechtsschützen, ein ungewöhnlich hoher Prozentsatz. Sollte Bader darauf Wert legen, könnte er bei vier Righties seine Defender jeweils auf ihrer On-Side spielen lassen.

Peter Schneider als weiterer Rechtsschütze ist mit seinen One-Timern im Powerplay natürlich auf der linken Halfwall gesetzt, im anderen Unit ist dieser Platz noch offen. Marco Rossi spielte bei seinem einzigen Testspiel in Kapfenberg auf der rechten Seite - der Linksschütze ist aber aus Übersee die andere Seite etwas mehr gewohnt, ist auch eher Vorbereiter als Spezialist für One-Timer.

Alters- und Größenstruktur

Mit (Stand heute) 26,72 Jahren Altersschnitt unterscheidet sich das Team nicht wesentlich von denen der früheren Jahre, Bernhard Starkbaum (37) und Kapitän Thomas Raffl (36) sind die Teamsenioren. David Reinbacher ist mit 18 Jahren der jüngste Spieler, ohne dass man das am Eis irgendwie erkennen könnte.

David Reinbacher: Der bescheidene Stern am ÖEHV-Himmel >>>

Gegenüber der WM in Bratislava etwa ist das Team über die Jahre größer geworden (zwei Zentimeter im Schnitt), was sicher kein Nachteil ist. Spieler wie Thimo Nickl, Paul Huber, Oliver Achermann, Mario Huber oder Philipp Wimmer haben die Auswahl im Vergleich wuchtiger gemacht und mit mehr Reichweite ausgestattet. Auch im Nachwuchs gibt es erste Anzeichen, dass die für kleine Länder spezifische Aufteilung (kleine Spieler können skaten, größere nicht) endlich aufgeweicht wird.

Die WM-Zusammensetzung

Neben Finnland, Schweden, der USA, Deutschland und Dänemark stehen Ungarn, Österreich und Frankreich in der Gruppe A. Der Spielplan der Gruppe A >>>

Ungarn ist der Aufsteiger, Österreich und Frankreich wurden vor dem letzten A-Turnier nachnominiert und schafften im Gegensatz zu Großbritannien und Italien den Klassenerhalt.

Drei Aufsteiger der letzten beiden Jahre in einer Gruppe - das ist sehr ungewöhnlich, aber den Umständen geschuldet. Russland und Belarus sind von der IIHF bis auf Widerruf gesperrt, das verwässert eine A-WM natürlich, auch wenn Weißrussland vor dem Ausschluss eher eine Fahrstuhlnation war. Großbritannien und Polen (nach 22 Jahren) stehen als Aufsteiger für die nächste WM fest, ein weiterer Klassenerhalt Österreichs (die jeweils Gruppenletzten steigen ab) würde ein Antreten im nächsten Jahr in Prag bzw. Ostrava bedeuten.

Der Spielplan

Bader monierte schon vor WM-Beginn die Tatsache, dass sein Team sieben Spiele in nur zehn Tagen bestreiten müsse, der Bestfall wäre nämlich zwölf Tage. Das ist aber das Los der schwächeren Teams, Österreich, das am ersten und letzten Tag der Vorrunde spielfrei ist, gehört zu diesen.

Sonst gibt es aber am heurigen Spielplan nichts zu bekritteln: Die Spiele gegen Frankreich, Dänemark und Deutschland sind jeweils die ersten an Doppel-Spieltagen, wo knapp 24 Stunden später ein weiteres (gegen Schweden, die USA und Finnland) steigt - umgekehrt wäre sicher schlechter. Österreichs Spieltermine >>>

Ganz wichtig und neu: Österreich ist als Gruppensiebter (laut Weltrangliste) gesetzt. Das hieß in den letzten Jahren, dass vor dem letzten Spiel (meist das Abstiegsfinale) kein Ruhetag wäre. Ein Nachteil gegenüber dem Aufsteiger, der sich besser auf das Spiel vorbereiten kann. Man denke nur an das Vorjahr zurück, als eben die Briten im letzten Drittel gegen das Bader-Team eingingen, die damals der Aufsteiger waren und damit ausgeruht in das Spiel gehen konnten.

Auf sanften Druck wurde diese langjährige Unsitte im vorgegebenen Spielplan geändert, der Tabellensiebte hat nun den Vorteil des Ruhetags gegenüber dem Aufsteiger. Bei einem eventuellen Abstiegsduell gegen Ungarn müssten diese 28 Stunden nach dem Spiel gegen Deutschland antreten, Österreich hat dagegen am Vortag frei.

Österreich als Scout-Magnet

Eine A-WM ist normalerweise ein Turnier, dass vor allem für NHL Pro Scouts interessant ist. Diese halten nach Spielern Aussicht, die ihren Teams sofort weiterhelfen können. Amateur Scouts, die sich um Spieler für den anstehenden Draft kümmern, sind natürlich eher bei U18- und U20-Turnieren anwesend.

Doch heuer stehen gleich fünf Spieler, die für den NHL-Draft am 28. Juli erstmals zu wählen sind, in den Aufgeboten. Der Norweger Petter Vesterheim und Oskar Fisker Molgaard (Dänemark) sind hier noch vergleichsweise kleinere Fische.

Drei Namen stehen aber für mehr als nur potentielle High End Prospects: Mit Adam Fantilli (Kanada) und Leo Carlsson (Schweden) spielen zwei Center mit, die als sichere Top-5-Kandidaten gelten. Fantilli wird allgemein als No. 2 hinter dem überragenden Connor Bedard eingestuft, doch in Stein gemeißelt ist das natürlich nicht. Vor allem die Scouts und das Upper Management von Teams wie Anaheim (2.), Columbus (3.), San Jose (4.) oder Montreal (5.) werden die Chance, sich diese Spieler noch einmal anzusehen, nicht verstreichen lassen.

Ein Österreicher steht hier ebenso unter genauer Beobachtung: David Reinbacher gilt als aussichtsreicher Top-10-Kandidat, wobei eine leichte Unschärfe nach oben oder unten eingepreist ist. Es würde aber keineswegs überraschen, wenn der Hohenemser als erster Defender aufgerufen wird und das dauert normalerweise nicht lange.  

Der 18-jährige zeigte in den Testspielen keinerlei Rost nach einer längeren Pause und schon gar keine Nervosität. Teams wie Chicago (ziehen definitiv Bedard) oder z. B. Tampa oder Carolina werden zwar auch vertreten sein, können aber Reinbacher, Carlsson oder Fantilli relativ relaxed ansehen - wenn sie in der ersten Runde draften können, sind diese Spieler schon lange weg.

Doch die Coyotes (6.), Flyers (7.), Capitals (8.) oder Red Wings (9.) werden bei den Österreich-Spielen wegen Reinbacher in vielfacher Ausfertigung in Tampere vertreten sein. Große Änderungen in den jeweiligen Listen ergibt so ein Turnier nicht, niemand erwartet, dass 18-jährige gegen die besten Europäer dominierend auftreten. Doch Reinbacher sollte trotz seines Alters bereits Führungsaufgaben im ÖEHV-Team einnehmen, was seinen Status noch einmal erhöhen könnte…


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