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WM: Was das Versichern von NHL-Spielern so schwierig macht

Was den ÖEHV nur im Fall Marco Rossi betrifft, ist bei den anderen Nationen viel größeres Thema. Bernd Freimüller nimmt die Sachlage genauer unter die Lupe.

WM: Was das Versichern von NHL-Spielern so schwierig macht Foto: © GEPA

Das Rumoren in der Eishockey-Welt wird immer lauter: Die Versicherungen von NHL-Spielern bei der WM gestalten sich immer schwieriger.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf eine Sachlage, die den ÖEHV derzeit nur im Falle von Marco Rossi tangiert.

Der minutiöse NHL-Rahmentarifvertrag (CBA) handelt dieses Thema relativ kurz ab:

  • 24.6 Die NHL-Teams sollen einem Spieler die Freigabe für die WM erteilen, wenn (u. a.)
  1.  die IIHF oder der jeweilige Verband den Gegenwert der Restzeit des Spielervertrags mittels Versicherung abdeckt
  2.  die IIHF oder der jeweilige Verband auf Wunsch des Spielers die Möglichkeit einer verringerten Erwerbstätigkeit abdeckt.

Das sagt alles nicht viel aus, Zahlen werden keine angegeben. Da sind die Versicherungen, die die NHL und die Spielergewerkschaft für ihre Spieler abschließen, im CBA schon detaillierter angeführt.

Ein vorzeitiges Karriereende würde mit einer Million, ein Todesfall mit 15 Millionen Dollar abgegolten werden. Verlust von Gliedmaßen wären mit jeweils 2, 5 Millionen dotiert, Blindheit auf einem Auge mit zwei Millionen.

NHL-Teams im Falle von Verletzungen abgesichert

Alles sehr makaber, bei der Versicherung für die WM geht es rein darum, dass die NHL-Teams, die ja die Verträge bei Verletzungen weiter erfüllen müssen, ihre Kosten ersetzt bekommen. Dem Vernehmen nach sind bei jedem Team die Topverdiener durch die Teams dahingehend versichert, dass ihre Gehälter bei längeren Ausfällen zu 80 % übernommen werden.

Nochmals: Diese Summen sind ein Konglomerat der Abmachungen von NHL, den Franchises und der PHPA, haben mit der WM nichts zu tun. Da geht es rein darum, die NHL-Teams für den Falle von Verletzungen abzusichern.

Die einzige konstante Summe, die auch an die Öffentlichkeit gedrungen ist: Die IIHF beteiligt sich für jede Versicherung eines NHL-Cracks mit 20.000 Franken. Die eigentlichen Versicherungssummen werden in der Öffentlichkeit selten bekanntgegeben.

Ex-DEB-Nationaltrainer Marco Sturm weist auf die Steigerungen der letzten Jahre hin: "Zu meiner Zeit waren es zwischen 20.000 und 40.000 Euro pro Spieler. Heute wären es bei Leon Draisaitl 200.000 Euro."

Ältere Spieler und baldige Free Agents bleiben meist über

Draisaitl ist aber natürlich ein Extrembeispiel – sein Vertrag in Edmonton hatte einen Gesamtwert von 68 Millionen Dollar. Solche Megakontrakte sind natürlich immer schwer zu stemmen. Doch inzwischen geht es offenbar gar nicht mehr darum, nur bestehende Verträge abzusichern.

Das Antreten von Vancouver-Star Elias Pettersson in Tampere scheiterte angeblich daran, dass er nicht nur seinen bis 2024 laufenden Kontakt, sondern auch einen fiktiven Anschlussvertrag darüber hinaus versichert werden wollte. Der schwedische Verband konnte da nur abwinken.

Der altgediente NHL-Agent Steve Bartlett wartete mir gegenüber mit einigen Hintergrundinfos auf: "Bei älteren Spielern findet sich überhaupt niemand, der Versicherungen anbietet, ansonsten laufen die meisten über die Versicherungsbörse 'Lloyd´s of London'. Die größten Probleme haben wir bei Spielern, deren Verträge im Sommer auslaufen. Versicherungen für 'temporary disability' (zeitweise Ausfälle), die nur einen gewissen Zeitraum abdecken sollen, sind nur schwer zu finden."

Stützle fehlt: Vergangene WM als abschreckendes Beispiel?

Die steigenden Prämien sind keine Eishockey-Spezifikum, gelten seit längerer Zeit auch in anderen Branchen. DEB-Sportdirektor Christian Künast klagte über nicht nachvollziehbare Polizzen von nordamerikanischen Brokern – ob die Absenzen von Lukas Reichel (verletzt) oder Tim Stützle auf Versicherungs- oder andere Gründe zurückzuführen sind, wird natürlich nicht bekanntgegeben.

Bei Stützle war die letzte WM ohnehin ein Schlag ins Kontor – der DEB berappte die Versicherung, nach einer leichten Verletzung beendete Ottawa aber aus der Ferne die Teilnahme ihres Youngsters. Vor Jahren fand sich für Goalie Philipp Grubauer noch eine Brauerei als Privatsponsor, die für den DEB einsprang.

In einem Interview mit der deutschen "Eishockey News" äußerte sich der inzwischen in der Versicherungsbranche tätige Ex-Nationalspieler Harald Birk zur Abwicklung: "Man kann über eine Taggeldversicherung vorgehen, die bis in die neue NHL-Saison hineinreicht. Zusätzlich ist auch eine Versicherung über Sportinvalidität möglich, die bis zum maximal Fünffachen des Jahresgehalts reicht."

So lief die Versicherung bei Marco Rossi

Viel "kann" und "möglich" - das erinnert mich an frühere Lockouts, als Spieler, die nach Europa kamen, natürlich auch versichert werden mussten. Einige Spieler riefen da Mondsummen auf (Kommentar eines Agenten: "Der will offenbar die ganze Familie sowie Haus und Hof mitversichern“), bei anderen ging es viel einfacher ab. Ich erinnere mich noch an Defender Corey Potter, der 2012 in Wien aushalf. Bei ihm waren die Verhandlungen völlig simpel – er bekam eine (keineswegs hohe) Gesamtsumme, um die er sich selbst versichern konnte oder auch nicht.

Bei Marco Rossi geht gerade das erste Jahr seines Entry-Level-Deals zu Ende. Wie immer in der NHL werden die Spieler während der Regular Season, aber nicht in den Playoffs bezahlt, auch wenn des Vertragsjahr immer mit 30. Juni zu Ende geht. Der Ablauf ging so:

Der ÖEHV hat die IIHF mit einem Bestätigungsschreiben der Minnesota Wild kontaktiert, diese hat unter Zwischenschaltung eines NHL-Versicherungsbrokers eine Versicherung abgeschlossen. Rossis zwei offene Vertragsjahre weisen einen Gesamtwert von 1,65 Millionen Dollar auf. Der ÖEHV ist durch den IIHF-Zuschuss von 20.000 Franken abgesichert, zusätzliche Kosten fallen keine an…


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