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Österreichs U20-Team im Detail

Nicht nur Marco Rossi: Bernd Freimüller weiß über alle Cracks Bescheid.

Österreichs U20-Team im Detail Foto: © GEPA

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Auf in die Junioren-WM! Mit dem Spiel gegen die USA beginn in der Nacht auf den 27. Dezember das große Abenteuer für das Team Österreich.

Marco Rossi ist der Kapitän und jener Crack, dem aufgrund seines hohen NHL-Drafts die Aufmerksamkeit der Eishockey-Interessierten zum größten Teil gehört. Aber der ÖEHV-Kader hat noch mehr als ihn zu bieten, wie LAOLA1-Experte Bernd Freimüller weiß.

Ein Blick auf die Stärken und Schwächen der 25 Cracks:

Leider kann Österreich bei der WM nicht in Bestbesetzung antreten. Coach Roger Bader, der kurzfristig Marco Pewal (beim VSV ob des sich früh abzeichnenden Trainerwechsels unabkömmlich), musste vor allem in der Defensive einen argen Aderlass hinnehmen.

Mit Thimo Nickl und Kilian Zündel fielen coronabedingt seine Defender Nummer 1 und 2 (oder schlimmstenfalls 3) aus. Nickl hätte wohl die Rolle von Moritz Seider beim letztjährigen Team Deutschland eingenommen, auch wenn er nicht die Klasse des angehenden NHL-Defenderstars hat – Erster in allem, Powerplay, Penaltykilling, viel Eiszeit.

Mit Martin Urbanek verzichtete der potenzielle Defender Nummer 4 oder 5 aus schulischen Gründen auf das Turnier. Der Klagenfurter Christoph Tialler wäre zwar ein 2003er ohne jede WM-Erfahrung gewesen, hätte aber vielleicht etwas Offensive mitbringen können.

Alles vier spielstarke Defender, jetzt hängt vor allem die Last des Spielaufbaus fast völlig an Luis Lindner. Neben ihm blieb von den Top-4 nur noch Jacob Pfeffer übrig. Erste schnelle Pässe oder gar Pucktragen unter Druck wird damit noch mehr zu einem Himmelfahrtskommando als ohnehin schon.

Weitere Fragezeichen: Die Gap Control (zu eng oder zu weit weg von anstürmenden Gegnern)? Ist die Besetzung mobil, stockaktiv und groß genug, ob den Gegner vom Tor fernzuhalten (boxing out)?

Im Angriff fehlen mit Oscar Maier (Corona) und Max Hengelmüller (Schulterverletzung beim Training in Edmonton) zwei Kandidaten für die dritte Linie neben Leon Wallner – Maier hätte Speed, Hengelmüller Größe eingebracht. Der Rest der Ausfälle und Nicht-Berücksichtigungen spielt eigentlich keine Rolle.

 

Der WM-Kader (Anordnung laut Depth Chart. In Klammern die Meisterschaftsspiele heuer – oft eine traurige Anzahl)

Tor:

Sebastian Wraneschitz (6 Spiele für die Vienna Capitals): Die Nummer 1 am Turnierbeginn. Ist über die Jahre in seinen Bewegungen ruhiger und ökonomischer geworden, folgt dem Puck meist gut. Muss aber weiter daran arbeiten, die Löcher in seinem Körper zu schließen. Durchschnittliche Größe.

Jakob Brandner (6 Spiele für Titaanit in der 3. finnischen Liga): Groß, ruhig, aber nicht besonders beweglich oder athletisch. Shotblocker, Nachschüsse müssen Defendern gehören.

Leon Sommer (2 Spiele für die Steelwings Linz in der AlpsHL): Wird dritter Goalie sein. Von einem kleinen Torhüter zu einem mit Durchschnittsmaßen, muss aber weiter an seinem Körper und Geduld gegenüber Schützen arbeiten.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Abwehr:

Luis Lindner (kein Spiel heuer): Hält sich nach einem Jahr in den USA beim VSV fit, will sich ein potenzielles College-Engagement nicht mit Profi-Einsätzen verbauen. Vor Jahren zum (modernen) Defender umgeschult - ein sehr guter Move seines damaligen Coaches Yannick Dube. Transition-Guy, kann Scheibe aus Drittel tragen. Agilität, erste Schritte, Speed sicher WM-würdig. Spielt am Point im ersten PP-Unit. Kann er auch gegen körperlich starke Gegner Akzente setzen oder ersticken diese seine Aufbauversuche im Keim?

Jacob Pfeffer (17 Spiele – einige davon nur auf dem Papier – für die Graz99ers, 2 für deren U20): Solider Defensiv-Defender, nicht groß, aber kräftig. In Graz meist siebter Defender. Wird in Edmonton offensive Dienste erfüllen müssen, wobei er an seine Grenzen stoßen könnte. Ehrlicher, verlässlicher Spieler.  

Philipp Wimmer (9 Spiele für Red Bull Juniors in AlpsHL): Auch er spät zum Defender konvertiert, seitdem aber oft verletzt und daher mit Nachholbedarf in seiner Kernaufgabe. Hätte sehr gute Größe, gute Beine für einen Spieler mit Gardemaß und Schusskraft von der blauen Linie. Versucht aber sehr oft "low percentage plays", die weder in Edmonton noch im Senioren-Bereich aufgehen können und oft in Turnovers oder Strafen enden. Muss Spiel einfach halten, könnte dem Team dann auch offensiv etwas helfen.

Bernhard Posch (12 Spiele für Bregenzerwald): Von Wien nach Vorarlberg ausgeliehen. Hätte interessante Anlagen – Größe, brauchbare Beine, okaye Pucksills – muss aber Spiel einfach halten, um effektiv zu sein. Könnte Scheibe aus eigenem Drittel bringen, aber auch für haarige Momente sorgen.

Timo Pallierer (2 Spiele – mit Eiszeit? – für die Vienna Capitals): Auch er ein vor Jahren konvertierter Stürmer. Guter Speed, aber mit physischen Defiziten selbst auf niedrigerem Niveau als in Edmonton. Völlig ohne Spielpraxis heuer, versäumte auch November-Camp wegen Covid. 

Lukas Necesany (3 Spiele für Red Bull Juniors in AlpsHL, 4 für U18 in CZE-Liga, 3 in AUT U20-Liga für RB-Nachwuchs): Kenne ihn seit U14, wo er mit Größe und Schusskraft dominierte. Musste Teamkonzept erst lernen. Nicht so viel gewachsen wie erwartet, aber mit mehr Spielwitz und Puckfähigkeiten unter Druck als andere Defender. WM wird Lernprozess für den einzigen 2003er-Defender, aber interessantes Upside.

Niklas Wetzl (16 Spiele für TUTO Turku in finnischer U20): Über die Jahre in der Schweiz, USA und jetzt in Finnland. Großer Defensiv-Defender mit limitiertem Skillset. Beinarbeit entscheidet, ob er bei WM Größe einbringen kann. Sohn des Ex-Bundesligaspielers und Linz-Präsidenten Wilfried Wetzl.

Jonas Kutzer (8 Spiele für Bregenzerwald, 7 Spiele – auf dem Papier - für Dornbirn): Wie jüngerer Bruder Josef Sohn von Dornbirn-Manager Alex Kutzer. Defensiv-Defender mit leider sehr überschaubarer Größe.

Angriff:

Marco Rossi (1 Spiel für ZSC Lions): Muss Scheibe tragen und verteilen sowie das Powerplay mit Zone Entries einleiten, um für offensive Entlastung des Teams zu sorgen.  Bringt bereits NHL-ähnliche Züge ins Lineup und sollte dafür sorgen, dass seine Linie am ehesten das Eis ins Richtung anderes Ende neigen kann. Logischer Teamkapitän und Offensivleader, der einzige Crack, der in jedem der anderen neun Teams einen Stammplatz hätte. Heißt aber nicht zwingend, dass er immer am Scoresheet aufscheinen wird.  

Senna Peeters (6 Spiele für Rögle in schwedischer U20-Liga): Sollte von Rossis (und Harnischs) Vorarbeiten profitieren, reagiert um das Tor herum irrsinnig schnell. Auch unterschätzter Passgeber. Hat körperlich zugelegt. Scouts werden in seinem zweiten Jahr der Verfügbarkeit vor allem auf Beinarbeit (weiter Aufholbedarf) und Arbeit ohne Scheibe lugen.

Tim Harnisch (9 Spiele in AlpsHL, 1 Spiel in ICEHL für Red Bull Salzburg): WM-würdiger Speed mit und ohne Scheibe, sieht aber mitunter Passoptionen nicht. Kann er hier 1-1-Duelle gewinnen und für sich und seine Linemates Offensive kreieren, treffen oder skatet er in Sackgassen? Leider einige Verletzungen über die Jahre, trotzdem eine von Österreich größten Offensiv-Hoffnungen. Bereits vierte U20-WM.

Marco Kasper (7 Spiele U18, 6 Spiele U20 für Rögle in Schweden): Als 2004er drei Jahre jünger als der Großteil der Teilnehmer. Playmaker mit sehr guten Händen, großartiger Übersicht und schneller Auffassung, vor allem im Powerplay könnte er schon ein Faktor werden. Startet Turnier als Center Nummer 2 hinter Rossi. Nur Maske und Kaderblatt könnten sein Alter verraten. Pflichtreport für Scouts.  

Fabian Hochegger (8 Spiele für KAC II in AlpsHL): Lange untätig, erst später Einstieg in Klagenfurt. Vor seinem Abgang nach Drummondville ein energischer Forechecker mit sehr gutem Schuss. Versäumte letzte WM mit Gehirnerschütterung. Wirkte beim KAC etwas kraftlos, muss für WM Energielevel steigern.

Leon Wallner (11 Spiele für Södertälje U20 in Schweden): Center/Winger. Über die Jahre körperlich stärker geworden, stabil auf den Eisen, kann aus Ecken dem Verkehr entkommen, schneller Wrister. Kein absoluter Skillplayer, aber produziert offensiv. Hofft wie Lindner auf College-Engagement. Könnte im ersten PP-Unit starten und sich während des Turniers in die ersten beiden Linien spielen.  

Lucas Thaler (12 Spiele für Mora U20 in Schweden): Noch ein 2002er, aber bereits seine dritte U20-WM. Wenn er mit Energie spielt, mit gutem Impakt, ansonsten ab und an ein Mitläufer. Auf das Scoresheet eher mit Punkten aus Willen denn aus reinen Skills. Kann wie Wallner Center und Winger spielen. Aus dem VSV-Nachwuchs nach Schweden gewechselt.

Clemens Krainz (10 Spiele – mit limitierter oder keiner Eiszeit für Graz99ers, 2 für deren U20): Länger verletzt, ohne Spielpraxis im November schwerfällig. Von Haus aus mit Speed-Defiziten, aber ein großgewachsener Center, der an den Banden mit Reichweite und defensiv solide agiert. Kann er auf diesem Niveau ein Mindestmaß an Offensive einbringen?

Mathias Böhm (13 Spiele für Vienna Capitals U18): Durch die Einsparungen der Caps im Nachwuchs-Bereich am meisten zurückgeworfen: Einige schlechte Gewohnheiten, die er letzte Saison in der AlpsHL bereits abgelegt hatte, schlichen sich durch Unterforderung in der U18 wieder ein – will öfters alle fünf Gegner alleine umspielen. Aber grundsätzlich ein Flügel mit Profi-Potenzial – große Reichweite, harter Schuss, kann scoren und versteht das Spiel grundsätzlich gut. Von der U18-Liga in Österreich zur U20-A-WM – das muss wie vom Bauern- ins Burgtheater sein.

Julian Pauschenwein (6 Spiele – auf dem Spielbericht – für Graz99ers, 2 für deren U20, 2 für Steel Wings Linz in der AlpsHL): Warf in Graz schon vor Monaten wegen Zuschauerrolle das Handtuch, trainierte dann in Finnland. Muss beweisen, dass er mehr als nur ein Mitläufer sein kann. Grundsätzlich gute Beine, kann Turnovers hervorrufen, aber selbst auf niedrigerem Niveau mit limitiertem offensiven Upside. Sollte im PK aber helfen.

Marlon Tschofen (18 Spiele für Kloten U20 in der Schweiz): Lange vom ÖEHV-Radar weggewesen, der letzte meiner acht Reports stammt aus der U16 von 2018. War damals gut in seiner Rolle als Spieler mit Netdrive und Präsenz vor dem Tor. Kein Finesse Player, aber willig und (damals) auch körperlich stark, jetzt mit Durchschnittsmaßen. Wie haben sich seine Beine entwickelt?

Dominik Unterweger (11 Spiele für VEU Feldkirch in AlpsHL): Kehrte letzten Sommer aus der Schweiz zurück. Ein großer Spieler, der leider selten groß spielt und vielleicht durchschnittliche Hände hat. Kann er seine Rolle im Team finden und sich physisch einbringen?

Finn Van Ee (12 Spiele für KAC II in AlpsHL): Über lange Jahre Flügel für Marco Kasper im KAC-Nachwuchs und mit entsprechenden Scorerzahlen, zuletzt auch als Center in Klagenfurt eingesetzt. Noch Probleme beim Übergang ins Senioren-Eishockey als 2003er. Guter Touch ums Tor herum, aber wird seine Beinkraft – wenn auch verbessert – hier gut genug sein? Erste WM überhaupt gleich U20-A-WM, sollte aber die nächsten Jahre immer dabei sein.  

Maximilian Theirich (12 Spiele für KAC II in AlpsHL): Gebürtiger Wiener, seit drei Jahren beim KAC. Lebte im Nachwuchs von seinem Speed und guten Abschlussqualitäten. Schaffte durch Ausfälle die Aufnahme in den WM-Kader. Wenn er Eiszeit bekommt – kann er körperlich überleben?

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