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Abstiegsfinale! Das ÖEHV-Erfolgsrezept gegen Ungarn

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller erklärt, worauf es im entscheidenden WM-Spiel um den Klassenerhalt gegen Ungarn ankommen wird.

Abstiegsfinale! Das ÖEHV-Erfolgsrezept gegen Ungarn Foto: © GEPA

Alles wie erwartet: Seit gestern steht fest, dass das letzte Spiel der Österreicher bei der Eishockey-WM am Montag gegen Ungarn (19:20 Uhr im LIVE-Ticker) das Abstiegsfinale ist.

Doch wie präsentieren sich die Ungarn gegenüber Österreichs letzten "Finalgegnern" Italien und Großbritannien und was kann das Erfolgsrezept für das ÖEHV-Team sein?

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller erklärt, wie stark die Ungarn wirklich sind und worauf es ankommen wird:

Alles bisher egal

Beide Teams hätten genausogut die bisherige WM im Hotel verbringen können, die Ausgangslage wäre die gleiche gewesen: Der heutige Sieger – egal ob nach 60 Minuten oder nach Zugaben – bleibt in der A-Gruppe.

Eishockey-WM: Tabelle der Gruppe A mit Österreich >>>

Immerhin: Der eine Punkt Vorsprung der Ungarn (2) auf Österreich (1) würde bei einem Sieg ihrerseits wahrscheinlich den sechsten Gruppenrang bedeuten – Frankreich (4) war zuletzt nur mehr ein willfähriges Schlachtopfer und wird wohl auch den Deutschen im letzten Vorrundenspiel nichts mehr in den Weg legen.

Nachdem die Gruppenplätze für die nächste WM aber nach der Weltrangliste (und nicht direkt nach dem Abschneiden bei der WM) festgelegt werden, hätte das wohl kaum Auswirkungen und würde neben dem Klassenerhalt verblassen.

Den Montag fest im Blick

Dabei hätte Ungarn schon am Sonntag den Klassenerhalt festzurren können – drei Punkte gegen Deutschland hätten genügt. Doch Kevin Constantine glaubte wohl selbst nicht an diese Möglichkeit: Kapitän Janos Hari bekam ebenso frei wie Einsergoalie Bence Balizs. Der sah von der Bank aus zu, wie sein Vertreter Dominik Horvath (im Brotberuf Backup bei Fehervar) ein fragwürdiges Tor nach dem anderen hinnahm, seinem Team überhaupt keine Chance auf die Sensation gab. Lediglich beim aberkannten 1:1-Ausgleich bei einer 5:3-Überlegenheit der Magyaren wurde es kurzfristig spannend.

Der Vorteil Österreichs, dass die Ungarn zwei Spiele innerhalb von 28 Stunden absolvieren mussten, war auch so recht keiner: Sie spielten die Partie mit vier Blöcken (Defender Bence Sziranyi als Aushilfsstürmer) runter, Deutschland drehte das Tempo auch nur hoch, wenn sie mussten. Im Gegensatz zu Großbritannien, die bei ähnlicher Ausgangsposition im Vorjahr eingingen, sollten die Ungarn heute genügend Körner für 60 Minuten haben.

Wie stark sind die Ungarn?

Besser als Italien und Großbritannien in den letzten Jahren, würde ich sagen. Sie weisen keineswegs so eklatante Skating-Defizite wie die Briten auf, sind körperlich besser als die Italiener. Umgekehrt braucht man sie nicht zu einer weiteren Übermacht hochjazzen, schließlich kennen wir ihre Stärken und Schwächen aus dem Ligabetrieb zu Genüge.

Kevin Constantine brachte von Fehervar sieben Cracks mit (neben Goalie Horvath noch die Defender Stipsicz und Milan Horvath sowie Hari, Terbocs, Bartalis und Erdely). Weitere neun Cracks traten über die Jahre irgendwann in der EBEL für Fehervar an, das macht 16 ligabekannte Spieler.

Der Großteil des Teams (12) spielte in der letzten Saison in der ungarisch-rumänischen "Erste Liga" (dort ist der ehemalige Sponsor unserer Liga noch aktiv) – eine Spielklasse, die im Ansehen noch weit hinter den Ligen Frankreichs, Dänemarks oder Norwegens anzusiedeln ist. Die gerne gebrauchte Ausrede, dass die gegnerischen Cracks während der Saison höhere Intensität gewohnt seien, wird hier nicht ziehen.

Es ist zu erwarten, dass die Toplinie mit Hari als Center, Balazs Sebök (in dieser Halle mit Ilves Tampere zuhause, wechselt aber nach Iserlohn) und Vilmos Gallo (15 Tore für Linköping in der SHL sind kein Lercherl) viel auf dem Eis stehen wird. Hari hat auch im Klub bei Constantine alle Rechte, spielt 5-5, PP und PK. Dahinter gibt es mit Istvan Bartalis einen weiteren spielstarken Center, mit Istvan Sofron (allerdings schon 35), Istvan Terbocs und Csanad Erdely körperlich starke Flügel.

Österreichs Spiele um den WM-Klassenerhalt der 2000er-Jahre

In der Abwehr sind die Ungarn zwar auch groß gewachsen, aber weniger stark besetzt: Bence Stipsicz nimmt die Rolle des Topverteidigers ein – davon ist er bei Fehervar weit entfernt. Zeteny Hadobas kommt von Västeras aus der Allsvenskan, kann die Scheibe wenigstens ein bisschen tragen. Nandor Fejes ist vor allem deswegen im Powerplay gesetzt, da er der einzige Rechtsschütze unter den Verteidigern (bei insgesamt nur drei im Team) ist.

Ich erwarte ein eher engeres Personalkostüm bei den Ungarn mit viel Eiszeit für die Topcracks, je nach Situation wird wohl auch der österreichische Trainerstab von den üblichen vier Blöcken abgehen.

Die Goalieposition

Etwas muss bei Österreich in diesem Schlüsselspiel verschwinden: Der Zusatz "Bis auf das eine Tor" beim Satz "Hat gut gehalten" bei der Bewertung der Torhüter bisher in allen Spielen. Trotz des sehr guten Auftritts von David Madlener gegen die Finnen wird wohl Bernhard Starkbaum im österreichischen Kasten stehen. Ein ungarisches Bombardement ist nicht zu erwarten (ihre 90 Torschüsse sind mit Abstand der WM-Mindestwert), aber großer Raum für weiche Gegentore wird trotzdem keiner sein.

Bence Balizs wird wieder in den ungarischen Kasten zurückkehren, er spielte bis jetzt eine gute WM. Der 1,93 Meter große Mann (nach Jahren bei Fehervar jetzt in Polen tätig) ist ein Shotblocker, der erst einmal zur Seite gezogen werden muss, damit man Torfläche hinter ihm sieht.

Das Erfolgsrezept

Schnelle Pässe und Bewegungen, vor allem in die Vertikale – das wird für Österreich das Erfolgsrezept sein, alleine wenn es darum geht, Strafen herauszuholen. Sowohl im Powerplay als auch im Penalty Killing stehen die Ungarn an letzter Stelle der WM-Wertung, Österreichs erster PP-Block mit Heinrich, Schneider, Nissner, Rossi und Raffl war dagegen bisher eine Macht. Gerade Marco Rossi lief im Verlauf der WM richtig warm, steht zwar noch ohne eigenen Treffer da, kreierte aber zuletzt eine Menge an Offensive.

Ebenfalls wichtig: Das Comeback von David Reinbacher. Der 18-Jährige kann mit seiner Stockarbeit eine Menge von Scheiben freichippen und so das Spiel schnell in die andere Richtung lenken. Mit ihm im Lineup verändert sich die Depth Chart in der Defensive drastisch – bemerkenswert.

Seinen Leistungen, aber auch ein bisschen dem Zufall und wohl auch seinem Ausfall geschuldet: Er steht als einziger Österreicher in der (wenn auch antiquierten) Plus-Minus-Statistik mit einem Plus (1) da. Am Sonntag gab es auch unter den Scouts eine Art Schichtwechsel, die Riga-Crew übersiedelte nach Tampere und bekommt so Reinbachers letztes Spiel der Saison mit.

In einer "Best-of-seven"-Playoff-Serie hätte ich an Österreichs Sieg keinen Zweifel – in einem Spiel kann dagegen alles passieren, wobei der Gegner weder eine internationale Klassetruppe noch Laufkundschaft darstellt. Bozen (Bewerber für die B-WM) oder Prag/Ostrava im nächsten Mai - diese Frage wird für beide Teams heute in 60 oder 65 Minuten kondensiert...

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