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Reinbacher: Deshalb ist die NHL (noch) unrealistisch

Turbulente Wochen liegen hinter dem Vorarlberger. Gekrönt wurden sie mit dem Einstiegsvertrag. Dieser ist aber kein automatisches Ticket für die NHL.

Reinbacher: Deshalb ist die NHL (noch) unrealistisch Foto: © getty

Die Ereignisse rund um David Reinbacher überschlagen sich, blieben aber trotzdem stringent: Eine Woche nachdem er von den Montreal Canadiens im NHL Draft als Nummer 5 gezogen wurde, unterschrieb er seinen Einstiegsvertrag inmitten der Free Agency.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller arbeitet die letzten Tage auf:

Die Aktivitäten der Montreal Canadiens

GM Kent Hughes war bis jetzt kein großer Player in der am 1. Juli begonnenen Free Agency. Er schaffte es allerdings, Defender Joel Edmundson, der nach einigen Verletzungen nie mehr zu alter Form gefunden hat, an die Washington Capitals weiterzureichen. Hughes musste dabei allerdings 50 Prozent des Restgehaltes bis 2024 weiterbezahlen.

Ebenfalls nicht mehr in Montreal: Forward Jonathan Drouin, der als UFA in Colorado unterschrieb. An seine Stelle soll Alex Newhook treten, den Hughes vor dem Draft eben von Colorado in einem Trade für Picks und einen Minor-League-Defender holte. Allerdings muss Hughes noch mit Newhook, der ein RFA ist, einen Vertrag aushandeln.

Der Rest von Hughes Aktivitäten bisher dürfte eher das Farmteam in Lavel betreffen - etwa die Zuzüge von Lias Andersson (ein ehemaliger Erstrunden-Flop der Rangers) und dem aus der KHL zurückgekehrten kleinwüchsigen Center Philippe Maillet. Noch viel mehr dürfte das für Defender Brady Keeper (aus der Vancouver-Organisation) gelten.

Von den Free-Agent-Abgängen sahen in der letzten Saison Alex Belzile, Corey Schueneman, Anthony Richard und Denis Guryanov NHL-Eiszeit, hauptsächlich aber wegen der großen Verletzungsmisere. Belzile, der bei den Rangers unterschrieb, wird als charakterstarker Veteran wohl noch am ehesten abgehen.

Der derzeitige Kaderstand

Die derzeitige Netto-Version des Canadiens-Kaders ähnelt also jener der Vorsaison sehr - Newhook ersetzt Drouin, in der Defensive macht Edmundson Nachrückern oder etwaigen Neuverpflichtungen Platz. Hughes wird keine großen Cap-Probleme haben, aber nur, wenn er noch etwa 10 Millionen ausgibt. Denn das entspricht dem Betrag, mit dem Carey Price auf "Long-Term-Injured-Reserve" gehen wird und je näher man dem Capdeckel zu Saisonbeginn kommt, desto mehr wirkt sich dieser LTIR-Betrag im Laufe der Saison aus. Der neue Vertrag für Newhook wird auch noch genug Spielraum offen lassen. Natürlich können sich die Canadiens aber auch als Hafen für Buyouts anbieten.

Kommen also noch gewichtige Verstärkungen oder geben sich die Canadiens mit einer weiteren Aufbausaison zufrieden? Immerhin sollten ja potentielle Stützen wie Juraj Slafkovsky oder Cole Caufield nicht wieder so lange mit Verletzungen flachliegen. Flügel Mike Hoffman, der das letzte Vertragsjahr beginnt, dürfte über kurz oder lang auch noch getradet werden, vielleicht ebenfalls mit einem Teilbehalt seines Cap Hits von 4,5 Millionen US-Dollar bis Vertragsende 2024.

In der Defensive rücken derzeit nach dem Abgang von Edmundson fast alle Defender ein Stück nach vorne - allerdings gibt es weiter mit Justin Barron (eine kleine Zeitbombe) und den beiden Defensiv-Defendern David Savard und Johnathan Kovacevic nur drei Rechtsschützen. Alle Canadiens-Verteidiger haben noch Verträge bzw. RFA-Status bis 2025.

David Reinbachers Vertrag

Keine Überraschungen hier - natürlich die Maximum-Beträge in der NHL (950.000 Dollar pro Jahr), AHL (82.500) und beim Signing Bonus (95.000), die drei Jahre sind sowieso vorgegeben. Unterschiede in den Kontrakten der Top-Picks finden sich dann bei den Performance Bonussen - die von Reinbacher (eine bzw. 1,5 Millionen) sind deutlich hinter denen von Adam Fantilli (3,5 Millionen) angesiedelt. Diese Beträge werden dann auch die Draftreihenfolge widerspiegeln, sind aber meist nur in der Theorie erreichbar. Deadline für Reinbachers Unterschrift im heurigen Sommer wäre aufgrund des NHL Agreements mit Europa der 15. Juli gewesen.

Reinbacher ließ sich von seinen Agenten (Andrew & Dave Maloney bzw. Rolly Thompson) eine "European Assignment Clause" einbauen - das heißt, er ist nicht nur auf die Gnade der Canadiens angewiesen, was sie mit ihm machen. Anzunehmen, dass er zum Rookie Camp einrückt, dann auch noch eine Zeit lang im Main Camp bleibt. Kloten hofft natürlich, dass er nicht viel Zeit nach dem Saisonstart (15. September) versäumt. Sollte er groß auftrumpfen und in der NHL bleiben, ist diese Klausel (gilt für den heurigen und nächsten Sommer) hinfällig.

Realistischer ist aber zumindest für die nächste Saison, dass er nach Kloten zurückkehrt und dort viel Eiszeit bekommt. Erst bei zehn NHL-Spielen in einer Spielzeit beginnt sein Vertrag wirklich zu laufen, das heißt, dass er bei zwei NL- bzw. AHL-Saisonen bis 2028 unter Vertrag stehen würde.

Wenn Reinbacher nach Kloten zurückgeschickt wird, bleibt er grundsätzlich auch bis zum Saisonende dort. Danach kann er natürlich - wie Marco Kasper heuer - sofort wieder zurückgeholt und in der NHL bzw. AHL eingesetzt werden.

Etwas zur Ruhe kommen, ab August geht der Stress wieder los

Mehr Routine und Muskelmasse würden dem 18-jährigen vorläufig natürlich guttun, aber als beweglicher Rechtsschütze hat er gerade bei den Canadiens große Vorteile. Anzunehmen, dass Hughes seine Patchwork-Defensive noch ein Jahr ausprobiert, vielleicht noch nach einem Puckmover sucht.

Vor Reinbacher und PP-Spezialist Lane Hudson (beide im Development Camp zusammengespannt) stehen in Laval noch Leute wie Logan Mailloux (20), Jayden Struble (21) oder Mattias Norlinder (23), die heuer auch NHL-Gastspiele geben könnten.

Nach dem Trubel der letzten Tage und Wochen - Combine, Draft, Development Camp und Vertragsunterschrift - sollte Reinbacher im Juli noch etwas zur Ruhe kommen, sowohl sein Kopf als auch sein Körper könnten eine Pause sicher gut gebrauchen.

Kloten steigt - wie alle europäischen Teams - ohnehin bereits im August wieder in die Saisonvorbereitung ein, er kann also mit viel Eistraining in den Beinen wieder nach Montreal fliegen. Seine Zukunft in der NHL sieht rosig aus, könnte allerdings noch einige Zeit auf sich warten lassen.


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