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Expansion: Wie kommt man überhaupt in die NHL?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller arbeitet die bisherigen Expansions auf und erklärt, was es braucht, um in der NHL ein Team zu stellen:

Expansion: Wie kommt man überhaupt in die NHL? Foto: © getty

Nach einer höchst durchwachsenen Debütsaison haben die Seattle Kraken heuer die Chance auf die Playoffs. Auch die Vegas Golden Knights werden zum fünften Mal in ihrer sechsjährigen Geschichte an der Endrunde teilnehmen.

Wie kamen die beiden Teams überhaupt in die Liga und was unterscheidet sie in puncto NHL Expansion von ihren Vorgängern?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller erklärt:


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Die Geschichte der NHL Expansion

Von 1942 bis 1967 dauerte die Ära der Original Six (Rangers, Red Wings, Bruins, Blackhawks, Canadiens und Maple Leafs).

1967 folgte die erste große Erweiterung: Von den damaligen Teams (Kings, Flyers, Penguins, Blues) gibt es die North Stars in anderer Form, die California Seals gar nicht mehr. In den Jahren bis 1972 folgten die Sabres, Canucks, Islanders und die Atlanta Flames (heute Calgary Flames).

Zwei Jahre später neu dabei: Die Washington Capitals und die Kansas City Scouts. Über den Umweg Colorado (Rockies, nicht Avalanche) mutierten die Scouts zu den heutigen New Jersey Devils.

1978 erstmals eine Reduktion: Die ehemaligen California Seals (inzwischen als Barons in Cleveland tätig) vereinigen sich mit den North Stars.

1979 gehen nicht Teams ineinander auf, sondern die Konkurrenzliga WHA in der NHL. Damit neu dabei: Edmonton Oilers, Winnipeg Jets, Hartford Whalers und Quebec Nordiques. Wir halten bei 21 Teams, danach mutieren die Nordiques zur Colorado Avalanche, die Jets übersiedeln nach Phoenix und die Whalers werden zu den Carolina Hurricanes.

Danach wird es wieder stringenter: Die San Jose Sharks (1991), Ottawa Senators und Tampa Bay Lightning (92), Anaheim (Mighty) Ducks und Florida Panthers (93), Nashville Predators (98) und Atlanta Thrashers (99) sowie Columbus Blue Jackets und Minnesota Wild (2000) erhöhen die Anzahl der Teams auf 30. An diese Zahl waren die jüngeren Fans lange gewöhnt, die Übersiedlung der Thrashers nach Winnipeg (2011) blieb ein Nullsummenspiel. Die Aufnahmen der Knights (2017) und Kraken (2021) bringen die Liga auf eine Teilnehmerzahl von 32 mit vier Divisions zu je acht Teams.

Warum die oftmalige Expansion?

Ohne eine historische Abhandlung zu schreiben - es ging natürlich um den schnöden Mammon, vor allem in den letzten Jahren. Nur als Beispiele, wie sich die Aufnahmegebühren entwickelten:

Alle Teams von 1967: Zwei Millionen Dollar

Alle Teams von 1979: 7,5 Millionen

Florida Panthers und Anaheim Ducks (1993): Je 50 Millionen

Alle Teams von 1998 bis 2001: 80 Millionen

Vegas Golden Knights (2017): 500 Millionen

Seattle Kraken (2021): 650 Millionen

Was man hier wissen muss: Bei den Gebühren der letzten Jahre handelt es sich nicht um "HRR" (Hockey Related Revenues), also die Ligaeinnahmen, die bei den CBA-Verhandlungen 2012 mühsam erarbeitet und jetzt im Verhältnis 50:50 zwischen den Teams und den Spielern geteilt werden. Die 30 Teams (die Knights bekamen von der Kraken-Gebühr nichts) konnten also mehr als eine Milliarde Dollar unter sich aufteilen. Umgekehrt muss das HRR jetzt natürlich unter 32 Organisationen aufgeteilt werden.

Wie bekommt eine Stadt ein NHL-Team?

Am besten: Sich in aller Stille bewerben, auf die ersten Liga-Reaktionen zuwarten, bei Ermutigung etwa eine Abo-Aktion starten. Eine übermäßig aggressive Kampagne kommt bei Liga-Boss Gary Bettman und den anderen Teams gar nicht gut an. Bestes Beispiel dafür: Während die Knights ihre Kampagne relativ ruhig anlegten, ging Quebec damit schnell an die Öffentlichkeit und schaltete auch die Politik für ihr NHL-Comeback ein.

Eine Bewerbung kostet grundsätzlich zehn Millionen Dollar, davon sind zwei Millionen nicht refundierbar und die Nordiques fielen eben um dieses Geld um. In den letzten Monaten verdichteten sich aber die Gerüchte, dass es Quebec nochmals versuchen will. Nur: Will die NHL wirklich 33 Teams und damit eine ungerade Anzahl?

Eine Arena, die bei Aufnahme sofort bespielbar ist, ist natürlich auch Voraussetzung. Allerdings: Wenn man die Kapriolen in Phoenix bedenkt, wo die Coyotes noch auf Jahre hinaus in einer College-Halle mit einem Fassungsvermögen mit knapp 5.000 Plätzen spielen, wird hier sicherlich mit zweierlei Maß gemessen. Aber klar, dass eine Übergangshalle wie das legendäre "Cow Palace" (vor allem für Tierauktionen vorgesehen) für die Sharks heute nicht mehr durchgehen kann.

Interessant eine Aussage Bettmans vor einigen Tagen: Die Zeiten, als der Grundsatz "Je größer, desto besser (da mehr Einnahmen)" bei den Arenen galt, sind vorbei: Als ideal gelten derzeit Hallen um die 18.000, da sie bessere und damit teurere Plätze ermöglichen.

Wer entscheidet über den Eintritt?

Das "NHL Executive Committee" (=Ligamitarbeiter wie etwa Bettmans rechte Hand, Bill Daly) bereitet die Bewerbungen auf und gibt Empfehlungen ab. Abgestimmt wird dann vom "Board of Govenors", wobei jedes Team einen Abgesandten stellt, der meist der Mehrheits-Eigentümer ist.

Für die Aufnahme ist eine ¾-Mehrheit notwendig, in der Realität werden diese Entscheidungen immer einstimmig gefällt.

Warum hatten die Knights und jetzt auch die Kraken sofort Erfolg und die früheren Teams nicht?

Die höheren Eintrittsgebühren gingen Hand in Hand mit erleichterten Regeln. Die neueren Organisationen konnten also in einem Pool von Spielern auswählen, der früheren Einsteigern verwehrt war. Die NHL kam zur Einsicht, dass auch neue Teams, die gerade Hunderte Millionen hingelegt haben, gleich Aussicht auf Erfolg haben sollten.

Nur als Beispiel die Regeln für die Atlanta Thrashers und den Vegas Golden Knights:

Die Thrashers durften von jedem Team (außer den ein Jahr zuvor eingestiegenen Predators) einen Spieler aussuchen.

Jedes Team durfte einen Goalie, fünf Defender und neun Stürmer bzw. zwei Torhüter, drei Verteidiger und sieben Stürmer beschützen.

Die Knights konnten bzw. mussten 30 Spieler (von jedem Team eines) nehmen.

Jedes Team durfte einen Torhüter, drei Verteidiger und sieben Stürmer oder acht Skater und einen Goalie beschützen.

Es gab zwar noch Nebenregeln, aber der Unterschied ist augenfällig. Die Thrashers bekamen bestenfalls den Backup-Goalie, Defender #6 oder einen Viertlinienstürmer aus der Depth Chart jedes Teams.

Die Knights hingegen (wieder vereinfacht dargestellt) einen Top-4-Defender und einen Dritt-Linien-Forward.

Ebenfalls ein Riesenunterschied: Durch die inzwischen eingeführte Salary Cap waren Teams sogar gezwungen, gute Spieler nicht zu beschützen. Die Expansion Draft der Thrashers, die ich noch hautnah miterlebte, gab dagegen nur den Bodensatz der Konkurrenz-Kader her, Gehaltsobergrenze gab es damals noch keine.

Die NHL expandierte von 1967 bis 2021 von sechs auf 32 Teams, verfünffachte sich also. Der logische Menschenverstand sagt, dass jetzt einmal genug sein sollte, noch dazu, wo man eine Leiche wie die Arizona Coyotes schon seit Jahren mitschleppt. Aber das Expansion Fee eines weiteren Teams könnte sich eines Tages als zu verlockend darstellen…


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