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Rohrer: Wieso der "Duracell-Hase" keine Superkräfte hat

Sein Spiel lebt von Energie, sein Blick geht nach vorne: Nationalspieler Vinzenz Rohrer über Flow, Verantwortung - und Nordamerika.

Rohrer: Wieso der Foto: © GEPA

"Für Menschen wie Vinzenz Rohrer wurde der Begriff 'Duracell-Hase' erfunden", schrieb die Schweizer Nachrichtenagentur SDA im vergangenen Dezember.

Wer den 20-jährigen Vorarlberger einmal am Eis gesehen hat, wird dieser Einschätzung kaum widersprechen. Eine unbändige Energie prägt sein Spiel und hat ihn bei den ZSC Lions rasch zu einem Publikumsliebling gemacht.

In Zürich hatte der talentierte Angreifer in der abgelaufenen Saison wieder reichlich Gründe zum Feiern. Im Februar gewann er mit dem Schweizer Spitzenklub die Champions Hockey League, Ende April folgte die zweite Meisterschaft in Serie.

Rohrer hat damit in seiner zweiten Profi-Saison bereits Erfolge erreicht, die vielen anderen Eishockey-Spielern in ihren Karrieren verwehrt bleiben werden. "Was das alles wirklich heißt, wird mir wahrscheinlich erst später bewusst", sagt der Rankweiler im LAOLA1-Interview und versucht, die Momente so gut es geht zu genießen.

Vor seiner zweiten WM-Teilnahme mit dem österreichischen Nationalteam spricht Rohrer über Druck, Superkräfte und eine mögliche Zukunft Nordamerika.

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LAOLA1: Du wirst in Stockholm deine zweite Weltmeisterschaft bestreiten. Die Vorfreude ist bestimmt groß - wie präsent sind die Erinnerungen an Prag 2024?

Vinzenz Rohrer: Letztes Jahr haben wir gesehen, was möglich ist - und auch heuer haben wir wieder ein gutes Team. Natürlich wollen wir nicht zu weit vorausschauen, aber Schweden ist ein cooler Standort, und die WM 2026 in Zürich ist auch schon ein Highlight in Aussicht. Die WM ist einfach immer eine großartige Zeit mit den Kollegen und gleichzeitig eine riesige Bühne, auf der man sich präsentieren kann.

LAOLA1: Deine Rolle im Nationalteam wächst von Turnier zu Turnier. Mit welchen Erwartungen gehst du in die WM?

Rohrer: Ich möchte das gleiche Spiel zeigen wie in Zürich - mit viel Energie und dem Ziel, in meinen Flow zu kommen, in dem ich mich wohlfühle und mein bestes Eishockey spiele. Das ist mein Hauptziel. Ich denke dabei nicht an Statistiken oder Produktion, sondern daran, dem Team mit meinem Spiel bestmöglich zu helfen.

LAOLA1: Hat sich deine persönliche Erwartungshaltung durch die Erfolge in Zürich verändert? Machst du dir selbst Druck?

Rohrer: In Zürich war ich die letzten zwei Jahre der junge Spieler, dadurch bin ich nicht unbedingt unter Druck gewesen. Das macht es einfacher für mich. Jetzt im Nationalteam wächst die Verantwortung - wie stark ich mir wirklich Druck mache, wird sich zeigen. Ich hoffe natürlich, dass ich locker bleibe. Mein Fokus liegt darauf, mein Spiel zu finden.

"Als Kind war ich definitiv quirlig, ständig unterwegs. Vielleicht kommt es daher. Aber ich glaube, Energie ist auch eine Form der Konstanz - der Effort ist etwas, das ich immer kontrollieren kann."

Vinzenz Rohrer

LAOLA1: Immer wieder fällt der Begriff "Duracell-Hase" im Zusammenhang mit deinem Namen. Woher nimmst du diese Energie, die deinen Spielstil prägt? Warst du ein quirliges Kind, das sich stets bewegen wollte?

Rohrer: Als Kind war ich definitiv quirlig, ständig unterwegs. Vielleicht kommt es daher. Aber ich glaube, Energie ist auch eine Form der Konstanz - der Effort ist etwas, das ich immer kontrollieren kann. Dazu kommen Dinge wie Ernährung und Schlaf. Wenn ich mental in einen Zustand komme, in dem ich Leichtigkeit spüre und Freude habe, kommt die Energie ganz von selbst. Wenn man verkrampft ist, ist alles schwieriger - das versuche ich zu vermeiden. Ab und zu gelingt das besser, ab und zu schlechter.

LAOLA1: Wenn du in diesen Modus kommst, fühlt sich das an wie Trance?

Rohrer: Es ist keine Superkraft, bei der man plötzlich "drin" ist. Ich habe mit der Zeit Tools gefunden, die mir helfen. Ich versuche, Eishockey im Jetzt zu spielen - ohne zu viele Gedanken im Kopf. Wenn ich gut spiele, geht es natürlich einfacher von der Hand. Wenn es nicht läuft, schleichen sich die Gedanken eher ein.

LAOLA1: Du bist 20 Jahre alt, zweifacher Schweizer Meister und Champions-Hockey-League-Sieger. Das sind Erfolge, die viele andere Eishockeyspieler nie erreichen werden. Ist dir schon bewusst, was du in so kurzer Zeit erreicht hast?

Rohrer mit der CHL-Trophäe
Foto: © getty

Rohrer: Es ist noch schwierig, die Bedeutung richtig einzuordnen. Es ist nicht selbstverständlich, viele Teamkollegen haben mir geraten, das zu genießen. Natürlich freue ich mich - aber was das alles wirklich heißt, wird mir wahrscheinlich erst später bewusst. Ich versuche einfach, den Moment so gut es geht zu genießen.

LAOLA1: Die Saison war speziell. Kurz vor dem Jahreswechsel ist euer Head Coach Marc Crawford aus mentalen Gründen urplötzlich zurückgetreten. Für dich war er ein Mentor, der dir überhaupt erst ermöglicht hat, deinen Weg in Zürich gehen zu können. Was war er für eine Persönlichkeit?

Rohrer: Er war einer der Hauptgründe, warum ich nicht noch ein Jahr in Ottawa gespielt habe und nach Zürich gekommen bin. Er hat mich damals aus Ottawa geholt, mich dort besucht und wir sind essen gegangen, bevor ich überhaupt in Zürich gespielt habe - das ist für einen Coach seines Kalibers nicht selbstverständlich. Er hat mir vom ersten Tag an Vertrauen gegeben, und das bedeutet einem jungen Spieler alles. Als Coach war er der absolute Leader, lässt sich nicht viel sagen. Wenn er sagte, so ist es, dann war das so. Das war auch gut für die Zeit, als er da war. Ich kann nur Positives über ihn sagen - nicht nur, weil ich viel gespielt habe, sondern weil er einfach weiß, wie man Erfolg hat.

LAOLA1: Was hat sich unter seinem Nachfolger Marco Bayer verändert? Hat er versucht, seine eigene Handschrift reinzubringen oder das fortzuführen, was Marc Crawford aufgebaut hat?

Rohrer: Es hat sich etwas geändert. Er hat nie versucht, etwas zu probieren, was er nicht ist. Sein Coaching-Stil ist inklusiver, er geht stärker auf die Spieler und ihre Meinungen ein, achtet auf Harmonie im Team. Er ist auch nicht der Typ, der bei Fehlern groß herumschreit. Das war eine andere Art des Coachings - aber nicht schlechter. Im Gegenteil: Es spricht für unser Team, dass wir mit beiden Philosophien erfolgreich waren.

LAOLA1: Persönlich hast du deine Punkteausbeute von 23 auf 32 gesteigert, außerdem kein Spiel verpasst. Wie zufrieden bist du mit deiner Entwicklung?

Rohrer: (überlegt lange) Ich würde sagen, recht zufrieden.

LAOLA1: Das hört sich an, als würde noch viel mehr gehen.

Rohrer: Klar, als Spieler ist man immer etwas kritisch und will mehr. Es geht auch immer mehr - auch auf die nächste Saison hin. Ich bin zufrieden mit meiner Entwicklung, aber vor allem offensiv sehe ich immer noch viel mehr Potenzial. Deshalb war es eher ein bescheidenes Jahr. Trotzdem bin ich zufrieden mit der Saison.

"Spielerisch ja. Ich glaube nicht, dass ich noch ein paar Jahre brauche, bis ich rüber kann."

Vinzenz Rohrer sieht sich bereit für Nordamerika

LAOLA1: Du hast die nächste Saison bereits angesprochen - Zürich, Montreal oder Laval? Gibt es schon eine Tendenz?

Rohrer: Noch nicht. Nach der WM werden viele Entscheidungen getroffen. Es gibt einige Fragen, die ich beantworten muss. Deshalb lasse ich mir Zeit - im Sommer werde ich mehr Antworten auf die Frage haben.

LAOLA1: Und wenn die Chance kommt - fühlst du dich bereit für Nordamerika?

Rohrer: Spielerisch ja. Ich glaube nicht, dass ich noch ein paar Jahre brauche, bis ich rüber kann. Aber es sind viele Faktoren entscheidend, etwa das Umfeld und die persönlichen Ziele. Das will ich nach der WM in Ruhe klären.


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